26.07.2017 | Unternehmen

Arbeitszeitmodelle in der Praxis: Die 4-Tage-Woche

Von Alexandra Buba *

Das Berliner Softwareunternehmen Tandemploy GmbH ist in vielerlei Hinsicht anders als andere Unternehmen. So sind seine beiden Geschäftsführerinnen Frauen – eher eine Seltenheit in der Branche. Außerdem bietet Tandemploy seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Fülle von Arbeitszeitmodellen an, allen voran die 4-Tage-Woche.

STB Web:
Weshalb haben Sie sich in Ihren Unternehmen für die 4-Tage-Woche entschieden?

Anna Kaiser und Jana Tepe (Foto: Christian Stumpp)

Jana Tepe:
Bei uns arbeitet jeder seine persönliche ideale Wochenstundenzahl. Für viele sind das 30-32 Stunden, einige arbeiten aber auch Vollzeit oder nur 20 Stunden. Auch die Verteilung der Stunden ist individuell, muss aber natürlich mit den Kollegen und jeweiligen Teams abgestimmt werden. 5 Kollegen haben eine 4-Tage-Woche gewählt. Warum wir das anbieten? Weil am Ende alle gewinnen. Wir sind als Unternehmen agiler und haben gesunde, hochmotivierte und vor allem kreative Mitarbeiter - sowie als schönen Nebeneffekt jede Menge tolle Initiativbewerbungen gerade aufgrund unserer Arbeitsweise.

STB Web:
Wie reagierten die Mitarbeiter darauf?

Anna Kaiser:
Ausnahmslos positiv. Sie können ihre Arbeit so gestalten und einteilen, dass sie besser in ihr Leben und zu ihren aktuellen Bedürfnissen passt. Wer findet das nicht gut?

STB Web:
Welches Arbeitszeitmodell gilt für Sie als Chefinnen?

Jana Tepe:
Anna und ich teilen uns die Geschäftsführung im Jobsharing. Das klappt sehr gut, weil wir uns nach unseren Stärken aufteilen und uns bei Urlaub und Krankheit perfekt vertreten können. Wir beide können entspannt auch mal völlig offline sein, das ist als Geschäftsführerin nicht selbstverständlich.

STB Web:
Gibt es andere flexible Bestandteile in Punkto Arbeitszeit bei Ihnen?

Anna Kaiser:
Alle Mitarbeiter können kommen und gehen, wann sie möchten, d.h. sie können auch die Lage ihrer Arbeitszeit frei bestimmen. Natürlich immer unter der Prämisse, dass man sich mit seinen Kollegen gut abstimmt und mit dieser Freiheit verantwortlich umgeht. Einmal die Woche, beim montäglichen „Happy Meeting“, sind dann alle aus dem Team dabei.

Jana Tepe:
Unsere Arbeitsweise und die Freiheit, die damit einhergeht, erfordern dabei sogar mehr Disziplin und bessere Kommunikation, als es in klassischen Hierarchien und Nine-to-Five-Kulturen der Fall ist. Man muss einfach besser aufeinander achten, auch mal für die anderen mitdenken und bestimmte Regeln einhalten. Am Ende machen das aber alle gerne und gewinnen dabei: Zeitsouveränität und Lebensqualität und eine schöne Unternehmenskultur.

Anna Kaiser:
Außerdem haben wir am Berliner Standort bayerische Feiertage eingeführt. Dieses kleine "Schmankerl" - immerhin 4 Feiertage mehr - gibt es obendrauf.

Immerhin scheinen die kleinen Pausen im Alltag der bayerischen Wirtschaftskraft nicht zu schaden, im Gegenteil.

STB Web:
Gibt es Mitarbeiter, die länger arbeiten wollen oder müssen?

Anna Kaiser:
Aktuell haben 7 von uns eine 40 Stunden-Woche. Die ist auch natürlich auch erlaubt und in vielen Lebensphasen ja auch prima, aber eben nicht das Nonplusultra.

STB Web:
Wie schätzen Sie den Zusammenhang von Produktivität und Arbeitszeit ein?

Jana Tepe:
Alle Studien zu diesem Thema zeigen, dass niemand acht Stunden am Stück produktiv, kreativ und innovativ sein kann. Auch starre Kernarbeitszeiten, die etwa für alle gleich früh beginnen, sind nicht für jedermann etwas und führen bei den klassischen "Eulen" auf jeden Fall zu Motivations- und Produktivitätsverlust. Dabei ist alles möglich, wenn man sich einfach gut und anders organisiert. Auch unser Vertrieb ist von morgens bis abends immer besetzt - aber eben mit einem Team, das sich gut abspricht.

STB Web:
Wie, glauben Sie, wird sich das Thema Arbeitszeit in Ihrem Unternehmen in Zukunft entwickeln?

Anna Kaiser:
Flexibel - so viel ist klar. Und wir experimentieren und lernen gerne weiter, getreu dem Motto "Live what you preach". Immerhin entwickeln wir ja Software zur einfachen Umsetzung von flexiblen Arbeitsmodellen, da sollten wir hinter dem stehen, was wir nach außen verkaufen.

STB Web:
Glauben Sie, dass Ihr Modell Schule machen wird oder sogar sollte?

Jana Tepe:
Absolut. Unternehmen haben gar keine andere Chance, also ihre Strukturen und Arbeitsmodelle zu flexibilisieren und agiler zu werden. Die klassischen Kästchen-Hierarchie-Systeme sind nicht mehr zeitgemäß, das Silodenken macht Unternehmen starr - ja, oft auch unmenschlich - und damit am Ende ideenlos und unwirtschaftlich.

Zum Unternehmen: www.tandemploy.com

* Autorin:

Alexandra Buba ist freie Journalistin und spezialisiert auf die Themen der Steuerberatungsbranche. Ihr besonderer Schwerpunkt sind Management- und IT-Themen (www.medientext.com). Sie schreibt regelmäßig für die STB Web-Redaktion.

 

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 26.07.2017, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.