18.05.2023 | Berufsrecht
Nachdem zwischenzeitlich mehrere Finanzgerichte und zuletzt auch der BFH zu Fragen der Nutzungspflicht des beSt Stellung genommen haben - und dabei zu durchaus unterschiedlichen Auffassungen gelangten - reiht sich nun auch das Niedersächsische FG mit einer neuen Entscheidung ein; und auch die Revision wurde bereits eingelegt.
Mit Zwischengerichtsbescheid vom 14.4.2023 (Az. 9 K 10/23) hat das Niedersächsische FG entschieden, dass eine am 9.2.2023 von der Steuerberaterin der Kläger per Telefax übermittelte Klage formwirksam erhoben worden ist, obwohl die Steuerberaterin ihren Registrierungsbrief mit den Zugangsdaten für das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt) bereits am 5.1.2023 erhalten hatte. Denn eine aktive Nutzungspflicht des beSt bestehe erst mit Abschluss des erstmaligen System-Rollouts des beSt. Hierbei erscheine es angemessen, auf den Zeitpunkt der Versendung der "letzten" Registrierungsbriefe im Rahmen des erstmaligen System-Rollouts zuzüglich einer angemessenen Frist zur unverzüglichen technischen Einrichtung des beSt abzustellen. Erst mit Abschluss des erstmaligen System-Rollouts stehe der sichere Übertragungsweg "zur Verfügung" (§ 52d Satz 2 FGO).
Einordnung im Kontext weiterer FG-Entscheidungen
Damit tritt der 9. Senat der Auffassung des 7. Senats des Niedersächsischen FG vom 20.3.2023 (Az. 7 K 183/22) ebenso entgegen wie der des BFH in seinem Beschluss vom 28.4.2023 (Az. IX B 101/22). Wie auch das Hessische FG mit Beschluss vom 21.3.2023 (Az. 10 V 67/23) und das FG Münster mit Zwischen-Gerichtsbescheid vom 14.4.2023 (Az. 7 K 86/23 E) zieht auch die Entscheidung des 9. Senats eine Verbindung zwischen dem "Zur-Verfügung-Stehen" im Sinne des § 52d Satz 2 FGO und der gesetzlichen Verpflichtung der Bundessteuerberaterkammer zur Einrichtung des beSt.
Anders als das Hessische FG und das FG Münster unterscheidet der 9. Senat des Niedersächsischen FG dabei jedoch begrifflich zwischen der "Errichtung" des elektronischen Postfachs im Sinne der FGO und der "Einrichtung" des beSt im Sinne des StBerG.
"Zur-Verfügung-Stehen" ist infrastrukturbezogen
Dementsprechend versteht er das Tatbestandsmerkmal des "Zur-Verfügung-Stehens" nicht personen-, sondern infrastrukturbezogen. Diese Auslegung entspreche dem auf Förderung der Prozessökonomie gerichteten Gesetzeszweck besser.
Ähnlich wie auch das FG Münster hält der 9. Senat das Fast-Lane-Verfahren für ungeeignet, um eine frühere beginnende aktive Nutzungspflicht zu begründen.
Gegen den Zwischengerichtbescheid wurde Revision bei dem Bundesfinanzhof eingelegt.
(Nieders. FG / STB Web)
Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 18.05.2023, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.