26.10.2016 | Branche und Markt

Sind Wirtschaftsprüfer zu teuer?

Von Alexandra Buba *

Prüfungshonorare sind eigentlich kein Geheimnis. Der Bundesanzeiger weist sie bei etwa einem Viertel der prüfungspflichtigen Unternehmen aus. Analysieren konnte man diese Daten aber nicht – bis jetzt. Ein neues Portal erlaubt nun umfassende Einblicke in die Honorarpraxis und den Prüfungsmarkt. 

Der bei einer WP-Gesellschaft beschäftigte Wirtschaftsjurist Michael Goldshteyn hat die Daten aus dem Bundesanzeiger systematisch analysiert. (Foto: © mmphoto - Fotolia.com)

Transparenz ist eine schöne Sache - solange sie einen nicht selbst betrifft. Was die Steuerberater gerade erstmals durch die neue Informationspflicht nach StBVV erfahren, ist für Wirtschaftsprüfer schon länger Realität: Mandanten vergleichen Preise und führen aktiv Honorardiskussionen. Vorschub leistet dieser Entwicklung das Portal www.wer-prueft-wen.de. Anfeindungen sei er bis dato trotzdem nicht ausgesetzt, sagt sein Entwickler Michael Goldshteyn. Der Wirtschaftsjurist aus Nordrhein-Westfalen wollte ursprünglich nur den Berufsstand schlau machen.

STB Web:
Herr Goldshteyn, warum haben Sie ein Portal entwickelt, das die Prüfungshonorare der Wirtschaftsprüfungsbranche vergleichbar macht?

Foto: Michael Goldshteyn

Michael Goldshteyn:
Zunächst ging es gar nicht um die Honorare, sondern vielmehr um eine Übersicht, wer welche Mandanten prüft. Wir betreiben selbst eine Prüfungsgesellschaft und wollten einen Überblick über den Markt bekommen. Die benötigten Informationen, wie zum Beispiel welche Unternehmen überhaupt prüfungspflichtig sind und von welcher Gesellschaft sie geprüft werden, konnten jedoch dem Bundesanzeiger nicht in einer strukturierten Form entnommen werden. Deshalb haben wir die Daten selbst analysiert und das Ganze in Tabellen überführt.

STB Web:
Mit welchem Ergebnis?

Michael Goldshteyn:
Dass Sie bspw. heute selektieren können, welche Unternehmen mit einem Prüfungsumsatz von bis zu 15 Millionen Euro in München von einer Big Four-Gesellschaft geprüft werden. Das ist eine äußerst spannende Information für Ihren Vertrieb. Anders als Steuerberater dürfen Wirtschaftsprüfer ja um Mandate im Einzelfall werben, telefonische Akquise durchführen und schriftliche Mailings versenden. Eine große Hilfe ist unsere Datenbank auch für Prüfer, die sich bei öffentlichen Ausschreibungen beteiligen. Sie können sehen, welche Honorare bei Kommunen und öffentlichen Betrieben üblich sind.

STB Web:
Transparenz nützt aber in der Regel beiden Seiten...

Michael Goldshteyn:
Ja, das sehen wir auch so. Seitens des Berufsstandes wurden wir mehrfach darauf hingewiesen, dass unser Portal Segen und Fluch zugleich sei. Denn natürlich könnten nun auch die Big Four auf Einkaufstour gehen und nicht etwa den kleineren Kanzleien die Mandate abspenstig machen, sondern diese direkt übernehmen. Es gibt ja eine ganze Reihe von interessanten Firmen, die von Einzelprüfern oder kleinen Kanzleien betreut werden. Dieses Risiko besteht natürlich. Andererseits bin ich davon überzeugt, dass das, was wir tun, Teil einer Entwicklung ist, die nicht aufzuhalten ist. Wir leben nun mal im Datenzeitalter.

STB Web:
Mittlerweile machen Sie ja nicht nur WPs, sondern auch Mandanten schlau. Weshalb?

