02.05.2012 | Urteil

Kindergeld: Volljährige geistig behinderte Person als Pflegekind

Der BFH hat die Voraussetzungen präzisiert, unter denen eine in den Haushalt aufgenommene volljährige geistig behinderte Person als Pflegekind angesehen wird. Diese Frage ist relevant für den Anspruch auf Kindergeld.

Nach der gesetzlichen Definition sind Pflegekinder Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist. Das Finanzgericht hatte diese Voraussetzung in einem aktuellen Streitfall einer 47-jährigen, geistig behinderten Frau bejaht, die im Rahmen der "Familienpflege für erwachsene geistig und körperlich behinderte Menschen" in einen Privathaushalt aufgenommen wurde. Die Richter führten aus, dass es nicht erforderlich sei, dass die betreute Person behinderungsbedingt einem Kind gleich stehe. Es genüge, dass sie nicht selbstständig leben könne und ohne die Familienpflege in einem Heim untergebracht werden müsse.

Dieser Ansicht ist der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 09.02.2012 (Az. III R 15/09) nicht gefolgt. Die betreute Person müsse wie zur Familie gehörend angesehen und behandelt werden. Dies setze ein Aufsichts-, Betreuungs- und Erziehungsverhältnis wie zwischen Eltern und ihren leiblichen Kindern voraus. Da die körperliche Versorgung und die Erziehung bei einem nicht behinderten Volljährigen in der Regel keine entscheidende Rolle spiele, könne ein behinderter Volljähriger nur dann Pflegekind sein, wenn die Behinderung so schwer ist, dass der geistige Zustand des Behinderten dem typischen Entwicklungsstand einer minderjährigen Person entspricht, erklärten die Richter und versagten den Kindergeldanspruch.


(BFH / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 02.05.2012, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.