14.10.2015 | Bundesfinanzhof

Pflegeleistungen durch Mitglieder eines Vereins können umsatzsteuerfrei sein

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass Pflegeleistungen unter Berufung auf das Unionsrecht steuerfrei sind. Voraussetzung ist, dass die Pflegekraft die Möglichkeit hat, Verträge gemäß der Regelungen im Sozialgesetzbuch mit Pflegekassen abzuschließen.

Das Verfahren betraf eine Klägerin, die als Mitglied eines eingetragenen Vereins für den Verein gegen Entgelt als Pflegehelferin tätig war. Dieser erbrachte umsatzsteuerfreie Pflegeleistungen an Pflegekassen. Über eine Ausbildung als Kranken- oder Altenpflegerin verfügte die Klägerin nicht. Der Verein hatte mit ihr eine Qualitätsvereinbarung abgeschlossen. Diese Art der Erbringung von Pflegeleistungen durch Mitglieder eines eingetragenen Vereins ist in Deutschland verbreitet.

BFH verweist auch auf den Pflegenotstand

Das Finanzamt sah die Tätigkeit der Klägerin für den Verein als umsatzsteuerpflichtig an. Ihre Klage zum Finanzgericht hatte allerdings Erfolg. Der BFH bestätigte mit Urteil vom 18.08.2015 (Az. V R 13/14) die Entscheidung der Vorinstanz. Zwar seien die Leistungen der Klägerin nach nationalem Recht steuerpflichtig. Sie könne sich aber auf die weitergehenden Steuerbefreiungstatbestände des Unionsrechts berufen (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuersystemrichtlinie), die das nationale Recht nur ungenügend umgesetzt habe. Für die nach dem Unionsrecht erforderliche Anerkennung reiche es aus, dass für die Klägerin die Möglichkeit bestanden habe, Leistungen nach § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB XI an Pflegekassen erbringen zu können.

Bei seiner Entscheidung hat der BFH auch den gerichtsbekannten Pflegenotstand und das sich hieraus ergebende hohe Gemeinwohlinteresse berücksichtigt, das an der Erbringung steuerfreier Pflegeleistungen besteht.

(BFH / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 14.10.2015, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.