11.06.2023 | BGH

Irrtum über die Erbfolge

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat über eine sogenannte "lenkende Ausschlagung" entschieden, bei der es der ausschlagenden Person um den Eintritt des Anfalls an eine bestimmte dritte Person ankommt.

Otto-Schmidt-Verlag

Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung gemäß § 119 Abs. 1 BGB anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.

Irrt sich die eine Erbschaft ausschlagende Person bei Abgabe ihrer Erklärung über die an ihrer Stelle in die Erbfolge eintretende Person, berechtigt dies allerdings nicht zu einer solchen Anfechtung, wie der BGH mit Beschluss vom 22. März 2023 (Az. IV ZB 12/22) entschieden hat.

Es sei zwar offensichtlich, dass sich der Ausschlagende bei seiner Erklärung in einem Rechtsirrtum befunden habe. Die allgemeine Begründung der Anfechtung, er habe darüber geirrt, dass neben seiner Mutter noch Erben zweiter Ordnung zur Erbfolge gelangen können, sei aber unbeachtlich, da es sich um einen bloßen Motivirrtum handele. In diesen Fällen habe der Ausschlagende nicht über die primäre Rechtsfolge (Verlust der Erbenstellung), sondern über eine weitere, von Gesetzes wegen eintretende Rechtsfolge, nämlich den Anfall bei einer bestimmten Person geirrt.

Daher ist die Wirkung der Ausschlagung im vorliegenden Fall nicht durch die Anfechtung der Ausschlagungserklärung beseitigt worden.

(BGH / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 11.06.2023, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.