21.05.2014 | Kanzleimanagement und -marketing

Dienstleistungs- und Honorargestaltung - Teil 1: Der professionelle Dienstleistungsprozess

Von Ulf Hausmann, MBA, Berlin *

In vielen Kanzleien hat man den Eindruck, dass trotz einer guten Arbeitsauslastung die Inhaber mit dem, was die Kanzlei "abwirft", nicht zufrieden sind. Inhaber und Personal klagen zudem über hohe Arbeitsbelastung. Dabei müsste sich ein Unternehmen doch eigentlich über viel Arbeit freuen. Ist das nicht der Fall, gilt es eine grundlegende Baustelle zu bearbeiten: Die Dienstleistungs- und Honorargestaltung der Kanzlei.

Viele Steuerbüros sind wie Arztpraxen organisiert: Patienten mit "Steuer- und Rechnungswesenkrankheiten" kommen zur "Sprechstunde" und werden verarztet – nach der Regel "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst". Ist das schlecht organisiert, kommt es für die "Patienten" zu unangenehmen Wartezeiten.

Was Mandanten wirklich wollen, ist aber nicht, "an die Reihe genommen" zu werden. Vielmehr wollen sie eine aktive und professionelle Betreuung und Kommunikation der Kanzlei erleben. Das belegen sämtliche Untersuchungen zur Mandantenzufriedenheit. Entscheiden sich Unternehmerinnen und Unternehmer für den Einkauf externer Dienstleistungen zur Unterstützung im Rechnungswesen und in Steuernangelegenheiten, dann erwarten sie professionelle Organisation. Diese beginnt bei der internen Kommunikation. Kanzleichefs sind häufig im Irrtum, wenn sie denken, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über ein Mandat im Bilde sind. Das Team sieht das nicht selten anders und berichtet von Informationen, die vom Chef oder der Chefin nicht (rechtzeitig und vollständig) weiter gegeben werden. In kleineren Teams bis fünf Personen läuft das zwar besser als in größeren, jedoch nicht automatisch reibungslos. Zu schnell ist die Arbeit heutzutage in Kanzleien getaktet und von zu vielen Details bestimmt, als dass man sich darauf verlassen könnte, jeder wisse Bescheid.

Je größer das Team, desto größer die Herausforderung

Eine höhere Anzahl von Mitarbeitern bedeutet neue Herausforderungen für die Kanzleileitung, welche leider oft verdrängt werden. Mit Partnerstrukturen verkompliziert sich das System weiter: Schon für zwei PartnerInnen ist es schwierig, unter dem operativen Druck auf Führungsebene ein klares Bild in der täglichen Arbeit abzugeben: Häufig wiedersprechen sie sich (unbeabsichtigt) gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – die sich dann noch mehr auf die eigene Einschätzung verlassen und "ihr Ding machen".

Damit das Team effektiv und motiviert arbeiten kann, muss die Führungsebene – TeamleiterInnen eingeschlossen – folgende Führungsaufgaben permanent wahrnehmen:

  • Entlastung durch gute Planung der Mandantenaufträge schaffen,
  • rechtzeitiges Feedback zur Arbeit des Teams sowie
  • Priorisierung der Aufträge.

Ein effektives "Dienstleistungs- und Honorarsystem" ist die Grundlage dafür. Es besteht aus einer klaren Leitlinie von Vorgaben zur Mandatsbearbeitung. Ferner gewährleistet es, dass keine Leistungen erbracht werden, die vom Mandanten gar nicht gewünscht sind. Schließlich stellt es sicher, dass diejenigen Leistungen, die erbracht werden, auch abgerechnet werden. Nur so kann die Rentabilität der Kanzlei gesteuert werden.

"Wir haben so viel mit unseren aktuellen Aufträgen zu tun"

Tatsächlich aber wird sich häufig mit dieser so wichtigen unternehmerischen Aufgabe, dem Dienstleistungs- und Honorarsystem, in der Kanzlei nicht beschäftigt, weil "wir so viel mit unseren aktuellen Aufträgen zu tun haben." Dadurch fühlen sich jedoch viele in der Kanzlei überlastet und laufen nur den akuten Mandantenanfragen hinterher. Ausgelaugte Mitarbeiter sind, auch bei grundsätzlicher Motivation, auf Dauer für die Arbeitsbeziehung schädlich.

