26.07.2017 | Berufsrecht

Neues Gesetz erlaubt Einschaltung Dritter ohne Zustimmung der Mandanten

Von Susanne Christ, Rechtsanwältin/Fachanwältin für Steuerrecht, Köln *

In seiner Sitzung am 29.6.2017 hat der Bundestag in dritter Lesung das "Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen" beschlossen. Mit dieser Reform des § 203 StGB soll u.a. Steuerberaterinnen und Steuerberatern im Rahmen ihrer Tätigkeit die Möglichkeit eingeräumt werden, sich Dritter ohne – wie es der Gesetzgeber so schön formuliert – strafrechtliches Risiko bedienen zu können.

(Foto: © Finanzfoto - Fotolia.com)

Die Reform erweitert einerseits die Befugnisse der Steuerberater/innen beim Einsatz von Externen; zugleich gelten aber dabei erhöhte Anforderungen, um dem Bedürfnis der Mandanten auf Geheimhaltung ihrer Daten gerecht zu werden.

Strafrechtlicher Hintergrund

Nach § 203 StGB machen sich Steuerberater/innen und andere zur Geheimhaltung verpflichtete Berufsträger strafbar, wenn sie unbefugt Geheimnisse offenbaren, die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit anvertraut oder sonst bekannt werden. Zwar durften sich Steuerberater auch bislang schon zur Erledigung ihrer Aufträge anderer Personen bedienen. Allerdings war der Personenkreis grundsätzlich beschränkt auf Berufsgehilfen oder berufsmäßig tätige Gehilfen im Sinne der genannten Vorschrift. Danach war auch die Einschaltung anderer externer Dienstleister ohne Zustimmung der Mandanten nicht erlaubt, wenn es sich bei ihnen eben nicht um sog. Berufsgehilfen handelte. Deshalb mussten Steuerberater, um etwa die EDV in der Kanzlei mit externen EDV-Fachleuten einrichten zu lassen, dazu die Zustimmung der Mandanten einholen, wenn bei der Einrichtung der EDV den Externen Daten der Mandanten offenbart wurden. Entsprechendes galt, wenn es um die Wartung oder Anpassung der EDV ging. Steuerberater, die sich bislang solcher Personen bedienten, waren damit dem Risiko ausgesetzt, gegen § 203 StGB zu verstoßen und sich strafbar zu machen. Dieser Problematik soll durch die jetzt beschlossene Reform begegnet werden.

Die neue Rechtslage

Zukünftig soll auch das Offenbaren von Geheimnissen gegenüber Personen, die an der beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit von Steuerberatern (oder anderen Geheimnisträgern) mitwirken, zulässig sein, soweit die Inanspruchnahme der Tätigkeit dieser (externen) Personen erforderlich ist. Hierzu zählen Aufgaben unterschiedlichster Art, wie die externe IT-Betreuung, Aktenarchivierung bzw. -vernichtung, Übernahme von Schreib- und Buchführungsaufgaben oder die Auslagerung des Telefondienstes auf externe Personen. Korrespondierend wurden die Zeugnisverweigerungsrechte und die Beschlagnahmefreiheiten angepasst; so erhalten etwa extern mitwirkende Personen nach § 53 a StPO zukünftig ein eigenes Zeugnisverweigerungsrecht. Zugleich werden diese Personen aber auch auf die Geheimhaltung der ihnen durch ihre Tätigkeit bekanntgewordenen Geheimnisse verpflichtet; offenbaren sie diese, können sie sich nach § 203 StGB wegen Geheimnisverrats strafbar machen.

Erweiterung der Pflichten für die Berufsgeheimnisträger

Steuerberater und die anderen Berufsgeheimnisträger erhalten durch die Neuregelung beim Einsatz von Personal und Externen weiterreichende Befugnisse. Zugleich werden sie aber auch verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass diese (sonstigen mitwirkenden) Personen zur Geheimhaltung verpflichtet werden. Trägt der Berufsgeheimnisträger dafür keine Sorge, kann in diesem Unterlassen bereits ein strafrechtlich relevantes Verhalten liegen.

