29.02.2024 | Überbrückungshilfen
Von RA Dennis Hillemann und RAin Tanja Ehls
Viele Bewilligungsstellen bejahen mittlerweile sehr schnell das Vorliegen eines Unternehmensverbundes – was teilweise zu immensen Rückforderungen bereits gewährter Fördersummen führt. Daher ist eine detaillierte Auseinandersetzung mit dieser Thematik im Hinblick auf die Schlussabrechnung dringend zu empfehlen. Die Autoren sehen bundesweit eine sehr harte Praxis, vor allem zu Lasten von Familien.
Wie bei der Antragstellung der Überbrückungshilfen gilt: Ein Unternehmensverbund muss eine Schlussabrechnung gemeinsam abgeben. Die Bewilligungsstellen ermitteln aktiv, ob ein Unternehmensverbund vorliegt. Dazu prüfen sie beispielsweise:
Zudem sehen wir, dass die folgenden Informationen und Unterlagen geprüft werden:
Besonders kritisch sind Fälle, bei denen Ehegatten oder Verwandte beteiligt sind. Hierüber haben die Autoren bereits in anderen Beiträgen bei STB Web berichtet, siehe beispielsweise hier. Diese Praxis hat sich verschärft. Nach unserer Wahrnehmung vertreten alle Bewilligungsstellen die Rechtsauffassung, dass familiäre Beziehungen zwischen Unternehmen „unwiderlegbar“ einen Unternehmensverbund im europarechtlichen Sinne begründen. Natürlich muss jeder Einzelfall geprüft werden, aber hier sind einige (vereinfacht dargestellte) Fälle, die wir derzeit vertreten:
Das sind grob vereinfachte Beispielfälle, die aber einen Eindruck geben, welche Praxis bei den Bewilligungsstellen vorherrscht.
Wir halten es nicht für rechtmäßig, zwischen Verwandten oder Ehegatten stets unwiderlegbar ein gemeinsames Handeln anzunehmen. Daher empfiehlt es sich, bei Zweifelsfällen der Praxis der Bewilligungsstellen hart entgegenzutreten, gegebenenfalls mit anwaltlichem Beistand.
Aufgrund der familiären Verbundenheit bereits auf ein gemeinsames Handeln zu schließen, das sich rechtlich nachteilig auswirkt, lässt sich unseres Erachtens nicht mit Art. 6 Abs. 1 GG (Schutz der Familie) und Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichbehandlung) vereinbaren, sodass die familiäre Verbindung allein nicht ausreichend ist, um ein gemeinsames Handeln anzunehmen. Zudem gibt es nun auch eine bemerkenswerte Privilegierung von Schaustellerfamilien, über die wir hier bei STB Web berichten. Diese Privilegierung der Schaustellerfamilien kann zudem eine Ungleichbehandlung nach Art. 3 I GG darstellen.
Wir haben zudem weitergehende europarechtliche und verfassungsrechtliche Argumente für unsere Mandanten ausgearbeitet. Diese beruhen auch auf internen Unterlagen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), die uns vorliegen.
Was ist, wenn der Unternehmensverbund nicht erklärt wird, die Bewilligungsstelle aber nach dem 31.3.2024 von einem solchen ausgeht?
Erstens: Es gibt keine gesicherten Erkenntnisse darüber, wie die Bewilligungsstellen das Ganze handhaben werden. Wir können Ihnen nicht sicher sagen, was nach dem 31.3. passiert.
Zweitens: Die nachträgliche Einführung eines Unternehmensverbunds ist in Ziff. 6.4. der Schlussabrechnungen geregelt. Diese Regelungen sind indes technischer Natur. Sie regeln nicht, was gilt, wenn zunächst kein Unternehmensverbund erklärt wurde, und dann nachträglich nach dem 31. März 2024 durch die Bewilligungsstellen ein Unternehmensverbund angenommen wird.
Drittens: Konkret kann das Folgende passieren, wenn Sie keinen Unternehmensverbund erklären, die Bewilligungsstelle aber nachträglich einen Unternehmensverbund annimmt:
Aus unserer Sicht ist verwaltungsrechtlich maximal die erste Praxis der Bewilligungsstellen verfassungsmäßig und in Übereinstimmung mit Ziff. 6.4. der Schlussabrechnungen.
Wir empfehlen regelmäßig wie folgt vorzugehen, wobei es auf die Bewertung des Einzelfalls ankommt:
Welches Vorgehen sinnvoll ist, hängt immer vom Einzelfall ab. Nur eines ist klar: Wenn Ihre Mandanten das Thema haben, können Sie es nicht ignorieren. Zu hoffen, "es wird bei der Schlussabrechnung schon nichts passieren", erscheint keine sinnvolle Lösung.
Über die Autor*innen:
Dennis Hillemann ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner im Verwaltungsrecht (vor allem Verwaltungsprozessrecht) im Hamburger Büro von Fieldfisher (www.fieldfisher.com). Tanja Ehls arbeitet als Rechtsanwältin im Fördermittelrecht und Verwaltungsprozessrecht im Frankfurter Büro von Fieldfisher. Sie beraten gemeinsam Unternehmen und deren Steuerberater*innen bundesweit zu Corona-Überbrückungshilfen, kennen die Praxis der Bewilligungsstellen und vertreten in zahlreichen Widerspruchs- und Klageverfahren. Zudem erstellen Sie Gutachten und begleiten die Schlussabrechnungen.
Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 29.02.2024, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.