16.11.2023 | Fachartikel

Kündigungen vermeiden – die 6 wichtigsten Faktoren

Von Zach Davis, Simple First Consulting GmbH

Fakt ist, dass Kündigungen teuer sind! Die Kosten reichen von der späteren Fertigstellung der Arbeiten und Mehrbelastung der verbleibenden Mitarbeiter bis hin zu direkten Rekrutierungskosten und späterem Aufwand für die Einarbeitung. Ebenso ist es leider eine Tatsache, dass mehr Menschen die Branche verlassen als neu eintreten – ganz zu schweigen davon, dass diejenigen, die austreten, in der Regel erheblich mehr Fachwissen besitzen als diejenigen, die eintreten. Eine Betrachtung zur Wichtigkeit der Vermeidung von Fluktuation: Das Vermeiden von Kündigungen durch zufriedene Mitarbeiter ist der beste Rekrutierungsweg! Doch wie vermeiden wir Kündigungen?

Zach Davis
Foto: © Zach Davis, Simple First Consulting GmbH

Zunächst ist es sinnvoll, zwischen vermeidbarer und unvermeidbarer Fluktuation zu unterscheiden. Die unvermeidbare Fluktuation ist in weiten Teilen biologischer Natur: Jemand geht in den wohlverdienten Ruhestand, eine Mitarbeiterin ist schwanger oder jemand ist über einen längeren Zeitraum krank.

Ebenfalls oft nicht vermeidbar ist der Weggang, wenn jemand zur neuen Liebe ziehen möchte, welche weit entfernt wohnt – in diesem Fall kann man höchstens mit einem reinen Remotearbeitsplatz versuchen, die Person zu halten.
Starten wir mit einem Faktor, der häufig in seiner Bedeutung für den Wechsel beziehungsweise den Verbleib in der Kanzlei überschätzt wird: Geld! Selbstverständlich kann Geld, das heißt das Gesamtvergütungspaket, ein Grund sein, zu gehen oder bleiben. Es kann ein Motiv sein, ist jedoch meistens nur ein Beweggrund unter vielen.

Geld ist ein Hygienefaktor

Eine hilfreiche Betrachtung hierbei ist: Geld ist ein Hygienefaktor! Dies bedeutet, dass Erhöhungen in bezug auf die Fluktuationsvermeidung bis zu einem gewissen Punkt einen Nutzen bringen, darüber hinaus jedoch kaum noch. Im Klartext: Wenn jemand unterbezahlt ist, fällt es negativ auf und sorgt für Unzufriedenheit (wie bei einer Person, die zu wenig körperliche Hygiene an den Tag legt - eine weitere Erhöhung über tägliches Duschen hinaus bringt dann allerdings immer weniger Nutzen).

Meistens fährt man gut damit, sich im Mittelfeld oder oberen Mittelfeld im Marktvergleich zu bewegen. Natürlich kann es Ausnahmen geben: Wenn die Profitabilität eines Mitarbeiters so enorm hoch ist, dass man deutlich mehr zahlen kann als den üblichen Marktwert der formalen Qualifikation (mit weiterhin enorm hoher Profitabilität), kann es sinnvoll sein, freiwillig deutlich mehr zu zahlen, damit ein Wechsel diese Person deutliche Einkommenseinbußen kosten würde. Das ist keine Bestechung, sondern ein "Win-Win" und eine großartige Situation, dass man gemeinsam in wirtschaftlicher Hinsicht so erfolgreich ist.

Kommen wir, über den Hygienefaktor Vergütung hinaus, zu sechs häufigsten Gründen, weshalb Menschen wechseln…

Grund Nr. 1: Es liegt etwas individuell im Argen

Foto: © Zach Davis, Simple First Consulting GmbH

Es gibt eine Unzufriedenheit einer Einzelperson. Manchmal ist dies offensichtlich (weil es offen adressiert wurde, oder es lässt sich klar beobachten). Manchmal ist es weniger offensichtlich – schließlich kann man Menschen nicht ins Gehirn schauen und wissen, was diese denken.

Wenn die Unzufriedenheit offensichtlich ist, gilt es, das Thema nicht zu ignorieren und zu hoffen, dass es von allein wieder verschwindet, sondern es offen anzusprechen und letztlich eine Lösung zu finden beziehungsweise gemeinsam so lange daran zu arbeiten, bis die Unzufriedenheit nichtmehr da ist. Es geht sonst nicht auf Dauer gut – eine von beiden Seiten wird sonst irgendwann den Ausgang wählen. Definieren Sie Schritte und vereinbaren Sie jeweils einen nächsten Termin, um die Entwicklung zu besprechen.

