26.05.2010 | Beratertipp

Kirchenaustritt und seine steuerlichen Folgen

Von RAin Susanne Christ, Köln*

Kirchenaustritte hat es immer gegeben, jedoch ist ihre Zahl aufgrund der in den vergangenen Monaten bekanntgewordenen Missbrauchsfälle erheblich gestiegen. Mit dem Austritt aus der Kirche entfällt die Kirchensteuerpflicht, zu viel gezahlte Kirchensteuer wird bei der Einkommensteuerveranlagung erstattet. Das ist für sich gesehen sehr erfreulich. Aber Achtung: Durch die Erstattung kann sich nachträglich der Sonderausgabenabzug mindern, sodass auch eine Steuernachzahlung droht.

Kirchensteuererstattung versus Sonderausgabenabzug: Die Vorgehensweise der Finanzbehörde bei einem Kirchenaustritt gibt immer wieder Anlass für ; Klageverfahren bis hin zu den höchsten Gerichten. Das zeigt ein aktuell veröffentlichtes Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Sonderausgabenabzug von Kirchensteuer.

Der BFH hat diese Vorgehensweise gebilligt, weil er in der fehlenden Verrechnungsmöglichkeit im Jahr der Erstattung der Kirchensteuer ein rückwirkendes Ereignis sieht (Az. X B 32/09). Das berechtige die Finanzverwaltung auch nach Bestandskraft des Steuerbescheides, den Steuerbescheid zu Ungunsten des Steuerpflichtigen zu ändern. Diese Regelung gelte aber nur, soweit es im Erstattungsjahr keine Verrechnungsmöglichkeit gebe. Die Richter stellten dagegen klar, dass zunächst eine Verrechnung vorzunehmen ist, wenn sie möglich sei. Das müsse selbst dann geschehen, wenn sich der Sonderausgabenabzug im Jahr der Kirchensteuerzahlung wegen eines damals erzielten Verlustes gar nicht einkommensteuermindernd ausgewirkt habe.

Hier daher ein kurzer Überblick, wie das steuerliche Prozedere bei einem Austritt derzeit aussieht:


Wegfall der Kirchensteuerpflicht

RAin Susanne Christ

Mit dem Wirksamwerden des Austritts endet die Kirchensteuerpflicht. Der Zeitpunkt, wann der Austritt wirksam wird, richtet sich nach den Bestimmungen, die in den Kirchensteuergesetzen der Länder enthalten sind. Diese Vorschriften sind nicht bundeseinheitlich geregelt. Der Austritt wird durch eine Austrittsbescheinigung bestätigt, die entweder sofort übergeben oder einige Tage später per Post übersandt wird.

Hinweis: Auch die Frage, bei welcher Stelle der Kirchenaustritt zu erklären ist und welche Gebühren für den Austritt erhoben werden - sie liegen zwischen 0,00 und 31 Euro - richtet sich nach den landesrechtlichen Vorschriften. 

Endet die Kirchensteuer im Laufe eines Kalenderjahres, sind für jeden Monat, in dem noch die Mitgliedschaft bestand, 1/12 der Kirchensteuer, die bei einer ganzjährigen Mitgliedschaft zu zahlen wäre, zu zahlen. Bei Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit oder aus Gewerbebetrieb ist somit der Jahresgewinn maßgebend und nicht die Gewinne, die während der Mitgliedschaft erzielt wurden.


Steuernachzahlungen wegen rückwirkender Änderung des Sonderausgabenabzugs

Kirchensteuern mindern im Jahr ihrer Zahlung als Sonderausgaben die Einkommensteuer. Kommt es, etwa wegen des Austritts aus der Kirche, zu einer Kirchensteuererstattung, ist diese Erstattung grundsätzlich im gleichen Jahr mit der dann zu zahlenden Kirchensteuer zu verrechnen. Ist eine Verrechnung nicht möglich, weil keine Kirchensteuer mehr - etwa wegen des Austritts - festzusetzen ist, wird die Erstattung rückwirkend mit der Kirchensteuer verrechnet, für die die Erstattung gezahlt wurde.

Dazu ein Beispiel: Alfred Müller tritt im März 2007 aus der Kirche aus. Seine Einkommensteuervorauszahlungen ließ er nicht anpassen und zahlte so für das ganze Jahr Kirchensteuer in Höhe von 2.400 Euro. Dieser Betrag wurde bei der Einkommensteuerveranlagung 2007 als Sonderausgabe abgezogen. 2009 werden ihm davon 1.800 Euro für 2007 erstattet. Da aufgrund seines Austritts aus der Kirche im Jahr 2009 keine (neue) Kirchensteuer festgesetzt wird, wird der Erstattungsbetrag rückwirkend bei der Einkommensteuerveranlagung 2007 verrechnet. Im Ergebnis werden für 2007 nur noch 600 Euro als Sonderausgaben anerkannt. Dies führt nachträglich zu einer Steuernachzahlung für das Jahr 2007.

Steuerberater sollten es sich zur Gewohnheit machten, Mandanten sofort auf die rückwirkende Verrechnungsmöglichkeit hinzuweisen, wenn sie über einen Kirchenaustritt informiert werden. So hat der Mandant die Möglichkeit, sich frühzeitig auf die Steuernachzahlung für ein vermeintlich längst abgeschlossenes Jahr einzustellen.

 

* Über die Autorin:

Susanne Christ ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht. Sie führt eine eigene Steuer- und Wirtschaftskanzlei in Köln. Sie ist langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und Dozentin in den Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer.
mailto:s.christ@netcologne.de

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 26.05.2010, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.