18.10.2017 | OLG Hamm

Erbeinsetzung im Ehegattentestament kann lebzeitige Schenkungen einschränken

Nach dem Tode eines Ehegatten verschenkt der Überlebende einen Großteil des Vermögens an einen Dritten und vermindert so das Erbe. Kann das als Schlusserbe eingesetzte Kind von dem Dritten die Geschenke nach dem Tode des überlebenden Elternteils herausverlangen?

Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 12.09.2017 kann der Dritte nach dem Tod des zuletzt verstorbenen Ehegatten zur Herausgabe an den Schlusserben verpflichtet sein, wenn der Erblasser kein anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse an der Zuwendung hatte.

Anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse an der Zuwendung?

Im entschiedenen Fall hatte der Vater nach dem Tod der Mutter eine neue Lebensgefährtin, mit der er auch zusammelebte. Es wurde unter allen Beteiligten vereinbart, dass die neue Partnerin ein lebenslanges Wohnrecht erhält, wenn sie den Vater pflegt und keine weiteren Besitzansprüche stellt. In der Folgezeit übertrug der Vater seiner Partnerin Wertpapiere im Wert von ca. 222.000 Euro, die nebst Dividenden den Nachlass weitgehend wertlos machten. Durch Barabhebungen erlangte sie weitere 50.000 Euro aus dem Vermögen des Erblassers. Daraufhin hat der Sohn (Kläger) von der Partnerin des Vaters (Beklagte) die Herausgabe der Vermögenswerte verlangt, da sie seinen Erbteil beeinträchtigen würden. Die Beklagte hingegen argumentierte mit der intensiven Pflege des Vaters.

Schenkung oder Gegenleistung für Pflege?

Das OLG Hamm konnte die Beklagte jedoch nicht überzeugen, es verurteilte sie zur Übertragung der ihr zugewandten Vermögenswerte und zur Rückzahlung der von ihr erlangten Gelder. Nach dem Tode der Mutter habe der Vater die Einsetzung des Klägers als Schlusserbe beachten müssen. Die Erbeinsetzung beruhe auf einer wechselbezüglichen Verfügung beider Ehegatten, an die der Überlebende nach dem Tode des erstversterbenden Ehegatten gebunden sei. Die in Frage stehenden Zuwendungen habe die Beklagte als Schenkungen erhalten. Dass sie als Gegenleistung für die erbrachten oder erwarteten Pflegeleistungen vertraglich vereinbart gewesen seien, habe die Beklagte nicht schlüssig vorgetragen.

Bei den behaupteten Pflege- und Haushaltsleistungen über einen Zeitraum von ca. vier Jahren sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte während dieser Zeit in vollem Umfang freie Kost und Logis vom Erblasser erhalten habe sowie auf Kosten des Erblassers mit ihm gemeinsam gereist sei. Auch das lebenslange Wohnreicht sei zu beachten. Vor diesem Hintergrund waren die infrage stehenden Schenkungen nicht zu rechtfertigten.

(OLG Hamm / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 18.10.2017, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.