14.10.2015 | OLG Hamm

Fachanwalt muss nachgewiesene besondere theoretische Kenntnisse im Fachgebiet haben

Die Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnung setzt voraus, dass der Rechtsanwalt den Erwerb besonderer theoretischer Kenntnisse im Fachgebiet nachweist. Der Nachweis kann regelmäßig durch die erfolgreiche Teilnahme an einem Fachanwaltslehrgang geführt werden, der die relevanten, in der Fachanwaltsordnung (FAO) genannten Bereiche des Fachgebiets umfasst.

Der Nachweis des Erwerbs theoretischer Kenntnisse außerhalb eines Lehrgangs muss sich ebenfalls auf alle relevanten Bereiche des Fachgebiets erstrecken. Das folgt aus dem Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21.08.2015, mit dem die Klage eines Rechtsanwalts auf Verleihung der Bezeichnung "Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht" abgewiesen wurde.

Der klagende Rechtsanwalt beantragte bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer, ihm die Fachanwaltsbezeichnung zu verleihen. Einen auf diese vorbereitenden Lehrgang hatte er jedoch nicht absolviert. Stattdessen verwies er auf seine Veröffentlichungen sowie auf eine Schwerbehinderung, die seiner Lehrgangsteilnahme entgegenstehe.

Kein Fachanwaltstitel aufgrund von Veröffentlichungen

Der Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen hat den ablehnenden Bescheid der Rechtsanwaltskammer mit Urteil vom 21.08.2015 (1 AGH 11/14) bestätigt. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger außerhalb eines Lehrgangs die für die Fachanwaltsverleihung notwendigen theoretischen Kenntnisse erworben habe. Der Kläger habe nicht belegt, dass er über besondere theoretische Kenntnisse in allen in § 14 l FAO genannten Bereichen des Bank- und Kapitalmarktrechts verfüge. Einige Teilbereiche dieser Bestimmung würden von den vom Kläger vorgelegten Veröffentlichungen nicht erfasst. Die in Ergänzung hierzu vorgelegte Stellungnahme einer Anwaltskollegin sei allgemein und pauschal gehalten und bereits deswegen kein geeigneter Nachweis. Die somit in einzelnen Bereichen nicht nachgewiesenen Fachkenntnisse seien auch nicht durch ein mit dem Kläger geführtes Fachgespräch zu ersetzen.

Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers rechtfertigten ebenfalls keinen Dispens im Hinblick auf die Teilnahme an einem Fachanwaltslehrgang mit Klausurenpflicht. Es gebe Fernlehrgänge. Diese könne auch der Kläger absolvieren. Sie seien zwar mit Klausuren abzuschließen, bei denen eine Präsenzpflicht bestehe. Insoweit würden Teilnehmern mit Behinderungen aber - das sei gerichtsbekannt - Schreiberleichterungen eingeräumt. Dass der Kläger auch mit Schreiberleichterungen keine Klausur schreiben könne, habe er nicht vorgetragen.

(Anwaltsgerichtshof NRW / STB Web)

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