Wie aber bekommen wir mit, dass jemand unzufrieden ist, wenn es nicht offensichtlich ist? Ganz banal: Stellen Sie regelmäßig Fragen: "Wie geht es Dir?", "Hast Du etwas auf dem Herzen?", "Was wünschst Du Dir?". "Was beschäftigt Dich?". Wenn Sie eine Vermutung haben, dass "irgendwas ist", können Sie anmerken: "Es wirkt mir so, als ob Dich etwas beschäftigt" oder: "Ich kann falsch liegen, habe aber so einen Eindruck, dass Dir irgendetwas Kopfschmerzen bereitet".

Seien Sie zudem sensibel für Abweichungen von dem Verhalten, das Sie von der Person kennen – speziell ein ruhigeres, passiveres Verhalten oder negative Verallgemeinerungen ("immer muss…") oder gar Sarkasmus. Dies sind – sofern abweichend vom gewohnten Verhalten der Person – oft Anzeichen einer Unzufriedenheit (welche nicht zwingend innerhalb der Kanzlei liegen muss).

Grund Nr. 2: Die Arbeitslast

Ein Problem in vielen Kanzleien ist – keine neue Feststellung – die Arbeitslast. Oft ist es nicht mal so, dass Mitarbeiter Überstunden machen (müssen). Sie spüren aber, dass der Druck höher ist als in der Vergangenheit. Oft äußert es sich in besonderen Stresssituationen vor den Fristen, vor und nach dem Urlaub oder wenn jemand ausfällt.

Die Belastungssituation lässt sich in der Regel nicht auf Knopfdruck verbessern. Um es deutlich zum Ausdruck zu bringen: Es ist die Aufgabe der Kanzleileitung, dafür zu sorgen, dass jeder nur so viel Arbeit hat, wie er schaffen kann. Die Sonderthemen der letzten Jahre haben Sie sich nicht ausgedacht und somit nicht verursacht. Es ist jedoch eine Führungsverantwortung, sicherzustellen, dass die vorhandene Kapazität und das Arbeitsvolumen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.

Grund Nr. 3: Fehlende Orientierung in turbulenten Zeiten

Gerade in Zeiten der Unsicherheit und Veränderung gilt es als Führungskraft, Orientierung zu liefern, vor allem durch zwei Vorgehensweisen.

Perspektivwechsel:

Wenn es in einem Gespräch mit einer Einzelperson oder dem Team um die zahlreichen Aufgaben geht, die noch anstehen, sagen Sie beispielsweise: "Bevor wir nach vorne schauen: Das Folgende haben wir schon geschafft in den letzten Wochen/Monaten". Wenn es um Veränderungen geht und diese im gedanklichen Fokus stehen, richten Sie das Augenmerk auch immer wieder auf dasjenige, das gleichbleibt. "Wir haben eine neue Software, es sind aber immer noch die gleichen Mandanten und die gleichen Aufgaben". "Wir haben einen neuen Prozess – und gleichzeitig bleiben viele Dinge gleich. Wir sind im gleichen Gebäude, sind dieselben Menschen und haben die gleichen Aufgaben."

Feedback:

Menschen wollen Feedback – natürlich nur, wenn es wertschätzend ist. Hierzu gehören sowohl Dinge, die gut sind als auch "Entwicklungsthemen". Führungskräfte, die viel Feedback geben, erzielen mit ihrem Team bessere Ergebnisse und sind im Schnitt beliebter!

Grund Nr. 4: Wertschätzung

Wie wichtig Wertschätzung ist, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Wenn Sie möchten, dass Ihr Bemühen darum, dass die Wertschätzung für Mitarbeiter auch die gewünschte Wirkung erzielt, dann unterscheiden Sie nach unterschiedlichen Formen der Anerkennung.

Die offensichtlichste Form der Anerkennung ist das gesprochene Wort in Form von Lob. Jedoch gibt es auch Menschen, die sich von anderen Formen der Anerkennung stärker angesprochen fühlen. Diese kann – neben dem direkten Lob – auch bestehen in:

  • einem wirklichen Zuhören;
  • dass man Zeit mit der Person verbringt;
  • eine kleine Aufmerksamkeit in Form eines Präsents überreicht;
  • Berührung.

Zu Letzterem: Selbstverständlich nur in passender Form, etwa in Form eines Handreichens, eines Schulterklopfens oder – je nach Kanzleikultur und Verhältnis – ein "High 5" oder eine Umarmung. Die Empfehlung besteht darin, darauf zu achten, wer auf welche Form der Anerkennung in welcher Weise anspricht und selbstverständlich nichts zu tun, das unpassend ist.

