04.11.2020 | FG Münster

Zur Aufhebung der Wegzugsbesteuerung nach Anteilsveräußerung

Teletax

Wie das Finanzgericht (FG) Münster entscheiden hat, setzt die Aufhebung der Wegzugsbesteuerung nach Anteilsveräußerung die Abgabe einer Steuererklärung im Zuzugsstaat voraus.

Ein Steuerbescheid, mit dem ein fiktiver Veräußerungsgewinn von Kapitalgesellschaftsanteilen aufgrund eines Wegzugs ins EU-Ausland festgesetzt wurde, wird aufgehoben, wenn die Anteile später zu einem niedrigeren Wert verkauft werden und die Wertminderung im Zuzugsstaat „nicht berücksichtigt“ wird (§ 6 Abs. 6 Satz 1 AStG). Nach dem Urteil des FG Münster vom 17. September 2020 (Az. 5 K 3356/17 E) greift diese Regelung jedoch nicht ein, wenn im Zuzugsstaat keine Steuererklärung abgegeben wird.

Fiktiver Veräußerungsgewinn und Stundung der Steuer

Die zusammenveranlagten Kläger zogen von Deutschland nach Österreich. Der Kläger hielt 50 Prozent der Gesellschaftsanteile an einer inländischen GmbH, deren gemeiner Wert zum Wegzugszeitpunkt höher war als die Anschaffungskosten. Das Finanzamt erfasste den sich daraus ergebenden fiktiven Veräußerungsgewinn und stundete die festgesetzte Steuer nach § 6 Abs. 5 AStG. Vier Jahre später veräußerte der Kläger die Anteile und erzielte hierbei einen niedrigeren Veräußerungsgewinn. Die Wertminderung war betrieblich bedingt. Aufgrund der Veräußerung widerrief das Finanzamt die Stundung.

Hiergegen argumentierten die Kläger, dass eine Berücksichtigung der Wertminderung in Österreich in Form von Verlustvorträgen ins Leere ginge, weil er nicht mehr erwerbstätig sei. Deshalb hätten sie in Österreich auch keine Steuererklärungen abgegeben.

Nichtberücksichtigung der Wertminderung im Zuzugsstaat muss nachgewiesen werden

Die Klage hatte jedoch keinen Erfolg. Zwar sei der tatsächlich erwirtschaftete Veräußerungsgewinn niedriger als der zuvor zugrunde gelegte fiktiven Veräußerungsgewinn, die Kläger hätten jedoch nicht nachgewiesen, dass die Wertminderung bei der Einkommensbesteuerung in Österreich nicht berücksichtigt worden sei. Eine solche Nichtberücksichtigung setze eine erfolglose Beantragung im Zuzugsstaat voraus.

Unerheblich sei, dass der Kläger keine in Österreich zu besteuernden Einkünfte erzielt habe und auch in Zukunft voraussichtlich nicht erzielen werde. Der Begriff der „Berücksichtigung der Wertminderung“ sei dahingehend weit auszulegen, dass auch die abstrakte Möglichkeit einer Berücksichtigung im Rahmen eines Verlustvortrages genüge.

Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

(FG Münster / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 04.11.2020, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.