17.12.2014 | Bundesverfassungsgericht entscheidet
Die Steuerprivilegien für Betriebsvermögen verstoßen in ihrer derzeitigen Form gegen das Grundgesetz, entschied heute das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Der Gesetzgeber muss jetzt bis 30. Juni 2016 eine Neuregelung schaffen.
Es liegt im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers, kleine und mittlere Unternehmen, die in personaler Verantwortung geführt werden, zur Sicherung ihres Bestands und zur Erhaltung der Arbeitsplätze steuerlich zu begünstigen. Die derzeitige Privilegierung betrieblichen Vermögens ist jedoch unverhältnismäßig und nicht vereinbar mit dem Gleichheitssatz aus Artikel 3 Grundgesetz.
Bundesfinanzhof zweifelte bereits an der Verfassungsmäßigkeit
Der Kläger, der das Verfahren ins Rollen gebracht hatte, hatte 50.000 Euro geerbt. Das Erbe setzte sich aus Guthaben bei Kreditinstituten und einem Steuererstattungsanspruch zusammen. Das Finanzamt setzte die Erbschaftsteuer mit einem Steuersatz von 30 Prozent nach Steuerklasse II fest: 9.000 Euro. Der Kläger sah sich gegenüber Unternehmenserben benachteiligt. Seine Klage, mit der er eine Herabsetzung der Steuer erreichen wollte, blieb erfolglos. Im Revisionsverfahren hat der Bundesfinanzhof dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 19 Abs. 1 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) in Verbindung mit §§ 13a und 13b verfassungswidrig ist.
Bundesverfassungsgericht kippt Privilegien für Unternehmen
Das Bundesverfassungsgericht hat nun in seinem Urteil vom 17.12.2014 (Az. 1 BvL 21/12) entschieden, dass die Verschonungsregelungen der § 13a und § 13b ErbStG für Betriebsvermögen, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und Anteile an Kapitalgesellschaften jeweils in Verbindung mit § 19 Absatz 1 ErbStG nicht mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes vereinbar sind. Ebenfalls unverhältnismäßig seien die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten von der Einhaltung einer Mindestlohnsumme und die Verschonung betrieblichen Vermögens mit einem Verwaltungsvermögensanteil bis zu 50 Prozent. Zudem verstoßen die §§ 13a und 13b ErbStG auch dahingehend gegen die Verfassung, als sie Gestaltungen zulassen, die zu nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlungen führen.
Rechtsfolgen für die Anwendung
Der Gesetzgeber muss nun bis zum 30. Juni 2016 nachbessern, das derzeitige Gesetz wird bis zum Inkrafttreten der Neuregelung weiter angewendet. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber aber ausdrücklich erlaubt, die überbegünstigenden Regelungen rückwirkend aufzuheben - damit begründen die §§ 13 a, 13 b ErbStG mit sofortiger Wirkung keinen Vertrauensschutz mehr. Bis zur Veröffentlichung einer Neuregelung ist auf der Basis der heutigen Entscheidung keine rechtssichere Schenkungsteuerplanung mehr möglich. Darauf weist der Bundesverband der Steuerberater (BVStB) hin.
(BVerfG / STB Web)
Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 17.12.2014, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.