27.02.2015 | Internationaler Wettbewerb

ZEW-Studie zur Unternehmensbesteuerung in Europa

Eine Reihe von europäischen Staaten besteuern Unternehmenseinkünfte aus Patenten, Marken oder Urheberrechten deutlich geringer als andere Unternehmenserträge. Ein staatlicher Steuerverzicht bei immateriellen Wirtschaftsgütern ist für den Fiskus jedoch ein zweischneidiges Schwert.

Der Steuerverzicht bei immateriellen Wirtschaftsgütern - "Intellectual Property (IP) Box Regime" genannt soll Unternehmen ein Anreiz sein, in inländische Forschung und Entwicklung zu investieren und die Gewinne daraus auch hier zu versteuern. Seit dem Jahr 2000 haben dreizehn europäische Staaten IP Box Regime eingeführt: Belgien, Frankreich, Großbritannien, Liechtenstein, Luxemburg, Malta, die Niederlande, der Schweizer Kanton Nidwalden, Portugal, Spanien, Ungarn, Zypern sowie zu Beginn des Jahres 2015 Italien. Die Steuersätze der dreizehn Regime variieren deutlich: Sie liegen zwischen null Prozent in Malta und 16,76 Prozent - einschließlich Aufschlägen - in Frankreich.

Spätere Verlagerung in Niedrigsteuerländer als Problem

Allerdings erweist sich diese Sonderbehandlung als zweischneidiges Schwert: Die meisten IP Box Regime in Europa, so eine aktuelle Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Kooperation mit der Universität Mannheim, machen es multinationalen Unternehmen in der Praxis möglich, Steuern auf Einkünfte aus immateriellen Wirtschaftsgütern zu sparen, ohne tatsächlich in Forschung und Entwicklung zu investieren. Denn für Unternehmen ist es relativ einfach, ihre effektive Steuerbelastung erheblich zu senken, indem sie Einkünfte aus immateriellen Wirtschaftsgütern - das Ergebnis von Forschung und Entwicklung - in Niedrigsteuerländer verlagern. Diese Gemengelage stellt die EU-Steuergesetzgeber vor die Frage, wie sie die Besteuerung solcher Einkünfte ausgestalten müssen.

Lückenhafte Ausgestaltung der Regelungen ermöglichen Steuerplanung

Die Gefahr schädlicher Steuerpraktiken für den Fiskus rührt daher, dass die Steuerbegünstigung laut der ZEW-Studie nicht auf selbsterstellte immaterielle Wirtschaftsgüter beschränkt ist. Mit Ausnahme von Belgien, den Niederlanden und Portugal ermöglichen die IP Box Regime vielmehr auch niedrige Steuerbelastungen für erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter. Zudem müssen Unternehmen nicht zwangsweise in Forschung und Entwicklung im Inland investieren, um von der steuerlichen Begünstigung zu profitieren. Daher können IP Box Regime zwar tatsächlich zu höheren heimischen Forschung und Entwicklung-Investitionen führen - wie von politischer Seite beabsichtigt. Zwingend ist das aber nicht. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die lückenhafte Ausgestaltung vieler IP Box Regime deren Ausbeutung im Zuge von Steuerplanungsmodellen mancher multinationaler Unternehmen erst ermöglicht. Ein Instrument zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung sind IP Box Regime jedenfalls nicht, schlussfolgern die Forscher.

(ZEW / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 27.02.2015, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.