08.05.2024 | Bundesfinanzhof
Der Beginn des Begünstigungszeitraums für die Einkommensteuerermäßigung bei Belastung mit Erbschaftsteuer beginnt mit Entstehung der Erbschaftsteuer und damit regelmäßig mit dem Tod des Erblassers. Dies hat der Bundesfinanzhof in einem interessanten Fall entschieden.
Das Einkommensteuergesetz (EStG) enthält eine Regelung zur Ermäßigung der Einkommensteuer bei Belastung mit Erbschaftsteuer. Liegen danach Einkünfte vor, die im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen vier Veranlagungszeiträumen als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben, so wird auf Antrag die Einkommensteuer ermäßigt (§ 35b Satz 1 EStG).
Wie der Bundesfinanzhof (BFH) nun entschieden hat, beginnt der diesbezügliche Begünstigungszeitraum mit Entstehung der Erbschaftsteuer und damit regelmäßig mit dem Tod des Erblassers.
Langjährige Erbenermittlung
Im entschiedenen Fall ist der Kläger Alleinerbe einer 2010 verstorbenen Person, zu deren Nachlass unter anderem zwei Beteiligungen an Kommanditgesellschaften gehörten. Aufgrund einer nahezu sechs Jahre andauernden Erbenermittlung in einem mehrinstanzlichen Erbscheinverfahren sowie personeller Engpässe im Nachlassgericht wurde erst im März 2016 der Erbschein ausgestellt.
Im Erbschaftsteuerbescheid vom 17.11.2016 wurde Erbschaftsteuer festgesetzt. Die Erbschaftsteuer hatte der Kläger bereits Ende Dezember 2016 entrichtet.
Späte Erlangung der tatsächlichen Verfügungsgewalt
Mit Wirkung zum 1.1.2017 veräußerte der Kläger die KG-Beteiligungen. In seiner Einkommensteuererklärung für 2017 machte der Kläger hinsichtlich dieser Veräußerungen die Steuerermäßigung nach § 35b EStG geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab. Zwischen dem Tod der Erblasserin und der Veräußerung der KG-Beteiligungen seien rund sechs Jahre vergangen. Auf den Zeitpunkt der Festsetzung der Erbschaftsteuer, der Erlangung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über den Nachlass oder der Zahlung der Erbschaftsteuer komme es nicht an.
Dennoch gilt der fünfjährige Ermäßigungszeitraum
Da es mit der Zeit immer schwieriger werde, die im Veräußerungszeitpunkt noch bestehenden stillen Reserven zu ermitteln, die bereits der Erbschaftsteuer unterlegen hätten, sei aus Gründen der Praktikabilität ein fünfjähriger Zeitraum relevant.
Der Kläger argumentierte, dass es stattdessen auf den Zeitpunkt der Belastung durch die Erbschaftsteuer ankommen müsse, hatte jedoch vor dem Finanzgericht keinen Erfolg. Auch die Revision zum BFH scheiterte. Nach ausgiebiger Auseinandersetzung mit dem Gesetzeswortlaut, stellt der BFH in seinem Urteil vom 28.11.2023 (Az. X R 20/21) fest, dass der Ermäßigungszeitraum zu einem klar definierten Zeitpunkt beginnen muss, der einfach feststellbar ist, aber auch über den Einzelfall hinaus eine gewisse Gleichmäßigkeit der Besteuerung gewährleistet. Dies sei regelmäßig der Entstehungszeitpunkt der Erbschaftsteuer, meist also der Todestag des Erblassers oder der Erblasserin.
(BFH / STB Web)