20.04.2016 | Kanzleimarketing
Von Hans-Peter Rühl *
Die aktive Beratung ist ein Manko - zumindest aus Mandantensicht, wie die Studie von Agenda Informationssysteme zur Zusammenarbeit zwischen Steuerberater und Mandant zutage förderte: Danach ist die aktive Beratung bei betriebswirtschaftlichen Entscheidungen oder steuerrechtlichen Fragen für 65 Prozent der Mandanten ausschlaggebend. Dies erkennen jedoch nur 41 Prozent der Steuerberaterinnen und Steuerberater, so ein zentrales Ergebnis der Befragung. Dieser Beitrag untersucht die möglichen Ursachen aus Sicht eines Praktikers der betriebswirtschaftlichen Beratung im Spannungsfeld zwischen Steuerberatung und Mandant.
"Aktive Beratung" ist ein diffuser Begriff. Möchten Mandant oder Mandantin nur einen Anruf, wenn sich eine konkrete Steuersparoption eröffnet, oder ist der Wunsch eher allgemeiner Natur? Werden Vorschläge zur finanziellen Lebensgestaltung erwartet oder möchte man "nur" über die neuesten Fristen informiert werden? Schon der Hinweis, dass eine wachsende Abhängigkeit von einem Lieferanten entsteht, kann eine aktive Beratung darstellen. Sie könnte jedoch auch grundsätzlicher sein und strukturelle Empfehlungen umfassen, etwa wie man eine Liquiditätsplanung aufbaut oder Kostenrechnungen strukturiert. Sogar der Wunsch nach einer "Nachhilfe" bezüglich der Grundlagen des Rechnungswesens könnte erwartet werden: Wie Soll und Haben funktionieren, wie man eine BWA liest und ähnliche Basisthemen.
Grob kann man in steuerliche, persönliche und betriebswirtschaftliche Beratungen unterteilen. Fokus dieses Beitrags jedoch sind ausschließlich die möglichen Ursachen und Lösungsmöglichkeiten bei der betriebswirtschaftlichen aktiven Beratung.
Die Sicht der Mandanten: Diffuse Unsicherheit
Bei den in der Agenda-Studie angesprochenen kleineren Mandaten ist es oft eine unkonkrete Vorstellung, was sie eigentlich genau erwarten (wenn es klar wäre, würde man gezielt danach fragen) und eine häufig nur rudimentäre Kenntnis des betrieblichen Rechnungswesens, weshalb konkrete Anforderungen nicht formuliert werden können. Stattdessen wird pauschal Führung durch die Steuerberatung erwartet. Erfolgt diese nicht, stellt sich das Gefühl einer mangelnden aktiven Beratung ein.
Es kommen die nicht selten als unverständlich empfundenen Erklärungen der Steuerberaterinnen und Steuerberater hinzu, die sich nicht immer auf den Wissenstand oder die pragmatische Denkweise der Selbstständigen einlassen. Die Qualität von Erklärungen durch Steuerberater wurde in der Studie zwar nicht explizit abgefragt, aber ein Punkt lässt Rückschlüsse zu: Das Thema "Verständliche Kommunikation und Auswertungen" lohnt sich für viele Berufsträger, so ein weiteres Studienergebnis, da dieser Punkt offenbar nur zu einer unterdurchschnittlichen Zufriedenheit erfüllt wird.
Auch meiner Erfahrung nach herrscht eine Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung bezüglich der Vermittlungskompetenz. Etwas mehr Gelassenheit wäre wünschenswert. Kein guter Pädagoge erhebt gleichzeitig den Anspruch, exzellenter Steuerberater und außerdem betriebswirtschaftlicher Experte zu sein. Umgekehrt scheint der Anspruch aber zu bestehen und ist daher mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Scheitern verurteilt.
Peinliche Situationen vermeiden
Ungern geben Mandanten mangelnde Kenntnisse zu oder stehen als begriffsstutzig da, weil sie den gleichen Sachverhalt zum x-ten Mal nachfragen müssen. Dann tut man lieber so, als habe man es verstanden und geht mit einem problematischen Halbwissen aus dem Gespräch. Der Themenkomplex des betriebswirtschaftlichen Rechnungswesens erscheint Laien so komplex, dass er per se als nicht verstehbar wahrgenommen wird. Hier sind Ermutigung und Hilfestellung in der Sprache der Mandanten gefragt, beginnend mit kleinen Schritten zum Einstieg ins Thema.
