21.06.2017 | Kanzleimanagement
Teil 3 unserer Serie: "Die größten Herausforderungen für Steuerberater bis 2019"
Von Alexandra Buba *
Steuerfachangestellte sind gefragt, noch begehrter sind nur Steuerfachwirte und gute Seelen – heißt es. Momentan hat etwa ein Achtel der Kanzleien Probleme damit, konkrete Stellen zu besetzen. Droht tatsächlich unmittelbar der Fachkräftemangel? Hilft mehr Ausbildung? Oder fehlen schlichtweg Berufsbilder und Qualifikationskonzepte für einen Beruf, der sich wandeln wird?
Zahlenflüsterer, Paragrafen-Torero, Bilanzmagier – das charakterisiert nicht die Steuerberater, sondern deren Mitarbeiter, wenn es nach dem Imagefilm der Bundessteuerberaterkammer geht. Finanziell wirke der Mitarbeiter stets gut gelaunt, denn das Gehalt wird monatlich überwiesen; wer wolle könne damit protzen und sich den Kontoauszug auf den Unterarm tätowieren, allerdings – und spätestens an dieser Stelle bricht der Film mit der Realität – kann es schon ein Weilchen dauern, bis der Steuerfachangestellte sein Salär auf über 90.000 Euro summieren kann.
Steuerfachangestellte/r – ein Beruf, in dem 83 Prozent der Tätigkeiten schon heute Maschinen übernehmen könnten, kontert der job-futuromat der Bundesagentur für Arbeit diese fabelhafte Welt der Imagekampagne. Nachwuchsaspiranten bewegen sich irgendwo zwischen Rindermetzger und Roboterersatz.
Tatsache ist: Nicht nur die Bundessteuerberaterkammer lässt sich Einiges einfallen, um Nachwuchs für die Kanzleien zu gewinnen. Tatsache ist aber auch, dass 13 Prozent der Kanzleien laut STAX im Jahr 2014 unbesetzte Stellen hatten, ein Viertel der Berater Ausbildungsstellen nicht adäquat besetzen konnte. Ende 2016 waren insgesamt 18.420 Ausbildungsverhältnisse bei den Steuerberaterkammern registriert, das waren 0,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Allerdings war die Zahl der Auszubildenden in den vergangenen Jahren stets gestiegen.
Hohe Ausbildungsquote
Verglichen mit anderen Branchen stehen die Steuerberater damit gut da, obschon der Vergleich schwierig ist, da in Deutschland keine amtlichen Zahlen zur Ausbildungsquote erhoben werden. Behelfen kann man sich mit Daten aus anderen Quellen, wie dem IAB-Betriebspanel oder der IAB-Beschäftigtenstichprobe. Die Daten schwanken allerdings stark; die stichtagsbezogene Messung sorgt für höhere Werte zum Jahreswechsel. Über den Daumen gepeilt beschreiben die vorhandenen Daten eine Ausbildungsquote von rund 5 Prozent. Für die Steuerberaterbranche gibt die Bundessteuerberaterkammer keine bundesweite Ausbildungsquote an; dass sie aber dennoch über dem Durchschnittswert aller Branchen liegen dürfte, offenbart ein Blick nach Niedersachsen: Für dieses Bundesland gibt die BStBK in ihrer Berufsstatistik eine Ausbildungsquote von 34,6 Prozent an.
Dass die Quote bei Steuerberatern auch bundesweit über dem Branchendurchschnitt liegen dürfte, hat mehrere Gründe - und ist nur eingeschränkt ein Grund zur Freude. Zum einen errechnet sich die Ausbildungsquote aus der Gesamtzahl der Beschäftigen mit Azubis durch Azubis. In der Steuerberatung zählen Inhaber, die selbst einen erheblichen der produktiven Tätigkeiten übernehmen, nicht mit. Das erhöht die Prozentzahl schon einmal. Zum anderen besagt eine hohe Ausbildungsquote nicht unbedingt, dass genügend Fachkräfte zur Verfügung stehen. Denn würden alle fertig ausgebildeten Steuerfachangestellten in den Kanzleien bleiben, ließe sich selbst unter Abzug der Altersabgänge und sonstigen Ausfallzeiten ein stetigeres Mitarbeiterwachstum errechnen. Dies ist aber nicht der Fall. Last but not least spart ein hoher Prozentsatz an Azubis zwar Personalkosten, sorgt aber zunächst einmal nicht für hochqualifizierte Kräfte in der Beratung.