Mandanten nehmen zudem wahr, dass SteuerberaterInnen und MitarbeiterInnen überlastet sind und Termine nicht halten können. Dies führt häufig dazu, dass sie die Kanzlei weniger empfehlen – denn "die haben ja eh keine Zeit für neue Mandanten!".

Leidet die Rentabilität der Einzelaufträge, muss dies wiederum häufig das Personal "ausbaden": Die knappe Ressource "Mitarbeiter" wird so unnötigem Stress und unrentablen Mandantenprojekten ausgesetzt. Durch die Entwicklung und Etablierung eines gut durchdachten Dienstleistungs- und Honorarsystems entsteht hingegen eine professionelle Arbeitsweise, die sich wiederum auf die Zufriedenheit der Mandanten auswirkt, wenn diese das Gefühl haben, mit ihren sensiblen Steuerangelegenheiten an der richtigen Adresse zu sein.

Wie stellt man Professionalität im Dienstleistungsprozess sicher?
Grafik: © Ulf Hausmann

Setzen sich Kanzleien aktiv mit Arbeits- und Qualitätsstandards auseinander, ist der erste Schritt getan: In der Kanzlei herrscht Klarheit darüber, für welche Mandanten welche Dienstleistungen grundsätzlich erbracht werden. Das wird im Dienstleistungskatalog festgehalten. Dieser ist zunächst interne Arbeitsgrundlage. Jedoch überschneiden sich hier Qualitätsmanagement und Marketing – denn welche Mandanten welche Leistungen bekommen, ist für beide Perspektiven, intern und extern, relevant.

Ganz nach dem Motto: "Keine Fibu ohne Belege!" bringen Mandantinnen und Mandanten Informationen, die zur Beurteilung der steuerlichen Belange relevant sind, mit ein. Sie sind demnach Teil des Dienstleistungserstellungsprozesses. Dadurch, und das ist vielleicht eine überraschende Perspektive, werden sie mittelbar zu "Mitarbeitern" der Kanzlei.

Es ist eine Frage der Professionalität der Kanzlei, diese aktive Beteiligung der Mandanten so zu gestalten, dass

a) die Produktionsabläufe in der Kanzlei effektiv laufen und

b) die Mandanten dabei dienstleistungsorientiert an die Hand genommen werden und das Gefühl haben, gut betreut und beraten zu sein.

Erwartungen an die Mandanten formulieren und kommunizieren

Ihre Rolle zur effektiven Arbeit der Kanzlei ist den meisten Mandantinnen und Mandanten jedoch nicht bewusst. Dies erfordert entsprechende Kommunikation, nämlich eine klare Erwartungsklärung, wann welche Unterlagen und Informationen gebraucht werden und was darüber hinaus für "Regeln der Zusammenarbeit" gelten. Viele Kanzleien fixieren das sogar schriftlich. Ein einfaches Beispiel:

"Was Mandanten von der Kanzlei erwarten können:

  • Fachkompetenz,
  • professionelle Arbeit,
  • Erreichbarkeit und schnelle Kommunikation,
  • ...

Was die Kanzlei in Zusammenarbeit mit Mandanten erwartet:

  • Unterlagen wie verabredet liefern,
  • Informationen vollständig und richtig liefern,
  • Rechnungen fristgerecht zahlen,

Halten sich beide Seiten an diese Punkte, kann die Kanzlei besser für die Mandanten und gleichzeitig rentabler arbeiten. Zudem kann durch die aktive Gestaltung des Dienstleistungs- und Honorarsystems die Leistungsbereitschaft und Motivation der Mitarbeiter erhöht werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind das Aushängeschild der Kanzlei und können durch eigene Motivation und professionelle Leistung mehr Empfehlungen durch Mandanten bewirken.

Im folgenden Teil 2 der Serie "Dienstleistungs- und Honorargestaltung" lesen Sie über Strukturierung von Dienstleistungsangeboten und über Honorarmodelle.

 

* Autor:

Ulf HausmannUlf Hausmann, MBA, hat Steuerrecht und Management von inhabergeführten Unternehmen studiert und arbeitet seit mehr als 15 Jahren in der Steuerberaterbranche. Er berät Steuerkanzleien in Strategie, Marketing und Wissensmanagement.

www.ulfhausmann.de

 

 


 

(STB Web)



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