25.10.2011 | Reformen, quo vaditis?

Regierung lehnt Ländervorschläge zum Abbau ärztlicher Überversorgung im Wesentlichen ab

Die Bundesregierung weist die Kritik des Bundesrates am Gesetzentwurf zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung im Wesentlichen zurück, will aber einzelne Änderungsvorschläge prüfen. Insbesondere lehnt die Regierung einen zentralen Vorschlag der Länder zum Abbau von ärztlicher Überversorgung vor allem in Großstädten ab.

Dem Votum der Länder zufolge sollen Arztsitze in überversorgten Gebieten nur noch befristet vergeben werden. Die Regierung hält ein solches Instrument für „nicht erforderlich“. Mit dem geplanten Vorkaufsrecht der Kassenärztlichen Vereinigungen stehe „künftig ein wirksames Instrument zum Abbau der Überversorgung zur Verfügung“, heißt es in der Gegenäußerung.

Nach dem Gesetzentwurf der Regierung sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen das Recht erhalten, frei werdende Praxen selbst aufzukaufen, um diese vom Markt zu nehmen. Dazu soll ihnen auch ein Vorverkaufsrecht eingeräumt werden, wenn in überversorgten Gebieten die Nachbesetzung einer Praxis ansteht. Als überversorgt gilt ein Gebiet, in denen das jeweilige Plansoll für eine Facharztgruppe um mehr als zehn Prozent überschritten wird.

Dem Bundesrat gehen die bisherigen Vorstellungen der Regierung zum Abbau von Überversorgung insgesamt nicht weit genug. Nach dem Willen der Länder sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen einen Praxissitz aufkaufen müssen, wenn der Zulassungsausschuss feststellt, dass dieser für eine ausreichende Versorgung nicht notwendig ist.

Bundesrat kritisiert Einführung einer "spezialärztlichen Versorgung"

Deutliche Kritik äußert der Bundesrat an den Plänen der Regierung zur Einführung einer so genannten spezialärztlichen Versorgung. Laut Gesetzentwurf sollen die Möglichkeiten von Kliniken erweitert werden, Patienten mit komplexen Krankheiten wie Krebs, Aids oder Multipler Sklerose auch ambulant zu behandeln. Krankenhausärzte sowie niedergelassene Fachärzte sollen unter gleichen Qualifikationsvoraussetzungen und einheitlichen Bedingungen Patienten mit seltenen Krankheiten oder besonderen Krankheitsverläufen versorgen, heißt es dazu im Entwurf.

Nach Auffassung des Bundesrates offenbart die Ausgestaltung des neuen Versorgungsbereichs „Regelungslücken und Fehlanreize“. Unter anderem seien Kostenrisiken für die gesetzlichen Krankenkassen enthalten. Der Bundesrat schlägt vor, den entsprechenden Artikel aus dem Entwurf herauszulösen und in einem gesonderten Gesetzesverfahren zu behandeln. Die Regierung äußert dazu, bereits im laufenden Gesetzgebungsverfahren zu „sachgerechten Lösungen“ kommen zu wollen. Dabei sollen aber die Einwände der Länder geprüft werden.“

Rechtsformen Medizinischer Versorgungszentren


Dagegen will die Bundesregierung dem Bundesrat beim Thema Medizinische Versorgungszentren (MVZ) nicht entgegenkommen. Die Länder plädieren dafür, den jetzigen Rechtszustand bei den Medizinischen Versorgungszentren beibehalten. Die Auffassung, MVZ „könnten nur in der Rechtsform einer Personengesellschaft oder GmbH den notwendigen fachlichen Bezug zur medizinischen Versorgung herstellen, widerspricht der Versorgungswirklichkeit“, betont der Bundesrat in seiner Stellungnahme. So befänden sich in Sachsen die existierenden MVZ zu 50 Prozent in der Trägerschaft von Krankenhäusern. Dabei spielten insbesondere MVZ, die von kommunalen Trägern getragen werden, „eine herausragende Rolle“. Ohne diese MVZ „wäre in einigen Regionen die ambulante ärztliche und psychotherapeutische Versorgung nicht mehr in dem erforderlichen Maß sichergestellt“, heißt es weiter.

Die Bundesregierung lehnt einen Verzicht auf die Neuregelung ab. Für MVZ, die in der Vergangenheit in anderen als den künftig zugelassenen Rechtsformen gegründet wurden, gelte jedoch Bestandschutz. Zugelassene Krankenhäuser sollten im Übrigen auch künftig zur Gründung von MVZ „berechtigt bleiben“, schreibt die Regierung.


(hib / STB Web)


Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 25.10.2011, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.