30.05.2024 | Kanzleimanagement

Teure Personalfehler vermeiden (Teil 2)

Von Zach Davis, Simple First Consulting GmbH

In diesem zweiteiligen Beitrag geht es um Fehler, die der Autor in den Kanzleien immer wieder sieht. Teilweise sind es Kleinigkeiten, deren Auswirkung schwer messbar ist. Teilweise sind es Kleinigkeiten, die viel Geld kosten. Manchmal handelt es sich auch schlichtweg um ausgelassene Chancen. In Teil 2 geht es um klassische Fehler - und Lösungsmöglichkeiten - in der Personalentwicklung und beim Gehalt.

Zum Nachlesen: Teure Personalfehler vermeiden (Teil 1 - Fehler Nr. 1 bis Nr. 4)

Zach Davis
Foto: © Zach Davis, Simple First Consulting GmbH

Fehler Nr. 5: Jemanden nicht entwickeln

"Einige meiner Mitarbeiter wollen sich einfach nicht entwickeln", lautet eine Überzeugung mancher Kanzleileiter. Der Autor dieses Beitrags vertritt eine andere Meinung und Beobachtung: Die meisten Mitarbeiter wollen sich grundsätzlich entwickeln – Sie haben nur möglicherweise schlechte Erfahrungen gemacht, sehen manchmal den Sinn im Einzelfall nicht oder fühlen sich überfordert.

Die Kunst besteht darin, das Thema Entwicklung so zu gestalten, dass es weder überfordert noch unterfordert. Dann macht es in der Regel für beide Seiten Freude, weil man Fortschritte erlebt, die gut machbar sind. Ein einfacher und pragmatischer Weg, um Mitarbeiter unter den genannten Bedingungen zu entwickeln: Das Konzept des nächsten machbaren Schritts. Man definiert für jeden Mitarbeiter eine Entwicklungsdimension und einen nächsten machbaren Schritt. Dieser nächste Schritt darf sehr klein sein und aus der Perspektive der Führungskraft auch manchmal lächerlich klein erscheinen.

Beispiel 1: Hans kommt regelmäßig mit einem Anliegen, ohne sich selbst Gedanken über eine mögliche Lösung zu machen. Vielleicht ist der nächste Schritt für Hans, das Problem klar zu formulieren und eine Idee mitzubringen, in welche Richtung die Lösung gehen könnte. Vielleicht ist der darauf folgende Schritt für Hans, mehrere Lösungsmöglichkeiten mitzubringen. Später dann inklusive des aus seiner Sicht favorisierten Wegs.

Beispiel 2: Sabine ist fachlich super, hat jedoch große Berührungsängste in Bezug auf neue Technik. Vielleicht ist der nächste Schritt, dass Sabine bis zum Ende der Woche ausprobiert, ob es mit dem Einloggen funktioniert. Dann bekommt sie die Aufgabe, etwas für ein paar Minuten auszuprobieren, später dann einen ersten Fall hiermit zu bearbeiten.

Das Prinzip dahinter ist das Herunterbrechen in so kleine Schritte, dass es jeweils höchstens minimal außerhalb der Komfortzone der Person liegt. Regelmäßige kleine Schritte bedeuten jedoch nach einer Weile in Summe eine große Wegstrecke – so macht Entwicklung Freude, weil sie weder überfordert noch Stillstand bedeutet.

Fehler Nr. 6: Eigenständigkeit wollen, aber beschneiden

Einer der häufigsten Wünsche von Steuerberatern sowie Führungskräften im Allgemeinen ist derjenige nach einer verstärkten Eigenständigkeit von Mitarbeitern. In der Regel gibt es hierbei einen Eigenanteil seitens der Führungskraft. Hat der Autor des Beitrags gerade "durch die Blume" gesagt, dass man als Führungskraft selbst schuld ist? Nicht ganz so direkt... Man hat jedoch einen Einfluss. An einigen Stellen ist das Verhalten sogar im direkten Widerspruch zum Wunsch.