Michael Goldshteyn:
Der Markt der Wirtschaftsprüfer ist äußerst überschaubar – nur rund 3.500 kommen für uns überhaupt als Kunden in Frage. Deshalb haben wir das Portal auch für Unternehmen geöffnet, die sich natürlich am meisten für die Honorare interessieren. Wir hatten beispielsweise gerade einen Verlag, der 100.000 Euro bei den Big Four bezahlt. Mit wenigen Mouseklicks konnten wir errechnen, dass das durchschnittliche Honorar für Unternehmensgröße und Branche bei 68.000 Euro liegt. Der Verlag wird nun vermutlich das Gespräch mit dem Prüfer suchen und eine Reduktion des Prüfungshonorars herbeiführen wollen.

STB Web:
Sehr zum Missvergnügen der Prüfungsgesellschaft...

Michael Goldshteyn:
Natürlich gefällt das den Big Four nicht. Ich habe schon einen Anruf von einem Partner bekommen, was denn das überhaupt solle, ob das so stimmen würde. Daraufhin habe ich ihm gesagt, dass die Grundlage unserer Arbeit öffentliche Daten seien, deren Verwertung erlaubt ist. Er könne diese gern selbst analysieren, falls er unseren Zahlen nicht vertraue.

STB Web:
Sehen Sie sich als Verteidiger der Interessen der mittelständischen WPs?

Michael Goldshteyn:
In gewisser Weise schon. Die Big Four-Kanzleien haben ganze Abteilungen, in denen Praktikanten nichts anderes tun, als händisch das zu analysieren, was unsere Software automatisch kann. Wir geben nun auch den kleineren ein Werkzeug für ihren Vertrieb an die Hand, verschaffen ihnen einen Informationsvorsprung – natürlich zu einem angenehmen Preis.

STB Web:
Was, glauben Sie, lösen Sie langfristig mit Ihrem Portal aus?

Michael Goldshteyn:
Durch die gesetzliche Pflicht zur Offenlegung der Abschlüsse lässt sich eine gesamte Branche der Öffentlichkeit zugänglich machen. Das ist ein Novum in der Marktwirtschaft. Die Datenbasis, die wir entwickelt haben, wird daher eine massive Veränderung im Wirtschaftsprüfungsmarkt herbeiführen und dabei allen Marktteilnehmern einen Mehrwert bieten: Jeder Wirtschaftsprüfer kann sowohl die Mandate der Konkurrenz als auch die Höhe des vereinnahmten Honorars sehen. Unternehmen können die Angemessenheit der Honorare mittels eines Vergleichs innerhalb ihrer Branche verifizieren.

Unser Ziel ist kein Preisdumping, sondern ein Beitrag zu einer leistungsgerechten Preisfindung der Dienstleistung Abschlussprüfung.

STB Web:
Gibt es bei Ihrer Dienstleistung auch Grenzen in Sachen Transparenz?

Michael Goldshteyn:
Natürlich gibt es Begehrlichkeiten, die wir nicht bedienen. So fragen drei Viertel unserer Kunden telefonisch irgendwelche Zusatzrecherchen nach. Manches stellen wir gern zur Verfügung, andere Dinge verbieten sich. So wollte ein WP kürzlich zum Beispiel personenbezogene Daten der Unternehmensansprechpartner der zweiten und dritten Führungsebene. Solche Daten erheben wir nicht und geben sie auch nicht weiter. Ein anderer wollte Firmen mit polnischen Bezug – auch das unmöglich.

Was wir aber künftig noch verstärken werden, ist der Ausweis von bilanziellen Daten. Wir wollen einen Unternehmensvergleich bis auf die einzelne Bilanzposition erlauben. Das soll den Prüfern die Arbeit erleichtern. Auch eine Analyse der Konzernstrukturen ist geplant.

Michael Goldshteyn ist Gründer und Geschäftsführer des Portals wer-prueft-wen.de. Daneben ist er als Senior Manager bei der Jansen GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Düsseldorf tätig. Schwerpunkte seiner Tätigkeit bilden die Durchführung von IT-Systemprüfungen und die Vornahme von Datenanalysen.

* Das Gespräch führte Alexandra Buba, M. A., freie Wirtschaftsjournalistin

Weitere Informationen unter: www.medientext.com

(STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 26.10.2016, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.