Geld spielt selbstverständlich eine Rolle
Wenn sie das dann sind, wandern etliche in die Industrie ab. Dort werden sie nicht nur weitaus besser bezahlt – wo Kanzleien vielleicht 3.500 Euro zahlen, legt die Industrie laut Gehaltsvergleichsportalen eher mal noch 1.000 Euro drauf - sondern finden auch attraktivere Tätigkeitsfelder und Aufstiegschancen. Denn die Ausbildung und anschließende Tätigkeit in vielen Kanzleien ist - allen Imagefilmen zum Trotz - immer noch weit entfernt von einer glamourösen digitalen Beratungswelt.
Das hat auch die Bundessteuerberaterkammer erkannt. Nach Ankündigungen auf dem Steuerberaterkongress Ende Mai in München soll nicht nur die die Steuerberaterprüfung reformiert werden, sondern auch die Ausbildungsordnung für Steuerfachangestellte. Für die angehenden Berufsträger soll der Ballast der vielfältigen Einzelnormen wegfallen, der für steigende Durchfallquoten sorgt; die angehenden Mitarbeiter sollen mit neuen digitalen Inhalten bedacht werden. Bei der Ausarbeitung der neuen Pläne soll das Bundesinstitut für Berufsbildung helfen.
Allein, was dabei - und nicht nur dabei, sondern überhaupt - fehlt, ist ein schlüssiges Konzept für die weitere Akademisierung. Wo bleibt der BA Wirtschaftsberatung? Wieso gibt es keine Aufwertung des Steuerfachwirts? In den etlichen anderen Ländern ist es längst kein Thema mehr, dass der Schlüssel in der Bewältigung der immer komplexer werdenden Zukunftsaufgaben in der zunehmenden Akademisierung liegt. Auch in Deutschland gibt es mittlerweile Tausende spezifischer Studiengänge.
Pro Akademisierung
Doch die Akademisierung gilt immer noch als Schimpfwort und Schreckgespenst der Unternehmen - nicht nur das Handwerk und die Steuerberater jammern, dass ihnen die Fachkräfte ausgehen, weil alle studieren wollen. Diese kaum widersprochene Einschätzung hierzulande liegt vielleicht an der Angst, das Akademiker auch anders bezahlt sein wollen als berufspraktisch Ausgebildete oder speziell im Bereich der Steuerberater am eigenen Werdegang. Denn von den heutigen Beratern hat laut STAX-Befragung ein Drittel nur eine berufspraktische, aber selbst keine akademische Ausbildung genossen. Das könnte Vorurteilen Vorschub leisten, muss es aber nicht.
Denn selbstverständlich wollen und sollen junge Leute heute studieren. Denn was sollen sie den morgen in den Kanzleien tun? Kritisch denken, sachbezogen abstrahieren, problembezogen analysieren und kreativ Lösungen finden - das werden Mandanten verlangen, wenn Fibu und Veranlagung automatisiert ablaufen. Lernen und einüben kann man dies üblicherweise an einer Hochschule.
Was sind die Aufgaben?
Das Hauptproblem, das Steuerberater heute bei der strategischen Personalplanung und Mitarbeiterrekrutierung haben, ist die Tatsache, dass ein klares Aufgabenprofil der künftigen Tätigkeit mindestens ebenso sehr fehlt wie entsprechend qualifizierte Bewerber. Der erste Schritt muss daher nicht sein, das Image des Berufs zu heben, sondern zu überprüfen, wie und wofür Mitarbeiter künftig eingesetzt werden sollen. Allein danach kann sich die strategische Planung richten. Wer das genau weiß, kann Bewerber auf einer ganz anderen Ebene ansprechen und für sich gewinnen.
Darüber, dass künftig tatsächlich mehr Mitarbeiter als bisher benötigt werden, herrscht übrigens erstaunlicherweise Konsens. So rechnen die Kanzleien bis 2020 laut STAX-Befragung im Median mit einem Stellenzuwachs um vier Mitarbeiter. Eine Ausbildung dieser vier zum Steuerfachangestellten in der eigenen Kanzlei in den bisherigen Strukturen ist dabei möglicherweise nicht zielführend. Frei nach dem Motto: Auf in den Kampf, Torero! Stolz in der Brust, siegesbewusst. Wenn auch Gefahren dräun, Sei wohl bedacht, Dass ein Aug dich bewacht. Und süße Liebe lacht.
* Autorin:
Alexandra Buba ist freie Journalistin und spezialisiert auf die Themen der Steuerberatungsbranche. Ihr besonderer Schwerpunkt sind Management- und IT-Themen (www.medientext.com). Sie schreibt regelmäßig für die STB Web-Redaktion.
(STB Web)
Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 21.06.2017, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.