25.01.2024 | Fachartikel

Schlussabrechnungen: Die Bedeutung von Begleitschreiben und anwaltlichen Gutachten

Von RA Dennis Hillemann und RAin Tanja Ehls

Die Schlussabrechnungen stehen nun final zum 31. März 2024 an. Dabei werden Steuerberater*innen viele Fragen haben, die sich nicht final vorher klären lassen. Hier kommen Begleitschreiben zur Schlussabrechnung ins Spiel: Anders als in Finanzsachen ist es in Verwaltungssachen, wie dem Verfahren zur Überbrückungshilfe sinnvoll, so umfassend wie möglich vorzutragen. Eine Maßnahme, um alle Möglichkeiten zur Darlegung und Erörterung der Antragsstellung zu nutzen, sind Begleitschreiben und/oder Rechtsgutachten. Dieser Beitrag gibt eine Übersicht, warum dieses Vorgehen sinnvoll und möglich ist.

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Vielen Steuerberater*innen glauben, dass sie für die Schlussabrechnungen nur die Formulare im elektronischen Portal nutzen können und damit beschränkt sind auf die Eingabemöglichkeiten, die dort vorgesehen sind. Das macht es aus ihrer Sicht nicht möglich, weitergehende Angaben zur Schlussabrechnung zu treffen.

Richtig ist: Die Formulare müssen zwingend ausgefüllt werden, die Schlussabrechnung muss über das elektronische Portal eingereicht werden. Doch daneben gibt es die Möglichkeit, mit Begleitschreiben und/oder Gutachten das antragstellende Unternehmen und den prüfenden Dritten rechtlich abzusichern: Das jeweilige Landes- bzw. Bundesverwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) sieht in den §§ 24, 25 VwVfG den sog. Untersuchungsgrundsatz vor. Dieser beinhaltet unter anderem, dass die Behörde alle für den Einzelfall bedeutsamen Umstände zu berücksichtigen hat. Das bedeutet: Antragstellende Unternehmen und prüfende Dritte haben über die Formulare hinaus die Möglichkeit, mit Begleitschreiben und/oder Gutachten Tatsachen vorzutragen, die die Bewilligungsstellen zwingend zu berücksichtigen haben – und daneben auch Rechtsmeinungen darzulegen, die für sie günstig sind. Von dieser Möglichkeit sollte Gebrauch gemacht werden.

Form der Begleitschreiben

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Bewilligungsstellen solche Begleitschreiben oder Gutachten zukommen zu lassen:

Sie können ein entsprechendes Dokument im elektronischen Überbrückungshilfeportal einreichen. Auf diese Weise können Sie die Begleitschreiben auch als PDF – Anlage den unterschriebenen Anträgen anhängen.

Schließlich können Sie die Begleitschreiben auch per Post oder Telefax an die Bewilligungsstelle senden. Hierbei ist unbedingt zu beachten, dass die Schreiben ausschließlich gegen Empfangsbestätigung verschickt werden. Bei der Post also per Einschreiben. Wichtig ist auch, dass beim Posteingang der Behörde klar gemacht wird, von welchem Antragsteller das Schreiben stammt und um welches Verfahren es sich handelt. Bitte fügen Sie daher unbedingt das Aktenzeichen sowie den Namen und Anschrift des Unternehmens hinzu und stellen Sie klar, dass dieses Schreiben die Angaben in den elektronischen Formularen ergänzt.

Wann sind Begleitschreiben notwendig?

Notwendig sind solche Begleitschreiben vor allem dann, wenn sich bestimmte, aus Sicht der prüfenden Dritten wichtige Sachverhalte nicht aus den elektronischen Angaben im Portal erschließen lassen. Der Sachverhalt, den die Behörde von Amts wegen zu berücksichtigen hat, wird so weiter konkretisiert.

Ebenso sind solche Begleitschreiben (oder auch anwaltliche Gutachten, dazu sogleich) sinnvoll, wenn sich Rechtsfragen in der Schlussabrechnung stellen, die im elektronischen Portal nicht beantwortet werden können. Damit kann die Rechtsmeinung der Bewilligungsstelle positiv geprägt werden – und gleichzeitig klargestellt werden, dass der prüfende Dritte die Rechtsfrage selbst nicht lösen kann. Denn was die Bewilligungsstellen häufig übersehen: Sie müssen die Rechtslage am Ende verbindlich und abschließend klären, nicht die prüfenden Dritten. Diese können eine Rechtsmeinung äußern und begründen – sie sind aber nicht zur abschließenden Entscheidung über die Rechtslage berufen. Das steht nur der Behörde zu – oder im Streitfall einem Verwaltungsgericht.

Beispiel: Der prüfende Dritte ist sich unsicher nach intensiver Prüfung der FAQ, ob bestimmte Fixkosten förderfähig sind. Er legt sie dennoch der Schlussabrechnung zugrunde. In einem Begleitschreiben stellt der prüfende Dritte die Fixkostenposition ausführlich dar (in welchem Monat berücksichtigt? Welche Höhe? Welche Rechnung oder Vertrag liegen zugrunde?) und stellt seine Rechtsmeinung dar, warum die Fixkosten förderfähig sind – oder er stellt dar, warum er daran Zweifel hat, und überlässt die abschließende Entscheidung der Bewilligungsstelle. Dieses Vorgehen ist sinnvoll: Zum einen legt der prüfende Dritte, der zur Plausibilisierung des Antrags verpflichtet ist, den Sachverhalt und seine Rechtsmeinung offen. Zum anderen hat die Bewilligungsstelle die Möglichkeit, positiv über die Fixkostenposition zu entscheiden – oder diese zu streichen. Würde der prüfende Dritte wegen seiner Zweifel die Position gleich streichen, kann die Bewilligungsstelle gar nicht prüfen – und eine positive Entscheidung zugunsten des antragstellenden Unternehmens zu dieser Fixkostenposition ist dann ausgeschlossen. Das ist auch haftungsrelevant für den prüfenden Dritten.

