16.07.2014 | BFH-Beschluss

Zur Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mehrere Fragen zur Vorsteueraufteilung bei Eingangsleistungen für ein gemischt genutztes Gebäude sowie zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorgelegt.

In einem Streitfall ging es zum einen um die Höhe des Vorsteuerabzugs aus Baukosten sowie aus laufenden Kosten für ein Wohn- und Geschäftshaus, mit dem die Klägerin sowohl steuerfreie als auch steuerpflichtige Vermietungsumsätze ausführte. Da in diesen Fällen der Vorsteuerabzug nur zulässig ist, soweit die von einem Unternehmer bezogenen Eingangsleistungen wie Baumaterial, Handwerkerleistungen etc. für steuerpflichtige Ausgangsumsätze (hier: Vermietungsumsätze) verwendet werden, müssen die insgesamt angefallenen Vorsteuern nach dem Umsatzsteuergesetz aufgeteilt werden. Seit 2004 ist dabei eine Aufteilung nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen zu den steuerfreien Ausgangsumsätzen (sog. „Umsatzschlüssel“) nur noch nachrangig zulässig.

Fraglich: Zuordnung von Eingangsleistungen

Die Klägerin ermittelte die abziehbaren Vorsteuern für das Streitjahr 2004 – wie in den Vorjahren – nach dem Umsatzschlüssel. Das Finanzamt legte dagegen der Vorsteueraufteilung den – für die Klägerin ungünstigeren – Flächenschlüssel zugrunde. Mit Beschluss vom 05.06.2014 (Az. XI R 31/09) legte der BFH dem Europäischen Gerichtshof die Frage vor, ob bei gemischt genutzten Gebäuden die Vorsteuern auf Eingangsleistungen, die die Anschaffung oder Herstellung des Gebäudes betreffen, zunächst den Ausgangsumsätzen zugeordnet werden müssen und lediglich die danach verbleibenden Vorsteuern nach einem (weniger präzisen) Flächen- oder Umsatzschlüssel aufzuteilen sind. Weiter soll der EuGH klären, ob dies entsprechend für Vorsteuern auf laufende Kosten gilt.

Vorsteuerberichtigung wirft Zweifel auf

Ferner verlangte das Finanzamt im Wege der Vorsteuerberichtigung einen Teil der in den vergangenen Jahren anerkannten Vorsteuerbeträge zurück, weil auch insoweit nunmehr der Flächenschlüssel gelte. Der BFH hat allerdings Zweifel, ob dies mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Ändern sich nämlich bei einem Gebäude innerhalb von zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung eine Vorsteuerberichtigung vorzunehmen. Insoweit stellt sich die zweite Vorlagefrage, ob eine solche Änderung der Verhältnisse unionsrechtlich auch dann vorliegt, wenn ein Steuerpflichtiger die Vorsteuern aus der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes zulässigerweise nach dem Umsatzschlüssel aufgeteilt hat und das deutsche Umsatzsteuergesetz nachträglich einen anderen vorrangigen Aufteilungsschlüssel vorschreibt.

Übergangsregelung vergessen?

Falls der EuGH die Frage bejaht, möchte der BFH mit einer dritten Vorlagefrage wissen, ob die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einer Vorsteuerberichtigung zu Lasten eines Steuerpflichtigen entgegenstehen. Der deutsche Gesetzgeber könnte gegen diese Grundsätze insbesondere dadurch verstoßen haben, dass er bei Einfügung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG keine Übergangsregelung getroffen hat, die dem begründeten Vertrauen der Unternehmer, auf Eingangsleistungen vor der Gesetzesänderung den Umsatzschlüssel anwenden zu dürfen, Rechnung trägt.

(BFH / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 16.07.2014, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.