Grund Nr. 5: Stimmung und Beziehungen

Natürlich können gute Beziehungen und Vertrauen nur im Laufe der Zeit entstehen. Dieses Thema in der Tiefe im Rahmen dieses Beitrags zu behandeln, würde den Rahmen sprengen. Jedoch gilt: Jedes Mal, wenn man eine Zusage einhält, zahlt man auf das Vertrauenskonto ein. Jedes Mal, wenn man eine (kleine oder große) Zusage nicht einhält, reduziert sich das Vertrauen, das die andere Person in einen hat.

Die Stimmung kann man zum Glück relativ einfach – zumindest für den Moment – positiv beeinflussen: Lächeln Sie, machen Sie mal einen Spaß, bringen Sie eine gewisse Lockerheit rein (ohne sich zu verstellen oder krampfhaft lustig sein zu wollen). Loben Sie Mitarbeiter gerne auch für Beiträge zur Atmosphäre einzeln. Loben Sie auch gerne im Kollektiv für den Zustand, den Sie haben beziehungsweise haben wollen.

Grund Nr. 6: Fehlende Entwicklung und Perspektive

Nicht nur Überforderung ist ein Problem, sondern auch Unterforderung. Eine Unterforderung kann auf zahlreiche Weisen entstehen: Durch Leerlauf (meistens nur bei Personen, die noch in der Einarbeitung sind) oder dadurch, dass man in der Lage wäre, Anspruchsvolleres zu übernehmen. Beides gilt es zu verhindern. Zudem gibt es eine leichte Zunahme der Kündigungen im Zeitraum von 3 bis 5 Jahren nach der letzten signifikanten Veränderung des Verantwortungsbereichs (Eintritt in die Kanzlei, Übernahme eines neuen Aufgabenbereichs, Ende der Ausbildung, Übernahme zahlreicher neue Mandate etc.).

Dies führt dann oft zu Kündigungen, die einen "kalt" erwischen – von einer Person, bei der man keine Anzeichen hatte, die seit Jahren zuverlässig ihre Arbeit macht. Oft bekommt man dann eine unkonkrete Begründung wie "ich hatte das Gefühl, dass es Zeit für etwas Neues ist" – damit kann man dann als Führungskraft meist nicht viel anfangen, hätte es aber in vielen Fällen verhindern können – beispielsweise dadurch, dass man auch den Aspekt der möglicherweise fehlenden Entwicklung im Auge hat und hierzu entsprechende Angebote macht. Dies kann reichen von einer Fortbildung, einem teilweisen Wechsel des Aufgabengebiets bis zur Verantwortung für ein Projekt oder neue Mitarbeiter.

Ein besonderes Problem in manchen Kanzleien ist, dass die Mitarbeiter in Bezug auf die Nachfolgeplanung im Unklaren sind. Die daraus resultierende Unsicherheit erhöht oft die Empfänglichkeit für Optionen außerhalb der bisherigen Kanzlei. Nur weil Sie als Kanzleileitung einen groben oder gar konkreten Plan im Kopf haben oder Sie gut mit der Unklarheit gut leben können, ist das Sicherheitsbedürfnis im Team nicht automatisch erfüllt.

Fazit

Zusammenfassend: Man kann nicht jeden Weggang verhindern. Aber: Man kann den Löwenanteil der vermeidbaren Fluktuation vermeiden! Wenn Sie auf die obigen Faktoren achten, stehen die Chancen gut, dass Ihnen das gelingt und Sie somit teure Fluktuation tatsächlich zu vermeiden.

Zusatzservice

Gerne können Sie als Zusatzservice – ohne Berechnung – unser Frühwarn-System zu drohender Fluktuation nutzen. Dieses ermöglicht Ihnen nicht nur eine frühzeitige Erkennung drohender Fluktuation, sondern auch eine valide Messung der Mitarbeiterzufriedenheit mit nur wenigen Minuten Aufwand und hieraus entscheidende Erkenntnisse abzuleiten – sowohl in Form von Treibern einer hohen Zufriedenheit als auch Faktoren eventueller Unzufriedenheit).

Klicken Sie hierzu auf www.simple-first.de/Fluktuation


Zur Person:

Zach DavisZach Davis ist Experte für Kapazitätsengpässe, Zeitintelligenz und Mitarbeitergewinnung, Vortragsredner des Jahres 2011, erfolgreicher Speaker und Berater. Als Coach unterstützt er Steuerkanzleien dabei, mehr Mitarbeiter zu gewinnen, sowie produktiver und profitabler zu werden. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer der Simple First Consulting GmbH (www.simple-first.de)