Inhalt der Schreiben

Die Angaben in den Schreiben sollten sich auf die für den Antrag besonders relevanten Umstände konzentrieren. Bereits bei der Antragstellung ist damit zu rechnen, dass die Bewilligungsstelle umfangreiche Informationen anfordern wird. Werden diese bereits im Vorfeld antizipiert, beschleunigt sich das Verfahren für alle Seiten.

Dabei sollte stets klar, sachlich und übersichtlich gearbeitet werden. Der Sachverhalt sollte ausführlich dargestellt werden und mit möglichst vielen nützlichen Fakten untermauert werden. Auch hier gilt, dass alle diese Fakten von der Bewilligungsstelle geprüft werden müssen. Besonders wichtige Inhalte sollten daher zur Verdeutlichung für den Leser auch als solche behandelt werden. Ein Stilmittel hierfür ist z.B. die Häufung von Informationen zu einem bestimmten Tatbestandsmerkmal.

Unsere bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Bewilligungsbehörden in der Regel wegen fehlender Informationen noch einmal auf die Antragsteller zukommen. Wer bereits proaktiv umfassende und nachvollziehbare Angaben macht und diese plausibel darlegt, hat häufig Erfolg.

Wirkung der Begleitschreiben

Wie bereits erläutert, muss die Bewilligungsstelle die Sachverhaltsdarstellungen erörtern und die eigene rechtliche Einschätzung auch vor dem Hintergrund dieser Tatsachen begründen.

Wer Sachverhalte transparent offen legt, sichert sich zudem in anderer Hinsicht ab: Strafbewährt sind beim Tatbestand des Subventionsbetrugs nach § 264 StGB nur Täuschungen über Tatsachen. Einen Subventionsbetrug wegen Täuschung über Rechtsansichten gibt es nicht. Vor diesem Hintergrund sollten alle Tatsachen aufgeführt werden, die der Wahrheit entsprechen, da sich dann weder Sie noch der Antragsteller strafbar machen. Sie haben dann schließlich den Sachverhalt umfassend dargestellt. Setzen Sie sich dann in einem Begleitschreiben mit einer schwierigen Rechtsfrage – wie der Frage, ob ein Unternehmensverbund vorliegt – auseinander und kommen zu einem für den Antragsteller positiven Ergebnis, machen Sie sich auch dann nicht strafbar, wenn die Behörde eine andere Rechtsansicht vertritt.

Vorlage eines anwaltlichen Gutachtens

Häufig empfiehlt es sich für das Begleitschreiben eine anwaltliche Stellungnahme einzuholen und diese der Schlussabrechnung beizulegen bzw. mit der Schlussabrechnung einzureichen. Dies empfiehlt sich insbesondere bei rechtlich komplexen Fragestellungen oder hohen Fördersummen – wie zum Beispiel der Frage, ob das antragstellende Unternehmen mit anderen Unternehmen einen Unternehmensverbund im Sinne des EU-Beihilferechts bildet.

Eine solche Stellungnahme hat für Sie als prüfenden Dritten sowie für den Antragsteller einige Vorteile. Zunächst entgehen Sie der Gefahr einer Haftung für Beratungsfehler, da Sie die rechtliche Beratung nunmehr nicht mehr selbst durchführen. Darüber hinaus müssen Sie sich auch nicht damit beschäftigen, ob Sie berufsrechtlich in der Lage sind, in dem Ausmaß Rechtsberatung zu leisten, wenn ein Rechtsanwalt eingeschaltet ist. Schließlich verhindern solche anwaltlichen Gutachten regelmäßig auch die Gefahr der Strafanzeige wegen eines Subventionsbetrugs.

Weiterhin kann der Anwalt aufgrund seiner Expertise Ihre Rechtsansicht stärken, was sich positiv auf die Willensbildung der Bewilligungsstelle auswirken kann. Zuletzt bedeutet eine solche Stellungnahme auch ein erhöhtes Niveau an Rechtssicherheit für Sie und Ihren Mandanten, wenn das anwaltliche Schreiben wie ein antizipiertes Sachverständigengutachten wirkt.

Fazit

Zusammenfassend sind Begleitschreiben/anwaltliche Stellungnahmen also wichtig, weil sie

  • Erklärungen über die elektronischen Formulare hinaus ermöglichen,
  • Sachverhalte darlegen, womit Täuschungen im Sinne des § 264 StGB entfallen,
  • die Haftungsgefahr für den prüfenden Dritten verringern und
  • auf die Willensbildung der Bewilligungsstelle positiv Einfluss nehmen können.


Über die Autor*innen:

RA Dennis Hillemann RAin Tanja Ehls Dennis Hillemann ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner im Verwaltungsrecht (vor allem Verwaltungsprozessrecht) im Hamburger Büro von Fieldfisher (www.fieldfisher.com). Tanja Ehls arbeitet als Rechtsanwältin im Fördermittelrecht und Verwaltungsprozessrecht im Frankfurter Büro von Fieldfisher. Sie beraten gemeinsam Unternehmen und deren Steuerberater*innen bundesweit zu Corona-Überbrückungshilfen, kennen die Praxis der Bewilligungsstellen und vertreten in zahlreichen Widerspruchs- und Klageverfahren. Zudem erstellen Sie Gutachten und begleiten die Schlussabrechnungen.