24.10.2012 | US-Steuerrecht

US-Gesetz FATCA – eine Herausforderung für die Steuerberaterpraxis?

Von Viola C. Didier * / Interview mit RA Andreas Ruckes, LL.M.

Mit dem Foreign Account Tax Compliance Act – kurz FATCA – tritt zum 1. Januar 2013 ein US-Steuergesetz in Kraft, das die ganze Finanzwelt in Aufruhr versetzt. FATCA soll dem US-Fiskus helfen, Schwarzgelder aufzuspüren und betrifft jeden, der Zahlungen aus US-Quellen erhält.

Weltweit sollen Finanzinstitute mit der amerikanischen Bundessteuerbehörde IRS einen Vertrag abschließen und sich zur Offenlegung verpflichten, ob sich in den USA steuerpflichtige Personen unter ihren Kunden befinden. Zudem sollen sie Auskunft über deren Konten geben. Schließt ein Finanzinstitut keinen Vertrag mit dem IRS, droht ein 30%iger Quellensteuerabzug – eine Strafsteuer quasi – für alle regelmäßigen Einnahmen aus US-Quellen, wie beispielsweise Zinsen, Dividenden und Mieten, Erlöse aus der Veräußerung von Aktien, Schuldtiteln und anderen Wertpapieren, aber auch für Zahlungen aus indirekten US-Investments, wie etwa Investmentfondsanteilen.

Bilaterales Abkommen bringt mehr Rechtssicherheit in Deutschland

Das Bundesfinanzministerium hat deshalb im Juli dieses Jahres das „Musterabkommen zur Steuerehrlichkeit und Umsetzung des FATCA“ veröffentlicht. Es bildet die Grundlage für das neue bilaterale Abkommen zwischen Deutschland und den USA. Hiernach wird sich Deutschland verpflichten, die Erhebung der FATCA-relevanten Informationen bei deutschen Finanzinstituten selbst zu übernehmen. Eigene Vereinbarungen deutscher Finanzinstitute mit dem IRS werden dadurch entbehrlich und der Quellensteuerabzug entfällt. Die Umsetzung wird zeitnah im Rahmen bestehender Doppelbesteuerungs- bzw. Steuerinformationsabkommen erfolgen und auch Rechtsunsicherheiten in Bezug auf den Datenschutz beseitigen.

Doch was bedeuten all diese Veränderungen in der Finanzwelt für die Steuerberaterpraxis? Rechtsanwalt Andreas Ruckes, LL.M., stellvertretender Workstreamleiter Tax/Legal/Compliance des FATCA Projekts bei einer deutschen Großbank und Autor des Buches "FATCA: Foreign Account Tax Compliance Act", ist Experte in Sachen FATCA und erklärt, worauf aus Sicht des Steuerberaters jetzt zu achten ist.

Interview mit RA Andreas Ruckes, LL.M.:

STB Web:
Welche Mandanten werden typischerweise von FATCA betroffen sein?

Foto: Andreas Ruckes

Andreas Ruckes:
Zunächst einmal sind alle Finanzinstitute betroffen. Sie werden verpflichtet, ihre Kunden, die in den USA steuerpflichtig sein könnten, zu identifizieren. Im Fokus stehen dabei nicht nur normale Privatkunden, sondern vor allem auch betriebliche Kunden, die als Gesellschaft organisiert sind, wie z.B. GmbH, OHG, AG etc. Hinter diesen Rechtsformen vermuten die USA nämlich typischerweise US-Steuerpflichtige. Sind natürliche Personen mit mehr als 25% direkt oder indirekt an Unternehmen beteiligt, gelten sie als sogenannte Controlling Person und wären dann unter Umständen meldepflichtig, wenn sie ihrerseits einen US-Bezug besitzen.


STB Web:

Können Sie ein Beispiel dafür geben?

Andreas Ruckes:
Gerne: An der A-GmbH ist die B-AG zu 100% beteiligt. An der B-AG ist wiederum die natürliche Person P zu 26% beteiligt. P ist ultimativ wirtschaftlich Berechtigter der A-GmbH und damit Controlling Person. Ist P eine sogenannte specified US Person, ist er mit seinen Konten zu melden, ebenso die A-GmbH, an der er mittelbar beteiligt ist.

Es kommt dabei nicht auf die Größe des Unternehmens an. Auch eine Ein-Mann-GmbH fällt unter diese grundsätzliche Prüfpflicht. Hier wird das Finanzinstitut unter Umständen mittelfristig auf den Kunden zukommen.

STB Web:
Wie intensiv sollten sich Steuerberater jetzt mit dem Thema FATCA beschäftigen?

Andreas Ruckes:
Steuerberater benötigen keine vertieften Kenntnisse der Materie. Eine Einarbeitung in die sehr umfangreichen amerikanischen Regularien – immerhin mehr als 400 Seiten Verwaltungsanweisung – ist auch in der Regel nicht für den Steuerberater darstellbar. Allerdings empfiehlt sich die kursorische Auseinandersetzung mit dem oben erwähnten Musterabkommen, das hier heruntergeladen werden kann.

Steuerberater sollten dem Grunde nach einfach verstehen, welche Mandanten ab welchem Zeitpunkt betroffen sein könnten.

STB Web:
Genügt ein genereller Hinweis an betroffene Mandanten oder werden diese mehr Informationen von ihrem Steuerberater erwarten?

Andreas Ruckes:
Steuerberater sollten Mandanten mit US-Bezug im Rahmen der allgemeinen Beratung auf FATCA und die grundsätzlichen Probleme hinweisen. Unter Umständen müssen Beteiligungen bzw. Geschäftsbeziehungen zu Banken überprüft werden.  Ein pauschaler Hinweis an alle Mandanten ist aber nicht zu empfehlen, dies würde eher zu Verwirrungen führen.

STB Web:
Kann und sollte ein Steuerberater betroffenen Mandanten Strategien empfehlen, um zu reagieren? Beispielsweise Umschichtungen?

Andreas Ruckes:
Strategien zur Steueroptimierung zu entwickeln gehört zur Aufgabe eines jeden Steuerberaters. Allerdings sollte in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden, dass es für den Mandanten unter Umständen steuerlich attraktiver sein kann, seine möglicherweise bisher nicht der Besteuerung durch den IRS unterworfenen Anlagen nunmehr gegenüber dem IRS zu erklären. Es sollte nicht erst die Meldung des Mandanten durch sein Finanzinstitut an den IRS abgewartet werden.

STB Web:
Herr Ruckes, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Viola C. Didier.

 

* Autorin:

viola_didierViola C. Didier arbeitet in Stuttgart als freie Journalistin für Printmedien, Fachverlage, Online-Portale und Unternehmen. Ihre Spezialgebiete sind Recht und Steuern. Außerdem befasst sie sich mit den Themen Job und Karriere sowie Marketing, PR und Management. Viola C. Didier arbeitet darüber hinaus als freie Redakteurin und Fachlektorin. Die Juristin gründete 2003 das spezialisierte Redaktionsbüro RES JURA für Recht, Steuern und Wirtschaft.

 

(STB Web)

 

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 24.10.2012, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.