28.09.2023 | Fachartikel

Das Metaverse – Hype oder Chance für künftigen Kanzleierfolg?

Teletax

Von Bernhard Lang, Wolters Kluwer *

Der Begriff Metaverse geistert seit geraumer Zeit und immer öfter durch die Medien. Viele Unternehmen und Kanzleien sind interessiert an den Möglichkeiten, die das Metaverse bietet, gleichermaßen geht das Thema bislang an den meisten vorbei. Dieser Artikel soll einen Überblick geben, was das Metaverse ist, welche Einsatzmöglichkeiten heute sinnvoll sind und welche Perspektiven es für Steuerkanzleien mit sich bringt.

Foto: Bernhard Lang / Quelle: Wolters Kluwer
Foto: Bernhard Lang / Quelle: Wolters Kluwer

Das Metaverse kann man sich als virtuelle Umgebung vorstellen, in der man mit anderen Teilnehmern mittels eines Avatars interagiert. Dabei gibt es vielseitige Interaktionsmöglichkeiten in verschiedenen Umgebungen. Es können unterschiedliche Räume und Gebäude betreten, das Aussehen des Avatars verändert, Gespräche geführt oder Inhalte geteilt werden. Durch die Möglichkeiten der Virtual Reality (VR) wird diese Art der Immersion so gestärkt, dass man sich nach einiger Zeit als Teil der Umgebung sieht und die Grenzen zwischen Realität und virtueller Realität verschwimmen.

Ursprung in der Gamingwelt

Das Szenario Metaverse hat durch die Gamingwelt eine größere Bekanntheit erlangt - vor allem durch das Computerspiel „Fortnite“, indem man einen fiktiven Charakter durch eine offene Welt steuert. In der „Fortnite“-Welt gab es bereits erste Ansätze der Monetarisierung oder der Nutzung des Metaverse-Ansatzes zu Geschäftszwecken: Aufgrund vieler hundert Millionen registrierter Spielerinnen und Spieler entschied sich Marvel besondere Figuren und „Skins“ aus seinem Superheldenuniversum unterzubringen, um einen „Avengers“-Film zu bewerben.

Anwendungsbeispiele

Es gibt bereits einige Anwendungsfälle im B2B- und im B2C-Bereich. Dazu trägt einerseits die immer bessere Hardwareausstattung der Unternehmen bei, andererseits die wachsenden Internetgeschwindigkeiten: Denn Metaverses sind Cloudlösungen, welche das gemeinsame Interagieren über Ländergrenzen hinweg ermöglichen – aber eben auch hohe Anforderungen an Grafikkarten, Rechenleistung und Internetverbindungen stellen.

Ein konkretes Beispiel für die Monetarisierung des Metaverse sind Unternehmen, die individuelle digitale Welten für Unternehmen bauen. Dabei werden digitale Shops erstellt in denen Showrooms existieren. Nutzerinnen und Nutzer können sich innerhalb dieser virtuellen Welt nicht nur bewegen, sondern gleich den Artikel als digitales Abbild betrachten und direkt kaufen. Diese Anwendungen zeigen – etwa für den Commerce-Bereich – was möglich ist.

Szenarien für Steuerkanzleien

Für Steuerkanzleien sind ebenfalls Szenarien denkbar: Erste Anbieter ermöglichen den Kauf virtueller Grundstücke. Es wäre also möglich eine Kanzlei im Metaverse zu eröffnen und so Mandanten innerhalb dieser digitalen Welt zu betreuen.

Selbstverständlich können Kanzleien schon heute digitale Meetings über verschiedene Lösungen organisieren, doch geht die Metaverse-Erfahrung darüber hinaus. Zudem ist davon auszugehen, dass das Metaverse wächst und sich mehr Unternehmen dort positionieren und Privatpersonen dort aufhalten. Das Metaverse symbolisiert nämlich nicht nur eine virtuelle Welt, sondern ebenfalls eine neue, greifbarere Ebene des Internets. So könnte eine Kanzlei ihre Dienstleistungen sehr gut darstellen und unabhängig vom Standort das digitale Abbild nach eigenen Wünschen gestalten. Das bedeutet für jede Kanzlei einen Imagegewinn als moderner und digitaler Partner der Mandantschaft.

