25.07.2024 | Fachartikel/Kommentar
Von Zach Davis, Simple First Consulting GmbH
In den letzten Jahren gab es zahlreiche Äußerungen rund um das Thema 4-Tage-Woche und andere Arbeitszeitverkürzungsmodelle. Wie bei den meisten Themen sind auch hierzu die Beiträge unterschiedlich sinnvoll. Die 4-Tage-Woche kann eine tolle Sache sein. Dann ist sie jedoch die sprichwörtliche Kirsche auf der Torte und nicht die Torte selbst.
Die meisten Kanzleientscheider hoffen durch eine 4-Tage-Woche auf manche oder alle der folgenden Vorteile:
Zunächst sei festgestellt, dass die meisten Teilzeit-Mitarbeiter ohnehin schon die Anzahl an Wochenstunden arbeiten, die sie arbeiten wollen. Ob man bei diesen einen nennenswerten Effekt erzielt, indem man die Stundenanzahl reduziert, ist zumindest fraglich. Natürlich geht es bei der 4-Tage-Woche primär um die Vollzeitkräfte. Aber in der Praxis braucht es bei einer Reduktion der Wochenstundenzahl der Vollzeitkräfte, die in der Regel zumindest in weiten Teilen ohne Lohnverzicht stattfindet, in diesem Zuge auch eine Regelung für die Teilzeitkräfte. Sonst heißt es: "Was haben denn wir davon?". Natürlich gilt, dass Mitarbeiter im Regelfall kein Problem damit haben, das gleiche Gehalt für weniger Arbeit zu erhalten. Ob das alleine jedoch nennenswert einen der oben angeführten Vorteile mit sich bringt, ist zumindest fraglich.
Wann macht die Einführung eine 4-Tage-Woche keinen Sinn? Wenn die Belastung so hoch ist, dass man schon mit der aktuellen Stundenzahl nicht hinterherkommt! Das verschlimmert oft das Problem. Einfach zu hoffen, dass automatisch eine höhere Produktivität entsteht, die die geringe Stundenzahl kompensiert, ist keine Strategie.
Wie wäre es mit einer anderen Vorgehensweise? Vielleicht mögen Sie Ihrem Team schildern, dass Sie sich grundsätzlich vorstellen könnten, in mittelfristiger Zukunft in Richtung einer 4-Tage-Woche in irgendeiner Form zu gehen – wenn man die Arbeitslast vorher reduzieren konnte. Wenn die grundsätzliche Idee keinerlei Anziehungskraft hat, wird die Wirkung vermutlich nicht besonders groß sein. Wenn die Idee etwas Anstrebenswertes für das Team ist, hat man eine gute Situation. Man kann dann mit dem Team Voraussetzungen definieren, unter welchen man guten Gewissens in die 4-Tage-Woche gehen könnte. Häufige Punkte sind hierbei:
Damit hat man Ziele, an denen gemeinsam gearbeitet werden kann. Diese sind in der Regel erstrebenswert – auch unabhängig von einer Arbeitszeitverkürzung.
Wenn es dann um die tatsächliche Einführung einer 4-Tage-Woche geht, ist die Empfehlung: Halten Sie es einfach. Hierbei ist es sehr hilfreich, im Team mehrfach darauf hinzuweisen, dass jeder Einzelne besser gestellt sein wird als vorher und dass es eine perfekte Gerechtigkeit nicht geben wird. Wenn jemand bspw. Donnerstag generell nicht arbeitet und jemand anderer dienstags nicht, ist mal der eine und mal der andere in Sachen Feiertage im Vorteil. Das ist ohne 4-Tage-Woche der Fall und ändert sich auch nicht mit Einführung einer 4-Tage-Woche. Bitte weisen Sie Ihre Mitarbeiter auch darauf hin, dass man einen Tag nicht doppelt freihaben kann („das ist ja eh ein Feiertag, dann habe ich ja in der Woche nichts davon“). Man kann einen Tag nur einfach freihaben und es gibt auch keinen Anspruch, die Hälfte des doppelt freien Tages auf einen anderen Tag zu übertragen.
Ein konkretes Modell, das in der Regel besser funktioniert als einfach "Freitag hat jetzt jeder frei", ist die 4-Tage-Woche-Flex: Diese sieht so aus, dass es zwei Gruppen gibt. Gruppe A hat bspw. am ersten und dritten Freitag im Monat frei. Gruppe B hat am zweiten und vierten Freitag des Monats frei. Hierbei gilt es natürlich zu berücksichtigen, dass gerade im Lohnbereich und in der Buchhaltung bestimmte Termine ungünstig sein können, wenn diese wegfallen. Die Freitage, die man nicht frei hat, arbeitet man. Der Clou ist, dass man an diesen Freitagen von außen nicht erreichbar ist – keine Mandanten, kein Finanzbeamter. Man arbeitet einfach, weitgehend frei von Unterbrechungen.
Dieses Modell führt zu signifikanten Vorteilen:
Es ist sicherlich kein guter Ratgeber, eine 4-Tage-Woche einzuführen, wenn alle überlastet sind oder in der Hoffnung, hierdurch andere Missstände kompensieren zu können – nach dem Motto "Ich weiß, dass es schlimm ist, hier 5-mal die Woche sein zu müssen. Meine Strategie, um Dich von der Flucht abzuhalten, besteht darin, den Schmerz auf nur 4-mal pro Woche zu reduzieren".
Zum Abschluss sei betont, dass die 4-Tage-Woche eine tolle Sache sein kann. Sie ist jedoch die sprichwörtliche Kirsche auf der Torte und nicht die Torte selbst – sprich kein Ersatz für andere Faktoren der Arbeitgeberattraktivität, wie beispielsweise das Betriebsklima, ein modernes Büro, ein gutes Vergütungspaket, Entwicklungsmöglichkeit, Respekt im Umgang miteinander etc. Der Erfolg oder Misserfolg hängt entscheidend vom Zeitpunkt, den Voraussetzungen und der konkreten Ausgestaltung ab.
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Zur Person:
Zach Davis ist Experte für Kapazitätsengpässe, Zeitintelligenz und Mitarbeitergewinnung, Vortragsredner des Jahres 2011, erfolgreicher Speaker und Berater. Als Coach unterstützt er Steuerkanzleien dabei, mehr Mitarbeiter zu gewinnen, sowie produktiver und profitabler zu werden. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer der Simple First Consulting GmbH (www.simple-first.de)