22.02.2012 | Kanzleimarketing

Facebook für Steuerberater - sinnvolles Marketinginstrument oder rechtliche Stolperfalle?

Von Viola C. Didier *

Freund oder Feind? Während Facebook derzeit mit der Pflicht zur umstrittenen Timeline von sich reden macht, stehen auch alteingesessene Steuerberatungskanzleien vor der Frage: Mitmachen oder besser Finger weg von Facebook?

Der Facebook-Firmensitz in Menlo Park am äußeren Rand des Silicon Valley in Kalifornien. (Foto: Getty Images / Bloomberg)

Facebook ist das weltgrößte soziale Netzwerk. Statistisch gesehen ist jeder vierte Internetnutzer hier Mitglied. Damit ist Facebook so präsent, dass sich kein Unternehmen dem Thema mehr entziehen kann. Und tatsächlich sind mittlerweile alle Top-Unternehmen und sämtliche namhaften Medien bei Facebook vertreten, während es bei der Berufsgruppe der Steuerberater noch sehr mau aussieht. Die Hauptgründe der Steuerkanzleien für die Abstinenz liegen im schwer messbaren Erfolg von Social Media Aktivitäten und fehlenden Ressourcen.

Unendliche Reichweite

Gerade weil viele ihrer (potenziellen) Mandanten bereits Facebook beruflich wie privat nutzen, stellt sich die Frage, ob Steuerberater wirklich auf dieses Marketingtool verzichten sollten und können. Richtig eingesetzt bietet Facebook Kanzleien die Möglichkeit, ein breites Publikum anzusprechen, neue Mandate zu akquirieren und bestehende zu pflegen, sich mit Kollegen oder Kooperationspartnern auszutauschen oder qualifizierte Fachkräfte in Zeiten des Mangels zu rekrutieren.

Datenschutz bei Facebook? Fraglich!

Doch manche Kanzlei entscheidet sich auch ganz bewusst gegen die Nutzung von Facebook. Denn den Vorteilen stehen beträchtliche rechtliche Stolperfallen, Abmahnungsrisiken und diverse Datenschutzprobleme gegenüber. Beispielsweise werden persönliche Profile automatisch an Dritte weitergegeben, sofern man nicht aktiv dagegen widerspricht. Aus diesem Anlass wandte sich sogar Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner in einem Offenen Brief an Mark Zuckerberg, den Gründer von Facebook. Eine Weiterleitung und Kommerzialisierung der Nutzerdaten dürfe nur mit ausdrücklicher Zustimmung erfolgen. Das nachfolgende Interview mit Rechtsanwalt Sebastian Dramburg soll Licht ins Facebook-Dunkel bringen und eine Entscheidungshilfe bieten.

Interview mit RA Sebastian Dramburg:

STB Web:
Herr Dramburg, Ihre Kanzlei ist ja selbst sehr aktiv auf Facebook vertreten, worin liegt denn die besondere Attraktivität für konservative Berufsträger wie Rechtsanwälte und Steuerberater?

RA Sebastian Dramburg LL.M. berät
Mandanten schwerpunktmäßig
zu Fragen des IT- und Onlinerechts

RA Dramburg:
Mit  einem Facebook-Auftritt erschließt man sich eine völlig neue Marketingfunktion. Facebook bietet die Chance, eine ganz andere Seite der Kanzlei zu zeigen, als sie durch die Website möglich ist. Durch Facebook entsteht auch ein stärkerer, aktiverer Dialog mit Nutzern über Themen, die wir vielleicht nicht direkt in unserem Blog behandeln würden.

Zu guter Letzt zählt aber auch, dass wir uns auf Facebook etwas "lockerer" geben, als dies üblicherweise von Anwälten erwartet wird. Dafür bekommen wir viel Zuspruch und auch ein schnelles Feedback der Nutzer über aktuelle und gefragte Themen. Ein großer Vorteil, wie ich finde.

STB Web:
Wie sieht es aktuell mit den Datenschutz-Bestimmungen bei Facebook aus? Was muss man wissen?

RA Dramburg:
Das Problem ist, dass gar nicht genau bekannt ist, welche Daten Facebook tatsächlich erhebt und wie diese überhaupt verwendet werden. Wichtig ist jedenfalls, dass man die Datenschutzbestimmung der eigenen Website anpassen muss, wenn man den so genannten "Like-Button" oder andere Social Plugins dort einbinden will. Übrigens gibt es gerade einen beachtenswerten Konflikt mit den Datenschutzbeauftragten, die versuchen, über die Facebooknutzer den Druck auf Facebook zu erhöhen, damit das Unternehmen sich datenschutzkonform verhält.

