20.11.2013 | Beratertipp

Kettenschenkung erneut vom BFH als zulässig anerkannt

Von Susanne Christ, Rechtsanwältin/Fachanwältin für Steuerrecht, Köln *

Bereits im vergangene Jahr hatte der BFH – damals allerdings in einem vorläufigen Verfahren – zur Frage der Anerkennung von Kettenschenkungen zugunsten der Betroffenen entschieden. Erfreulicherweise hat er nunmehr diese Auffassung einem Urteil bestätigt und damit ein Gestaltungsmodell von erheblicher Bedeutung für die Praxis abgesegnet.

In seinem Beschluss vom 30.11.2011 (Az. II B 60/11, wir berichteten darüber) stellte sich der Bundesfinanzhof (BFH) bei sog. Kettenschenkungen bereits schützend vor Schwiegerkinder. Erfreulicherweise hat er nunmehr diese Auffassung in einem Urteil vom 18.07.2013 (Az. II R 37/11) bestätigt. Dass der BFH seine Entscheidung für wichtig einstuft, zeigt sich daran, dass er diese Entscheidung zur Veröffentlichung vorgesehen hat. Wird eine Entscheidung nicht zur Veröffentlichung eingestuft, erkennbar an dem Zusatz "NV" statt dem "V" auf der Internetseite des BFH, zeigt dies, dass der BFH solche Entscheidungen als weniger wichtig einordnet.

Klassischer Fall einer Kettenschenkung

In dem jetzt zu entscheidenden Fall ging es um den klassischen Fall einer Kettenschenkung. Eine Mutter übertrug ihrem Sohn durch notariell beurkundeten Vertrag eine Eigentumswohnung und behielt sich u.a. ein dinglich gesichertes Wohnrecht daran vor. Der Wert der gesamten Wohnung sollte auf den Pflichtteilsanspruch des Sohnes und etwaigen Pflichtteilsergänzungsansprüchen angerechnet werden. Die Auflassung wurde erklärt und die Eintragung ins Grundbuch bewilligt. Nach Abschluss dieses Vertrages übertrug der Sohn noch am selben Tag in einer neuen Urkunde vor demselben Notar die Hälfte der gerade erhaltenen Eigentumswohnung an seine Ehefrau; für den Fall der Scheidung bzw. den Fall des Vorversterbens der Ehefrau vereinbarten die Ehegatten ein Rückforderungsrecht zugunsten des Ehemannes; sie erklärten bezüglich der Hälfte der Eigentumswohnung die Auflassung und beantragten die Eintragung der Ehefrau ins Grundbuch; der Sohn verzichtete insoweit aus seine Zwischeneintragung als Alleineigentümer der Wohnung.

Finanzamt unterstellte Schenkung der Mutter an die Schwiegertochter

Das Finanzamt unterstellte eine Schenkung der Mutter an die Schwiegertochter und setzte Schenkungsteuer fest. Das FG teilte die Auffassung des Finanzamtes, der BFH hob den Schenkungsteuerbescheid auf.

Normalerweise – so der BFH - haben Eltern kein Interesse daran, größere Vermögenswerte unentgeltlich Schwiegerkindern zu übertragen, so dass eine solche Annahme besonders begründet werden muss. Eine Schenkung der Mutter an die Schwiegertochter könne nur angenommen werden, wenn der Zwischenerwerber, also der Sohn, eine Weitergabeverpflichtung gehabt hätte. Diese kann ausdrücklich vereinbart werden oder aber – und dass ist für Gestaltungsberatung nicht ungefährlich – sich aus den Umständen des Einzelfalles ergeben. Maßgebend für die Beurteilung ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten.

Allerdings betont der BFH zugleich, dass eine kurze Verweildauer des geschenkten Gegenstandes beim zunächst Bedachten allein nicht eine Weitergabeverpflichtung begründet. Gefährlich wird es dann, wenn die zweite Schenkung in derselben Urkunde wie die erste Schenkung geregelt wird, selbst wenn dies zivilrechtlich verschiedene Verträge begründet. Der zuerst Bedachte muss die Möglichkeit haben, tatsächlich frei über den Gegenstand verfügen zu können. Wird innerhalb einer Urkunde Schenkung und Weiterleitung der Schenkung geregelt, kann dies den Schluss zulassen, dass eine freie Verfügungsmöglichkeit nicht bestanden hatte. Deshalb sollte in der Beratung auf diese Feinheit unbedingt geachtet werden.

Zeit zwischen den beiden Schenkungen prüfen

Praxishinweis: Auch wenn der BFH solche Kettenschenkungen anerkennt, sollten Sie Ihre Mandanten unbedingt darauf hinweisen, dass die Anerkennung möglicherweise erst nach Durchführung eines langwierigen Rechtsstreits mit der Finanzverwaltung durchgesetzt werden kann. Vielen Mandanten ist das zu unsicher. Diesen sollten Sie raten, die zweite Schenkung nicht unmittelbar im Anschluss an die erste Schenkung durchzuführen. Je mehr Zeit zwischen den beiden Schenkungen liegt, desto weniger Anlass besteht, eine Schenkung zwischen Schwiegereltern und Schwiegerkindern zu unterstellen. Allerdings sollte auch nicht zu lange gewartet werden, vor allem, wenn es darum geht, den Ehegatten zu versorgen.

Achtung! Auf Formalien achten

Wichtig für den BFH war es auch, dass neben dem wirksamen Schenkungsversprechen auch die Auflassung und Eintragungsbewilligung nach der ersten Schenkung erfolgte, bevor der hälftigen Anteil an der Wohnung an die Ehefrau übertragen wurde. Darauf sollte zwar auch der Notar achten, aber sicherheitshalber sollten Sie Ihre Mandanten auch darauf hinweisen. Auf die tatsächliche Eintragung im Grundbuch hingegen komme es nicht; es ist nach Auffassung des BFH daher auch nicht entscheidend, ob ein Eintragungsantrag gestellt wurde.

 

* Über die Autorin:

Susanne Christ ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht. Sie führt eine eigene Steuer- und Wirtschaftskanzlei in Köln und ist die Sprecherin des Erbrechtsausschusses des Kölner Anwaltsvereins. Susanne Christ ist langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und Dozentin in den Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer. Sie schreibt auch regelmäßig Fachartikel und Kommentare bei STB Web. 

E-Mail: s.christ@netcologne.de

 

(STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 20.11.2013, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.