09.08.2023 | Analyse

Grundsteuer-Hebesatz: Bundesweit stärkster Anstieg seit 6 Jahren

Teletax

Der durchschnittliche Hebesatz zur Grundsteuer B ist im vergangenen Jahr so stark gestiegen wie zuletzt 2016: Ein Plus von fast fünf Prozentpunkten steht für 2022 zu Buche. Dies geht aus einer aktuellen Analyse von Ernst & Young hervor.

Dr. Heinrich Fleischer, EY
"Wir sehen einen bundesweiten Trend zu immer höheren Grundsteuer-Hebesätzen", sagt Dr. Heinrich Fleischer, Partner Real Estate, Hospitality & Construction bei EY. (Foto: © EY)

Allein im vergangenen Jahr stieg der durchschnittliche Hebesatz hierzulande in 13 Prozent der Kommunen, der Anteil der Gemeinden mit einem gesunkenen Hebesatz im Vergleich zu 2021 beträgt dagegen gerade einmal ein Prozent. In NRW erhöhten sogar 26 Prozent aller Gemeinden den Grundsteuer-B-Hebesatz. Im Saarland war es fast jede fünfte Kommune (19 Prozent), dahinter folgen Rheinland-Pfalz (17 Prozent) sowie Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern (jeweils 16 Prozent). Deutlich geringer ist der Anteil der Gemeinden mit Erhöhungen dagegen in Thüringen (vier Prozent), Sachsen (fünf Prozent) und Sachsen-Anhalt (sechs Prozent). Besonders deutlich wird der Anstieg der Hebesätze im 5-Jahres-Vergleich: Hier verzeichneten bundesweit fast vier von zehn Kommunen (38 Prozent) einen gestiegenen Hebesatz. Umgekehrt sank er gerade einmal bei zwei Prozent der Gemeinden.

Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) zur Entwicklung der Grundsteuer-B-Hebesätze aller deutschen Kommunen (ohne Stadtstaaten) in den Jahren 2005 bis 2022.

Auswirkungen der Grundsteuerreform erst 2025 sichtbar

Haus- und Wohnungseigentümer hatten – je nach Bundesland – bis Anfang Mai dieses Jahres Zeit, Angaben zu ihrem Grundstück an das Finanzamt zu übermitteln. Erst ab dem 1. Januar 2025 gelten dann die neu ermittelten Beträge – bis zur Festsetzung der neuen Hebesätze und Neuberechnung dauert es also noch etwas.

Schon vorher kommen aber die Grundsteuerwertbescheide bei den Immobilienbesitzern an – und Vorsicht ist geboten, so Dr. Heinrich Fleischer, Partner Real Estate, Hospitality & Construction bei EY: "Millionen Bürger haben Monate damit verbracht, ihre Formulare für die neue Grundsteuer auszufüllen. Inzwischen sind zahlreiche Bescheide hierzu bei Immobilienbesitzern angekommen. Diese sollten die Bescheide gründlich kontrollieren und gegebenenfalls rechtzeitig Einspruch einlegen." Ansonsten drohe spätestens 2025 ein böses Erwachen, so Fleischer. Denn ein Einspruch gegen etwaig falsche Werte, beispielsweise bei der Grundstücksgröße, der Wohnungsgröße oder dem Baujahr der Immobilie, müssen umgehend erfolgen. Auch auf Grund der möglichen Verfassungswidrigkeit des neuen Bewertungsrechts entscheiden sich viele Grundstückseigentümer für einen Einspruch. "Passiert dies nicht innerhalb von einem Monat, haben Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer keine Möglichkeit mehr, Widerspruch gegen den neuen Grundsteuerbescheid einzulegen."

2022 hatten knapp vier von zehn Gemeinden (39 Prozent) einen sehr hohen Grundsteuerhebesatz von 400 oder höher. Zum Vergleich: 2005 waren es fünf Prozent. Umgekehrt hatten 2005 noch 22 Prozent der Kommunen einen Hebesatz von unter 300 – 2022 waren es nur noch drei Prozent. "Wir sehen einen bundesweiten Trend zu immer höheren Grundsteuer-Hebesätzen. Ein Standortwettbewerb unter den Kommunen ist nicht zu beobachten – anders als bei der Gewerbesteuer. Es gibt zahlreiche Kommunen, die mit niedrigen Gewerbesteuer-Hebesätzen um die Neuansiedlung von Unternehmen werben."

Unterschiedliche Grundsteuermodelle in den Bundesländern

Was das aktuelle Prozedere auch für die Steuerprüfer und -rechtler nicht einfacher macht: Die, laut Fleischer, flickenteppichhafte Umsetzung. Neun Bundesländer (Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen) setzen die neuen Regelungen nach dem sogenannten Bundesmodell um – das Saarland und Sachsen mit leichten Abweichungen ebenfalls. Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen sowie Niedersachsen wenden laut Bundesfinanzministerium dagegen eigene Grundsteuermodelle an. „So kocht am Ende jeder sein eigenes Süppchen“, sagt Fleischer.

(EY / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 09.08.2023, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.