23.01.2019 | Studie
Ein Forschungsprojekt an der Universität Hohenheim untersucht seit 2016, in Kooperation mit der slowenischen Finanzbehörde, welche Auswirkungen die Androhung eines Prangers und der tatsächliche Pranger auf die Zahlung von Steuerschulden aus der Bevölkerung haben.
Steuerschulden sind nicht nur ärgerlich – sie können auch schwerwiegende Folgen haben wie die Staatsschuldenkrise seit 2010 in Griechenland beweist. Doch das Eintreiben fehlender Steuergelder ist teuer und aufwendig. Als kostengünstig und leicht umzusetzen präsentieren sich Alternativen wie das zum Beispiel in Slowenien seit März 2012 geprobte „Public Shaming“: ein sozialer Pranger, der Steuerschuldner namentlich auflistet und von allen online eingesehen werden kann. Richtig eingesetzt kann das Instrument hilfreich sein – so die Ergebnisse eines Forschungsprojektes der Universität Hohenheim in Stuttgart, für das die Universität mit der slowenischen Finanzbehörde kooperiert. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt der Universität mit insgesamt 217.360 Euro.
Pranger effektiv, aber...
Der Online-Pranger der Finanzbehörde sorgte in Slowenien für Aufsehen, und die gesammelten Daten lieferten eindeutige Ergebnisse.
„Unternehmen und Selbständige haben ihre Steuerschulden aufgrund des Prangers deutlich reduziert.“ so Prof. Dr. Nadja Dwenger. Hier sei es vor allem die Androhung des Prangers gewesen, die zu einer gehäuften Zahlung von Steuerschulden geführt habe: „Bei vielen Firmen und Selbständigen genügte schon die Aussicht eines Public Shamings, um sie zum Handeln zu bewegen. Wer zurückzahlen konnte, zahlte auch. Besonders Dienstleister, die in engem Kontakt mit Endverbrauchern stehen, haben stark reagiert.“
Nicht jeder Steuerschuldner jedoch gelange automatisch auf die Online-Liste. Es musste für länger als 90 Tage ein Steuerschuldenrückstand von mehr als 5.000 Euro vorliegen.
...wohlfahrtsökonomisch fragwürdig
So effektiv die Strategie des Public Shamings auch ist – sie birgt Schwierigkeiten. „Viele Steuerpflichtige haben im Vorfeld zur Gesetzeserlassung gezahlt, wenn sie konnten“, erklärt die Expertin. „Und darin liegt auch ein Problem: Denn nur wer es sich leisten konnte, zahlte. Als Resultat stehen eher Unternehmen mit Finanzierungsschwierigkeiten auf den öffentlich einzusehenden Listen. Die öffentliche Liste ist natürlich nachteilig für ihre Reputation und somit auch für den Betrieb und mögliche zukünftige Aufträge.“
Ein weiteres Problem: Um dem Public Shaming zu entgehen, zahlten viele Firmen aus Angst vor möglichen negativen geschäftlichen Konsequenzen und konnten anstehende Rechnungen nicht bezahlen. Wohlfahrtsökonomisch könne ein Pranger einer Ökonomie so auch Schaden zufügen.
Sozialer Druck als wichtiger Faktor zur Steuerehrlichkeit
Online Pranger erfreuen sich bei den Steuerbehörden dennoch großer Beliebtheit, um Bürgerinnen und Bürger zu Steuerehrlichkeit und Steuerzahlungen zu bringen, so die Hohenheimer Expertin. „Ein gewisser sozialer Druck ist ein wichtiger Faktor bei der Steuerehrlichkeit. Außerdem geben die Online-Listen den Steuerbehörden ein kostengünstiges Werkzeug in die Hand, das – richtig eingesetzt – funktioniert.“
Zum einen sollten Betroffene genug Zeit für die Zahlung ihrer Steuerschulden haben. Zwischen der Bekanntmachung und Durchsetzung der Gesetze sollte demnach ein entsprechend angemessener Zeitraum liegen.
Jährliche Public Shaming-Listen nachhaltiger
Außerdem muss nicht wie in Slowenien jeden Monat eine öffentliche Liste der Steuerschuldner erscheinen. Eine Liste pro Jahr hätte zwei Vorteile. Zum einen würde sie Steuerschuldnern genug Zeit geben, ihre Schulden zu zahlen. Zum anderen wäre sie dauerhaft ein stärkeres Instrument. „Derzeit veröffentlicht die Finanzbehörde in Slowenien jeden Monat eine Public Shaming-Liste“, erklärt Prof. Dr. Dwenger. „Das Interesse oder die abschreckende Wirkung des Prangers verlor sich bereits in wenigen Monaten. Ein jährlicher Pranger würde seine abschreckende Wirkung länger behalten.“
(Univ. Hohenheim / STB Web)
Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 23.01.2019, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.