Dies schützt einen auch selbst davor, mangelnde Kenntnisse seitens der Mandanten vorzuschieben, um nicht aktiver zu beraten. Denn erfährt ein interessierter Mandant später, dass er monatliche BWAs hätte erwarten dürfen oder dass BWA-Positionen wie Umsatzerlöse sinnvoll in verschiedene Einzelkonten hätten gegliedert werden können, ist die Unzufriedenheit berechtigt. Gleiches gilt, wenn monatliche Abgrenzungen die Aussagekraft der Monatsabschlüsse verbessert hätten, ohne dass der Mandant von seinem Steuerberater darauf hingewiesen wurde.
Die Sicht der Steuerberater: Desinteressierte Mandanten
Die aktive Beratung vieler Beraterinnen und Berater kann freilich auch auf desinteressierte Mandanten treffen, die ihre monatlichen BWAs trotz aktiver Ansprache ignorieren, so dass die Kanzlei die Bemühungen irgendwann einstellt. Beratungen und Erklärungen können natürlich nicht verstanden werden, wenn schon der Unterschied zwischen Liquidität und Erfolg nicht bekannt ist. Die klassische Frage, warum trotz Gewinnen kein Geld auf dem Bankkonto ist, muss nicht weiter ausgeführt werden. Ein Steuerberater ist ein Steuerberater, kein BWL-Lehrer, hier sind auch die Mandanten in der Pflicht.
Allerdings habe ich gelegentlich den Eindruck, dass die ein oder andere Kanzlei ganz froh ist, dass sich Mandanten mit dem Gebotenen zufrieden geben. Erschwerend hinzu kommt eine Mentalität bei vielen Selbstständigen, die "Buchhaltung" als lästiges Übel rein zur Befriedigung des Finanzamtes anzusehen, nicht als Instrument der professionellen Unternehmensführung.
Steuerberater-Rechnungen schmerzen, wenn die Ergebnisse in keiner Weise betriebsintern genutzt, sondern als Kostenblock für eine rein externe Deklaration empfunden werden, auf die man gerne verzichten würde.
Zahlungsbereitschaft für aktive Beratung
Zahlen denn Mandanten für die zusätzliche aktive Beratung? Aber selbstverständlich! Hier gehe ich keiner Diskussion aus dem Weg: Dass die Beratung mangels Zahlungsbereitschaft von Mandanten rudimentär ausfällt, ist eine Ausrede. Sobald der interne kaufmännische Nutzen erkennbar wird, etwa durch eine schnelle Analyse von Erfolgspositionen der BWA über den Wertenachweis und Konten bis hin zum Einzelbeleg, erfährt die Arbeit der Steuerberatung eine erhebliche Aufwertung.
Schließlich berufen sich viele Kanzleien auf eine zeitliche Überlastung des Personals schon bei den täglichen Aufgaben einer ordnungsgemäßen Buchhaltung, verschärft durch hohen Weiterbildungsaufwand und einen schwierigen Personalmarkt. Die aktive Beratung jedoch verschärft das Problem nicht, sondern hilft bei der Lösung.
Chance und Lösungen: Mandanten beratungsfähig machen!
Tauschen Sie sich mit befreundeten Beratern aus, netzwerken Sie und profitieren Sie von gegenseitigen Erfahrungen. Der Markt für Steuerberatung ändert sich rasant. Die aktive betriebswirtschaftliche Beratung ist ein wesentliches Element im Mosaik der kommenden Kanzleiaufstellung. Viel Erfolg!
* Über den Autor
Hans Peter Rühl, Dipl. Betriebswirt (BA), ist freiberuflicher Seminaranbieter, Autor, Podcaster und App-Entwickler zum Thema Rechnungswesen-Training. Er schult und berät Führungskräfte und Selbstständige, die nicht aus dem Rechnungswesen kommen.
Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 20.04.2016, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.