26.06.2013 | Experten-Interview
Von Viola C. Didier * / Interview mit RA Uwe Martens
Bereits Anfang 2014 ist es soweit: Die nationalen Überweisungen und Lastschriften werden durch das neue europäische SEPA-Verfahren ersetzt. Steuerkanzleien sollten sich nicht nur selbst auf die Umstellung vorbereiten, sondern auch als Ansprechpartner für ihre Mandanten Antworten parat haben. ;
SEPA steht für Single Euro Payment Area – ein einheitlicher europäischer Zahlungsraum – und wird durch vereinheitlichte Datenformate den Zahlungsverkehr innerhalb der Europäischen Union erleichtern. Während sich für Privatpersonen nicht viel ändert, außer, dass fortan die 22-stellige IBAN anstatt der Kontonummer verwendet wird, bedeutet die Umstellung für Kanzleien und deren gewerblich tätige Mandanten deutlich größeren Aufwand: Die SEPA-Lastschrift erfordert die Umstellung von Abläufen, Software und Briefköpfen sowie eine akribische Vorbereitung.
Worauf Steuerkanzleien vorbereitet sein müssen, erklärt Rechtsanwalt Uwe Martens von der Frankfurter Unternehmerkanzlei elixir rechtsanwälte | martens & partner (www.recht-hilfreich.de). Er ist in den Bereichen Wirtschafts- und Unternehmensrecht tätig und berät insbesondere die freien Berufe.
STB Web:
Die Umstellung auf SEPA gilt ab 1. Februar 2014. Was ist der Unterschied zum bisherigen Zahlungsverkehr?
Uwe Martens:
Für Unternehmen, Selbstständige, Freiberufler, öffentliche Verwaltung und Vereine ändert sich der Ablauf des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Der Umgang mit diesem „Giralgeld“ wird nun in 32 europäischen Ländern vereinheitlicht, sodass Überweisungen und Lastschriften ohne den bisherigen Mehraufwand über Staatengrenzen hinweg durchgeführt werden können. Diese Länder – die EU und die europäischen Nachbarn Schweiz, Liechtenstein, Norwegen, Monaco und Island – bilden zukünftig einen einheitlichen Zahlungsverkehrsraum, in dem Kontenbewegungen so einfach, bequem und kostengünstig ablaufen sollen, wie bisher bei uns. Europäische Ländergrenzen sollen als Hindernis wegfallen. Kurzum: In diesem Zahlungsraum sollen Kunden keine Unterschiede mehr zwischen nationalen und grenzüberschreitenden Zahlungen merken. Die wesentlichen Elemente sind SEPA-Überweisung und SEPA-Lastschrift. Doch Vorsicht: Wer die Anpassung nicht rechtzeitig betreibt, dem droht mit dem 1. Februar 2014 quasi eine Abschaltung des Zahlungsverkehrs! Unternehmer, die nicht rechtzeitig umstellen, können etwa keine Lastschriften mehr einziehen.
STB Web:
Was gibt es besonders beim Lastschriftverfahren zu beachten?
Uwe Martens:
Beim SEPA-Lastschriftverfahren ist zwischen Verbraucher- und Unternehmer-Lastschriftverfahren zu unterscheiden. Grundsätzlich weist die SEPA-Lastschriftberechtigung die Bank des Zahlungspflichtigen an, die Einlösung des ausgewiesenen Betrags vorzunehmen. Damit wird die bisherige Einzugsermächtigung abgeschafft, die ja als Zahlung ohne Weisung des Kontoinhabers an die eigene Bank ohnehin eine Art unautorisierte Zahlung war. Ihr Vorteil: Eine einmal erteilte Lastschriftberechtigung ist unbefristet gültig. Allerdings hat der Zahlungsverpflichtete einen Erstattungsanspruch innerhalb von acht Wochen nach der Belastung ohne Angabe von Gründen, d. h. hier verlängert sich die Widerrufsmöglichkeit. Ohne ein entsprechendes SEPA-Lastschriftmandat verlängert sich dieser Anspruch auf bis zu 13 Monate. Bei allen SEPA-Lastschriften müssen eine Gläubiger-Identifikationsnummer und eine Mandatsreferenz angegeben werden. ;
STB Web:
Was hat es mit dieser Gläubiger-Identifikationsnummer auf sich und woher bekommt man sie?
