24.04.2013 | Artikel
Von RA/StB Dr. Joerg Andres, Fachanwalt für Steuerrecht, Düsseldorf *
Der stetige Ankauf sog. Steuer-CDs durch die Finanzverwaltung und die teils massive Vorgehensweise ausländischer Banken, die ihre Kunden zur Steuerehrlichkeit ermahnen, bewegt mittlerweile viele deutsche Steuerpflichtige, die eigenes Vermögen im Ausland deponiert haben, zum Umdenken. Noch differenzierter zu betrachten ist die Situation, wenn das von einem verstorbenen Verwandten angehäufte ausländische Vermögen im Zuge eines Erbfalls auf einen oder mehrere Dritte übergeht, von denen zumindest einer beabsichtigt, eine Selbstanzeige zu erstatten.
Erben, die im ererbten Nachlass nicht selten auch ausländisches Geldvermögen vorfinden und bei denen die Ausschlagungsfrist von sechs Wochen bereits abgelaufen ist, werden bei entsprechender Beratung von der Auskunft überrascht, dass sie als sog. Gesamtrechtsnachfolger – von heute auf morgen – in die steuerlichen Erklärungspflichten des Erblassers hineingewachsen sind, ohne dass sie hierauf einmal aufmerksam gemacht wurden.
Diese Erklärungspflichten können u.U. sehr weitreichend sein und ab Kenntniserlangung schon nach überschaubar kurzer Zeit in eine Steuerstraftat durch Unterlassen einmünden. Dabei umfassen die Nacherklärungspflichten nicht nur bislang geheim gehaltene Zinseinkünfte des Erblassers, die als Ertrag i.d.R. noch im Nachlass enthalten sind, sondern können auch in der Vergangenheit vom Erblasser durchgeführte steuerpflichtige Schenkungsvorgänge betreffen, die u.U. deutlich mehr als 10 Jahre zurückliegen. Wie kann es zu einer solchen Situation kommen?
Der Festsetzungsverjährung kommt im Bereich des Steuerverfahrensrechts besondere Bedeutung zu. Dies vor allem deshalb, weil diese Form der Verjährung im Gegensatz zum Privatrecht keine bloße Einrede darstellt. Die Finanzbehörde ist vielmehr verpflichtet, die Verjährung von Amts wegen zu beachten, da der Steueranspruch gemäß §§ 47 i.V.m. 232 AO durch den Eintritt der Festsetzungsverjährung zum Erlöschen kommt. Nach diesem Zeitpunkt ist die Festsetzung der Steuer daher nicht mehr zulässig (vgl. § 169 Abs. 1 S. 1 AO).
Im Falle der Erbschaft- und Schenkungsteuer gilt grundsätzlich die vierjährige (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO) Festsetzungsfrist. § 170 Abs. 1 AO zufolge beginnt der Lauf der Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist. Gemäß § 170 Abs. 5 Nr. 1 AO beginnt der Lauf der Festsetzungsfrist bei der Erbschaftsteuer, d.h. bei einem Erwerb von Todes wegen, jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat. Etwas anderes gilt hingegen im Falle einer Schenkung: Nach § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO beginnt die Festsetzungsfrist erst dann, wenn der Schenker das Zeitliche gesegnet oder das Finanzamt von der Schenkung Kenntnis erlangt hat. Liegt der Fall so, dass der Erblasser eine Schenkung an einen Dritten ausgeführt hat, der später von dem Erbfall mangels Erbanspruch nicht betroffen wurde, wird man dem Erben nur dann einen strafrechtlichen Vorwurf machen können, wenn er von dieser Schenkung wusste oder dies jedenfalls später erfahren hat und das dann gleichwohl dem Finanzamt nicht anzeigt.
Liegt der Fall jedoch so, dass die Schenkung damals bereits an den späteren Erben erfolgte und dieser selbst weder eine Schenkungsteuererklärung abgegeben oder später in der Erbschaftsteuererklärung diese Vorschenkung erwähnt hat, so besteht zu Lasten dieses Erben grds. eine Nacherklärungspflicht und zwar sowohl in seiner Funktion als Erbe, als auch in seiner Funktion als ursprünglich Begünstigter der Schenkung.
Zwar ist der Erbe grundsätzlich nicht verpflichtet, sich in strafrechtlicher Hinsicht selbst zu belasten. Dieser Aspekt hilft im Zuge der Abgabe einer Selbstanzeige aber nur bedingt. Unterbleibt eine solche berichtigende Erklärung im Rahmen einer erstatteten Selbstanzeige, kann dies zur partiellen Unwirksamkeit der abgegebenen Selbstanzeige führen und somit die vom Anzeigenden erhoffte Strafbefreiung u.U. zunichte machen.
Die durch die zunehmend in allen Medien kommunizierten CD-Käufe weiter steigende Anspannung derer, die in den vergangenen Jahren insbesondere Auslandsvermögen nicht oder nicht vollständig gegenüber der Finanzverwaltung offengelegt haben, erzeugt teilweise großen zeitlichen Druck auf reuige Steuerpflichtige und deren Angehörige im Falle eines Erbfalls.
Selbst bei gebotener Eile sollte vor Abgabe einer Selbstanzeige nicht nur in einkommensteuerlicher, sondern gerade auch in schenkung- und erbschaftsteuerlicher Hinsicht genau geprüft werden, ob ggf. hier weitere Erklärungspflichten bestehen, die die Wirksamkeit der Abgabe einer Selbstanzeige nachhaltig zu beeinflussen vermögen. Auch insoweit ist Betroffenen dazu zu raten, nicht überstürzt Selbstanzeigen zu formulieren, sondern diese zuvor mit einem versierten Berater abzustimmen.
* Zum Autor:
Dr. Joerg Andres ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater (www.andresrecht.de) in Düsseldorf und Beirat der Advocatax Steuerberatungsgesellschaft mbH, Düsseldorf. Er ist spezialisiert auf die Bereiche Erbrecht, Steuerverfahrens- und Gesellschaftsrecht. Zudem ist er langjähriger Dozent und Autor u.a. für Erbschaftsteuer-, Steuerstraf- und -verfahrensrecht. Er ist als Professor für Wirtschafts- und Steuerrecht an der FOM Hochschule für Oekonomie und Management, Standort Düsseldorf, tätig und leitet das dortige Kuratorium.
(STB Web)
Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 24.04.2013, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.