25.07.2024 | Fachartikel
Von RA Dennis Hillemann und RAin Tanja Ehls
Die Autoren beraten viele Steuerberater*innen bei den Überbrückungshilfen und Schlussabrechnungen. In der Praxis zeigt sich, dass viele Unternehmen ihre Schlussabrechnungen einreichen und dann aufgrund von veränderten Zahlen mit hohen Nachforderungen rechnen. Dies führt häufig zu Frustration, wenn die Bescheide nicht zeitnah ausgestellt werden. Antragstellende Unternehmen und deren Steuerberater*innen stellen sich daher die Frage: Gibt es eine Möglichkeit, eine schnelle Entscheidung der Bewilligungsstelle herbeizuführen? Ja, die gibt es grundsätzlich. Der folgende Beitrag erläutert die sogenannte Untätigkeitsklage und diskutiert kritisch, ob und wann diese tatsächlich sinnvoll sein könnte.
Eine Untätigkeitsklage ist ein Rechtsmittel, das genutzt werden kann, wenn eine Behörde innerhalb einer bestimmten Frist über einen Antrag oder einen Widerspruch nicht entscheidet. Ziel der Untätigkeitsklage ist es, eine Entscheidung der Behörde zu erzwingen. Diese Klage ist in § 75 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) geregelt:
"Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären."
Der Gesetzgeber hat damit dem Umstand Rechnung getragen, dass Behörden auch ohne zureichenden Grund lange arbeiten können. Dann sollen Bürger und Unternehmen nicht schutzlos gestellt werden. Hier soll die Untätigkeitsklage helfen.
Dies sind die Voraussetzungen für die Erhebung einer Untätigkeitsklage:
In der Praxis kann eine Untätigkeitsklage sinnvoll sein, um unnötige Verzögerungen zu vermeiden und Rechtsansprüche durchzusetzen. Typische Anwendungsfälle sind:
In diesen schwierigen Zeiten sehen sich zahlreiche Unternehmen mit der Herausforderung konfrontiert, dass die Bearbeitung ihrer Schlussabrechnungen für staatliche Corona-Überbrückungshilfen durch Behörden in die Länge gezogen wird. Die damit einhergehenden Verzögerungen können Investitionsentscheidungen erschweren und Unsicherheit unter den Unternehmern schüren. Es ist eine Situation voller Spannungen und Ungewissheiten, die das Überleben kleiner Firmen bedroht und große Konzerne vor besondere Herausforderungen stellt.
Gründe, warum eine Untätigkeitsklage von Nutzen sein könnte:
Anstatt einfach eine Untätigkeitsklage zu erheben, könnte es sinnvoll sein, die eingereichten Schlussabrechnungen gründlich extern zu überprüfen und eine fundierte Einschätzung darüber abzugeben, wie wahrscheinlich Probleme auftreten werden. Dazu gilt es, alle relevanten Dokumente und Unterlagen gründlich zu durchleuchten und mögliche Unstimmigkeiten aufzudecken.
Sollte es dennoch mit Erhalt des Schlussabrechnungsbescheides zu Rückforderungen der Bewilligungsstellen kommen, besteht für die antragstellenden Unternehmen die Möglichkeit, dagegen mit aufschiebender Wirkung zunächst Widerspruch einzulegen (je nach Bundesland) und zu klagen. Diese Klage kann in der ersten Instanz bis zu zwei Jahre dauern, bietet jedoch zumindest eine gewisse Planungssicherheit für das Unternehmen. Es ist wichtig, bei diesem Prozess äußerste Sorgfalt walten zu lassen und alle Eventualitäten einzubeziehen, um mögliche Risiken frühzeitig abzuwägen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.
Obwohl eine Untätigkeitsklage in manchen Fällen als wirksames Mittel dienen kann, um eine behördliche Entscheidung zu erzwingen, ist sie im Zusammenhang mit den komplexen und umfangreichen Schlussabrechnungsprozessen für Überbrückungshilfen jedenfalls im Jahr 2024 oft nicht die beste Option. Stattdessen sollten Unternehmen alternative rechtliche und strategische Schritte in Betracht ziehen, um ihre Interessen zu schützen. Diese Prozesse können verworren und langwierig sein, aber sie bieten eine vielversprechende Chance auf Erfolg und Zufriedenheit. Die Beachtung dieser Alternativen kann entscheidend sein für die Wahrung der Rechte von Unternehmen und die Sicherstellung ihrer finanziellen Stabilität.
Über die Autor*innen:
Dennis Hillemann ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner im Verwaltungsrecht (vor allem Verwaltungsprozessrecht) im Hamburger Büro von Fieldfisher (www.fieldfisher.com). Tanja Ehls arbeitet als Rechtsanwältin im Fördermittelrecht und Verwaltungsprozessrecht im Frankfurter Büro von Fieldfisher. Sie beraten gemeinsam Unternehmen und deren Steuerberater*innen bundesweit zu Corona-Überbrückungshilfen, kennen die Praxis der Bewilligungsstellen und vertreten in zahlreichen Widerspruchs- und Klageverfahren. Zudem erstellen Sie Gutachten und begleiten die Schlussabrechnungen.