Uwe Martens:
Jeder, der die Möglichkeiten einer SEPA-Lastschrift nutzen möchte, benötigt eine Gläubiger-Identifikationsnummer (Creditor Identifier/CI). Man erhält die Gläubiger-Identifikationsnummer bei der Bundesbank. Sie ist im Internet unter www.glaeubiger-id.bundesbank.de abzurufen.
STB Web:
Bringt das neue Verfahren denn auch Vorteile oder nur viel Aufwand?
Uwe Martens:
Die Basis-Lastschrift kann – vergleichbar der vormaligen Einzugsermächtigung – innerhalb von acht Wochen widerrufen, d. h. in praxi zurückgeholt, werden, nicht hingegen die Firmenlastschrift – vergleichbar dem vormaligen Abbuchungsauftrag – sodass insbesondere die Zahlung insolvenzfest ist, wie dies auch schon für das SEPA-Lastschriftverfahren vom BGH bestätigt wurde. Durch die vorherige Bestätigung gegenüber der Bank ist das SEPA-Firmenlastschriftverfahren also insolvenzfest – ein klarer Vorteil.
STB Web:
Ab wann sollten sich Steuerkanzleien mit dem Thema SEPA beschäftigen und wie viel Zeitaufwand schätzen Sie für die Umstellung innerhalb der Kanzlei?
Uwe Martens:
Mit der SEPA-Einführung ist ein nicht zu unterschätzender Umstellungsaufwand verbunden. Der leichteste Teil der Umstellung liegt in der künftigen Verwendung von IBAN und BIC, die die bisherige Kontonummer und Bankleitzahl ersetzen. Anspruchsvoller wird es dann, die einzelnen Bereiche der SEPA-Umstellung ausfindig zu machen, denn außer der Kanzlei selbst sind auch alle anderen von der SEPA-Umstellung betroffen: Mandanten, Kooperationspartner, Lieferanten – und nicht zu vergessen: die eigenen Mitarbeiter! Mein Tipp für Steuerberater: Stellen Sie schon deshalb auch die Lohn- und Gehaltsabrechnung im eigenen Haus wie bei Ihren Mandanten frühzeitig um. Informieren Sie Ihre Mandanten alsbald über Mandatsreferenz, Gläubiger-Identifikationsnummer und den Zeitpunkt des SEPA-Basis-Lastschriftverfahrens. Die Mandatsreferenz ist stets vom Zahlungsempfänger vorzugeben und kann frei ausgewählt werden, z. B. Rechnungsnummer. Der Zeitaufwand für die Umstellung ist natürlich abhängig von der Größe der jeweiligen Steuerkanzlei und von der von ihr betreuten Mandate, wobei es auch auf die Mandatsstruktur ankommt (eher Verbraucher oder eher Unternehmer?), sodass Zeitschätzungen schwer möglich sind.
STB Web:
Haben Sie ganz konkrete Empfehlungen, wie sich Abläufe in der Kanzlei standardisieren lassen?
Uwe Martens:
Halten Sie sich am besten an folgende Checkliste:
STB Web:
Auf welche Fragen von Mandanten müssen Steuerberater jetzt vorbereitet sein?
Uwe Martens:
Gerade im Geschäftskundenbereich wird die SEPA-Firmen-Lastschrift einige Besonderheiten mit sich bringen, die sich erheblich von den SEPA-Lastschriftverfahren gegenüber Verbrauchern unterscheidet, beispielsweise Erstattungsansprüche und Fristen. Außerdem dürften Anfragen von Mandanten erwartet werden, wie die jeweiligen Formulare und Dokumente neu zu erstellen sind. Hierfür bieten die Banken in der Regel nicht die entsprechende Unterstützung, da z. B. das neue Formulieren der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach SEPA-Standard nicht zu deren Arbeitsfeld gehört. Mit praktischer Umsetzung der SEPA-Einführung werden Alltagsfragen hinzukommen, gerade auch wenn Widerrufe der Lastschrift erfolgen oder Schwierigkeiten bei der Vorabankündigung der Lastschrift entstehen. Mit der Vorabankündigung hat jeder Empfänger einer Zahlung den Zahlungspflichtigen frühzeitig genug auf das exakte Fälligkeitsdatum (due date) und über den genauen Betrag zu informieren. Wie das durch Rechnung, Vertrag, Zahlungsplan oder ähnlichem umzusetzen sein wird, werden Fragen von Mandanten sein.