Mandantenveranstaltungen

Dasselbe gilt beim Thema Mandantenveranstaltungen: Wenn viele Mandanten geographisch auseinanderliegen, wäre eine Mandantenveranstaltung im Metaverse durchaus ein Mittel, um sie ohne Raumkosten, Anreise und Catering durchzuführen. Ganz unabhängig davon, dass die Betreuung der Mandantschaft durch das Metaverse die Akquise von Mandanten ermöglicht, die nicht in der Umgebung sitzen – Steuerberater sind dann virtuell „vor Ort“. Eine Chance für neue Geschäftsmodelle.

Wolters Kluwer Tax & Accounting hat Ende 2022 virtuelles Land und Immobilien auf den Blockchain-basierten Plattformen Decentraland und Somnium Space erworben (https://play.decentraland.org/?position=-28,144). Die Gebäude im Metaverse für virtuelle Meetings und Kundenveranstaltungen werden derzeit ausgebaut. Darüber hinaus entstehen Produkten und Dienstleistungen, die Arbeits- und Kooperationsprozesse in Unternehmen und Kanzleien optimieren und dadurch die Produktivität und Effizienz steigern.

Metaverse: Chancen und Risiken

Es gibt also bereits Metaverse-Szenarien mit denen sich Kanzleien besser positionieren und Innovationskraft vermitteln können – teilweise bestehen jedoch technische Limitationen.

Die oben genannten Anwendungsfälle zeigen: Das Metaverse eröffnet neue Möglichkeiten für eine bessere Mandantenbeziehung und zusätzliche Geschäfte. Zugleich müssen sich Kanzleien bewusst sein, dass es Herausforderungen und Risiken gibt.

Ein Beispiel sind die hohen Anforderungen an Hardware und Bandbreite: Zum einen sind auf Kanzlei- und möglicherweise Kundenseite erhebliche Investitionen in passende Brillen, Kameras, leistungsfähige Rechner und Co. nötig. Auch wenn Equipment mit steigender Beliebtheit günstiger werden könnte, sollten Kanzleien gründlich durchrechnen, welche Investitionen welchen Potenzialen gegenüberstehen. Zum anderen sind gerade im ländlichen Raum Bandbreiten ein Problem. Das schönste Metaverse ist unbrauchbar, wenn Mandanten eine ruckelnde, verpixelte „Welt“ vorfinden oder die Performance von Business-Anwendungen unzureichend ist.

Hinzu kommt: Jede Kanzlei sollte sich die Zeit nehmen, mögliche Anwendungsfälle und Mehrwerte für Kunden zu eruieren, bevor sie sich auf den Weg ins Metaverse begibt. Ein überstürzter Einstieg auf Basis unrealistischer Erwartungen ist nicht hilfreich. 

Fazit

Das Metaverse ist mehr als nur ein Begriff, mehr als nur ein Trend und doch ist die große Mehrheit der Unternehmen und Kanzleien auf geschäftlicher Ebene noch nicht mit ausreichenden Einsatzszenarien ausgestattet, um die Verfügbarkeit in die breite Masse zu bringen. Zu sehr wird das Metaverse noch mit Gamification in Verbindung gebracht oder aber als Spielerei abgetan. Neben dieser Sichtweise spielen Faktoren wie Internetgeschwindigkeit sowie Hardwareausstattung des Anwenders eine Rolle. Ein nicht unerheblicher Faktor, um beispielsweise ein nahtloses Event- oder Betreuungserlebnis zu ermöglichen. Trotz aller Widrigkeiten sollten Kanzleien die Entwicklung des Metaverse im Auge behalten: Umstände können sich schnell ändern und neue Möglichkeiten entstehen. Genau dann gilt es sich bereits damit befasst zu haben und die Chancen zum richtigen Zeitpunkt zu nutzen.

Autor

Foto: Bernhard Lang / Quelle: Wolters Kluwer Bernhard Lang ist Lead Product Manager bei der Wolters Kluwer Tax & Accounting Deutschland GmbH (www.wolterskluwer.de).

 

 


Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 28.09.2023, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.