Natürlich sagen Sie einem Mitarbeiter nicht direkt, dass dieser weniger selbständig denken und handeln soll. Allerdings gibt es an vielen Stellen Regeln, Anweisungen und Erwartungen, die klar zum Ausdruck bringen, dass man der Person die Entscheidung nicht zutraut.

So soll sich zum Beispiel der Mitarbeiter für das Ergebnis gegenüber dem Mandanten verantwortlich zeigen, darf aber nicht eigenständig entscheiden, wann dieser in den Urlaub fährt und von welchem Ort aus er arbeitet. Der Mitarbeiter soll die Wirtschaftlichkeit des Mandats sicherstellen, bei welchem es um Tausende Euro geht, darf aber nicht eigenständig entscheiden, ob eine Anschaffung für einige Hundert Euro getätigt wird. Solche Punkte hängen manchmal sachlogisch zusammen und manchmal nicht. Sie bringen jedoch oft die implizite Botschaft mit sich: "Du bist nicht in der Lage, etwas mit einer solchen Tragweite selbst zu entscheiden!".

Eine weitere Kategorie von Beschneidungen der Eigenständigkeit besteht darin, das Problem zu lösen. Ja, Sie sind vermutlich ein guter Problemlöser. Wenn ein Mitarbeiter mit einem Problem zu Ihnen kommt, nutzt man die eigene Problemlösungskompetenz. Das hat den Vorteil, dass das Problem schnell gelöst wird. Es hat aber auch den Nachteil, dass man den Mitarbeiter einer Entwicklungsmöglichkeit beraubt.

Fehler Nr. 7: Gehaltsungerechtigkeiten

Der Markt hat sich in den letzten Jahren verändert: Die Gehälter, die Fachkräfte fordern und sehr häufig bekommen, haben deutlich angezogen. In der Regel hat man die Gehälter im eigenen Team schon auch schrittweise angepasst, aber oft nicht in dem Maße wie sich der Markt nach oben hin verändert hat.

Dies führt oft zu gefühlten und tatsächlichen Ungerechtigkeiten. Doch was soll man machen? Dem dringend benötigten neuen Mitarbeiter deutlich mehr zahlen oder auf diesen verzichten? Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Jedoch sollte man sich bewusst sein, dass man das Gehaltsniveau des Stammpersonals nachziehen müssen wird. Wichtig ist hierbei allerdings, keinen Äpfel-mit-Birnen-Vergleich zu machen. Weniger entscheidend als die formale fachliche Qualifikation und die Anzahl der Berufsjahre ist der tatsächliche betriebswirtschaftlich und darüberhinausgehende Beitrag, den der Einzelne leistet.

Wenn bereits wirkliche Gehaltsungerechtigkeiten vorhanden sind, kann man diese oft nicht auf Knopfdruck ändern. Aber man kann es offen adressieren und einen Fahrplan entwickeln, dies im Laufe der Zeit abzubauen. Meistens fährt man sehr gut damit, marktgerecht zu vergüten und für überdurchschnittlich gute sonstige Rahmenbedingungen (Miteinander, Entwicklungsmöglichkeiten, individuelle Bedürfnisse etc.) zu sorgen. Nicht empfehlenswert hingegen ist es, sich in Bezug auf das Gehalt erpressen zu lassen. Jemand, der nur wegen einer erfüllten Gehaltsforderung (unterstellt, dass die Person nicht unterbezahlt ist) bleibt, hat auch danach eine erhöhte Wechselwahrscheinlichkeit.

In ähnlicher Form gilt: Wer nur wegen Geld kommt, geht auch mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder – sei es aus finanziellen oder anderen Gründen.

Zusatznutzen

Eine genaue Anleitung zum Umsetzen des „nächsten machbaren Schritts“ mit Vorlage erhalten Sie unter www.simple-first.de/fehler2 


Zur Person:

Zach DavisZach Davis ist Experte für Kapazitätsengpässe, Zeitintelligenz und Mitarbeitergewinnung, Vortragsredner des Jahres 2011, erfolgreicher Speaker und Berater. Als Coach unterstützt er Steuerkanzleien dabei, mehr Mitarbeiter zu gewinnen, sowie produktiver und profitabler zu werden. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer der Simple First Consulting GmbH (www.simple-first.de)