STB Web:
Spielt die Unternehmensgröße der Mandanten eine Rolle?
Uwe Martens:
Die Unternehmensgröße spielt insofern eine Rolle, als dass der damit verbundene administrative Aufwand der SEPA-Umstellung mit der Größe zunimmt. Entlastungen können Banken bei dieser Umstellung nur bedingt geben. Gerade Steuer- und Rechtsfragen müssen parallel dazu in Angriff genommen werden, damit nicht nur die banktechnische Seite beachtet wird. Anderenfalls haben die Unternehmen möglicherweise mit zigfachen Rückforderungen zu rechnen, wenn die Rechtsgrundlagen und Papiere nicht stimmen. Die Folge: Die Liquidität des Unternehmens kann unerwartet belastet werden. Achtung: Mit SEPA verschwindet nicht nur die Einzugsermächtigung, sondern es findet auch der Datenträgeraustausch mittels Lastschriftbeleg und Diskette sein Ende. Unternehmen müssen daher prüfen, ob sie ihren Zahlungsverkehr vollständig auf Electronic Banking umstellen.
STB Web:
Sollten Steuerberater ihre Mandanten im Rahmen ihrer Beratungstätigkeit explizit auf SEPA hinweisen?
Uwe Martens:
Auf jeden Fall! Steuerberater sollten sämtliche Facetten der SEPA-Einführung beleuchten und schrittweise mit dem Mandanten umsetzen. Ein solcher Hinweis dürfte zu den nebenvertraglichen Pflichten eines Steuerberaters gehören. Verspätete oder fehlerhafte Hinweise an Mandanten können zu Schadensforderungen gegen den Steuerberater führen, die je nach Umfang durchaus gravierend ausfallen können.
STB Web:
Inwiefern können Steuerberater ihre Mandanten bei der Umstellung unterstützen?
Uwe Martens:
Die beste Unterstützung für die Mandanten erfolgt aus einem Zusammenspiel von Mandant, Bank, Steuerberater und versiertem Anwalt, der die vertragsrelevanten Details der SEPA-Umstellung zu gestalten weiß. Wer hier Aufwand und Kosten scheut, wird unweigerlich eigene Kosten- und Liquiditätsrisiken eingehen. Allein schon die richtige Implementierung der SEPA-Lastschrift verlangt eine detaillierte Klärung: Soll eine Basis-Lastschrift (CORE), eine mit verkürzter Laufzeit (COR1), eine Firmenlastschrift oder mehrere Lastschriften genutzt werden? Ist eine Umstellung auf das B2B-Verfahren nicht sinnvoll, da hier nach der Einlösung eine Rückgabemöglichkeit entfällt? Können Bestandskunden mit Einzugsermächtigung durch Anpassung der AGB zur SEPA-Lastschrift überführt werden? Wie sind diesbezüglich Neukunden zu behandeln? Fragen über Fragen, die nur frühzeitig und im Team angegangen werden sollten. Weder Mandanten noch Steuerberater dürfen die Beratungsintensität der SEPA-Umstellung unterschätzen. Hinzu kommen die Probleme in der späteren praktischen Durchführung, bei denen die Vorschriften zum Zahlungsdiensterecht in §§ 675j - 676c BGB an Bedeutung gewinnen werden.
Das Interview führte Viola C. Didier.
* Autorin:
Viola C. Didier arbeitet in Stuttgart als freie Journalistin für Printmedien, Fachverlage, Online-Portale und Kanzleien. Ihre Spezialgebiete sind Steuern und Recht. Außerdem befasst sie sich mit Kanzlei-Marketing, PR und Management. Die Juristin gründete 2003 das spezialisierte Redaktionsbüro RES JURA.
Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 26.06.2013, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.