Wir raten unseren Mandanten, die Diskussion auf jeden Fall im Auge zu behalten. Wer aber bereits ein Social-Plugin auf der eigenen Website verwendet und die Datenschutzerklärung der Seite angepasst hat, der kann nach unserer Einschätzung erst mal weiter so verfahren.

STB Web:
Ist die Facebook-Nutzung überhaupt vereinbar mit dem deutschen Urheberrecht? Und was passiert mit eigenen Bildern oder Texten, die man selbst bei Facebook einstellt? Verliert man daran das eigene Nutzungsrecht?

RA Dramburg:
Man verliert das Nutzungsrecht nicht komplett. Aber laut Nutzungsbedingungen von Facebook lässt sich das US-Unternehmen auch ein Nutzungsrecht einräumen. Die Klausel ist nach deutschem Recht sicherlich problematisch. In jedem Falle sollte darauf geachtet werden, nach Möglichkeit keine fremden Inhalte auf Facebook zu verbreiten.

STB Web:
Gibt es Besonderheiten, die Steuerberater gerade in Bezug auf die Impressumpflicht beachten müssen? Reicht eigentlich auch nur ein Link zur Website?

RA Dramburg:
Es reicht tatsächlich ein Link – allerdings direkt zum Impressum der Website. Der Link sollte nie weiter als zwei Klicks zur geforderten Information entfernt sein. Wird gegen die Impressumpflicht verstoßen, sind die Konsequenzen vergleichbar mit Rechtsverletzungen auf der eigenen Website oder anderen Plattformen. Eine Abmahnung mit ihren finanziellen und rechtlichen Folgen ist das wahrscheinlichste Szenario.

STB Web:
Stichwort Abmahnung: Wodurch könnte einem Steuerberater bei der Facebook-Nutzung noch eine Abmahnung drohen?

RA Dramburg:
Bei allen Arten der rechtswidrigen Werbung. Hier gibt es eine Vielzahl möglicher Rechtsverletzungen die nicht unbedingt für steuerberaterspezifisch sein müssen. Bereits die Werbung mit einem Preis ohne Angabe der Umsatzsteuer ist rechtswidrig. Die so genannte "Schwarze Liste" als Anhang des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bietet einen ersten Einstieg über rechtswidrige Werbung.

STB Web:
Seit einer Woche hat Facebook die Timeline-Funktion zur Pflicht gemacht. Was heißt das überhaupt und was ändert sich?

RA Dramburg:
Mit der neuen Facebook-Timeline bzw. der "Chronik" kommen auch neue Coverbilder, mit denen die Nutzer ihre Profile schmücken können. Sie ist aber nur für persönliche Profile gedacht und nicht für die so genannten Facebook-Pages. Und ein Steuerberaterprofil sollte auf jeden Fall nicht aus einem privaten Profil her aus gestaltet sein, sondern eine solche "Facebook-Page" sein.

STB Web:
Wie sieht also das juristische Fazit aus?

RA Dramburg:
Soweit man bereits einen etablierten Internetauftritt auf einer Website hat, ist der Sprung zu Facebook keine besondere Herausforderung mehr. Die Frage ist allerdings, ob es auch Sinn macht. Das ist zum einen abhängig von der gewünschten Zielgruppe, die man ansprechen möchte. Zum anderen muss man aber auch bedenken, dass eine Facebook-Seite Arbeit bedeutet. 

Rechtlich betrachtet bringt ein Facebook-Auftritt – abgesehen von der laufenden Datenschutzdebatte – auch keine kompletten Neuerungen mit sich. Wer sich das zutraut und ein brauchbares Konzept verfolgt, sollte jedenfalls nicht wegen juristischer Bedenken davon Abstand nehmen.


Rechtsanwalt Sebastian Dramburg, LL.M. (Auckland) ist Partner der Kanzlei SCHWENKE & DRAMBURG in Berlin. Die Kanzlei berät Unternehmen in Rechtsfragen beim Marketing, Social Media, Webauftritten und AGB-Erstellung. Beide Rechtsanwälte geben Tipps rund um das Thema auf Ihrer Facebookseite http://www.facebook.com/schwenke.dramburg

 


* Autorin:

viola_didierViola C. Didier arbeitet in Stuttgart als freie Journalistin für Printmedien, Fachverlage, Online-Portale und Unternehmen. Ihre Spezialgebiete sind Recht und Steuern. Außerdem befasst sie sich mit den Themen Job und Karriere sowie Marketing, PR und Management. Viola C. Didier arbeitet darüber hinaus als freie Redakteurin und Fachlektorin. Die Juristin gründete 2003 das spezialisierte Redaktionsbüro RES JURA für Recht, Steuern und Wirtschaft.


(STB Web)



Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 22.02.2012, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.