Praxishinweis: Steuerberater, die zukünftig externe Personen als Dienstleister in Anspruch nehmen, müssen mit diesen – schriftlich – die Geheimhaltungspflichten regeln. Diese Pflichten sind auch auf  Personen auszudehnen, die der externe Dienstleister zur Ausführung seiner Aufgaben einsetzen wird. Wie das im Einzelnen auszusehen hat, hat der Gesetzgeber aber offen gelassen.

Fazit

Durch die Reform des § 203 StGB wird es zukünftig Steuerberaterinnen und Steuerberatern leichter gemacht, Aufgaben an externe Dritte zu delegieren; bislang war dies ohne Zustimmung der Mandanten nicht zulässig und ggf. strafbar. Zugleich werden die Berufsgeheimnisträger, zu denen ja  die Steuerberaterinnen und -berater zählen, verpflichtet, die Externen zur Geheimhaltung der ihnen bekannt gewordenden Daten durch entsprechende Vereinbarungen anzuhalten. Und (!): bei Verstoß gegen die Geheimhaltungspflichten können sich zukünftig auch die extern eingesetzten Personen nach § 203 StGB strafbar machen. Mit dieser Erweiterung des Straftatbestands will der Gesetzgeber die Daten der Mandanten schützen. Den steuerberatend Tätigen kann dies nur recht sein: denn dadurch wird auch zukünftig gewährleistet werden, dass trotz der Zulässigkeit der Weitergabe von Mandantendaten das Vertrauen in die Steuerberatung erhalten bleibt.

§ 203 StGB neue Fassung: Verletzung von Privatgeheimnissen

(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als

  1. Rechtsanwalt, Kammerrechtsbeistand, Patentanwalt, Notar, Verteidiger in einem gesetzlich geordneten Verfahren, Wirtschaftsprüfer, vereidigtem Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten oder Organ oder Mitglied eines Organs einer Rechtsanwalts-, Patentanwalts-, Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaft,

….

anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) …

(3) Kein Offenbaren im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen Geheimnisse den bei ihnen berufsmäßig tätigen Gehilfen oder den bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätigen Personen zugänglich machen. Die in den Absätzen 1 und 2 Genannten dürfen fremde Geheimnisse gegenüber sonstigen Personen offenbaren, die an ihrer beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit mitwirken, soweit dies für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der sonstigen mitwirkenden Personen erforderlich ist; das Gleiche gilt für sonstige mitwirkende Personen, wenn diese sich weiterer Personen bedienen, die an der beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit der in den Absätzen 1 und 2 Genannten mitwirken.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbart, das ihm bei der Ausübung oder bei Gelegenheit seiner Tätigkeit als mitwirkende Person oder als bei den in den Absätzen 1 und 2 genannten Personen tätiger Beauftragter für den Datenschutz bekannt geworden ist. Ebenso wird bestraft, wer

  1. als in den Absätzen 1 und 2 genannte Person nicht dafür Sorge getragen hat, dass eine sonstige mitwirkende Person, die unbefugt ein fremdes, ihr bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekannt gewordenes Geheimnis offenbart, zur Geheimhaltung verpflichtet wurde; dies gilt nicht für sonstige mitwirkende Personen, die selbst eine in den Absätzen 1 oder 2 genannte Person sind,
  1. als im Absatz 3 genannte mitwirkende Person sich einer weiteren mitwirkenden Person, die unbefugt ein fremdes, ihr bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekannt gewordenes Geheimnis offenbart, bedient und nicht dafür Sorge getragen hat, dass diese zur Geheimhaltung verpflichtet wurde; dies gilt nicht für sonstige mitwirkende Personen, die selbst eine in den Absätzen 1 oder 2 genannte Person sind, oder
  1. nach dem Tod der nach Satz 1 oder nach den Absätzen 1 oder 2 verpflichteten Person ein fremdes Geheimnis unbefugt offenbart, das er von dem Verstorbenen erfahren oder aus dessen Nachlass erlangt hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 sind auch anzuwenden, wenn der Täter das fremde Geheimnis nach dem Tod des Betroffenen unbefugt offenbart.

(6) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

 

* Über die Autorin:

Susanne Christ ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht mit eigener Steuer- und Wirtschaftskanzlei in Köln. Sie ist langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und bei STB Web sowie Dozentin in den Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer. E-Mail: s.christ@netcologne.de

 

 

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 26.07.2017, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.