26.07.2016 | Studie

Startups: Frauenförderung könnte Gründungen im Tech-Bereich verdoppeln

Wer Gründungsförderung macht, muss Frauenförderung mitdenken. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der Universität Hohenheim. Mehr Gründerinnen könnten einen enormen Zuwachs für die Anzahl und Diversität von Unternehmensgründungen bedeuten. Dazu müsse die Politik Frauen aber effizienter fördern; von den bisherigen Maßnahmen würden vor allem die Männer profitieren.

"Um Frauen abzuholen, reicht es nicht, einfach alles pink zu verpacken", so die Forscher. (Foto: © Hero Images / gettyimages)

Laut der Studie könnten 60.000 Unternehmen mehr in Deutschland pro Jahr entstehen, wenn mehr Frauen gründen würden. In der Gründerhochburg Berlin, wo vor allem die besonders zukunftsträchtigen Tech-Startups aus dem Boden schießen, würde ein höherer Gründerinnenanteil sogar noch mehr ausmachen. So wurden in der Hauptstadt im vergangenen Jahr circa 3.000 dieser Tech-Startups gegründet – bei einem Frauenanteil von nur 9 Prozent. Wenn Frauen die Männer in punkto Gründungen einholen würden, könnten es fast doppelt so viele sein.

Dieses Problem ist der Ausgangspunkt einer neuen Studie der Universität Hohenheim, die bald im Journal of Business Research erscheint. Prof. Dr. Andreas Kuckertz, Leiter des Fachgebiets Unternehmensgründungen und Unternehmertum, und Dr. Elisabeth Berger haben darin 20 Städte und Regionen weltweit unter die Lupe genommen, die als Gründer-Hochburgen gelten. Dazu gehören auch Berlin und das amerikanische Gründungszentrum Silicon Valley.

Wirtschaftsförderung greift bei Frauen nicht

Das auffälligste Ergebnis: Auch wenn die politische Wirtschaftsförderung für viele Startup-Gründer eine wichtige Rolle spielt, greift sie speziell bei Frauen kaum. Männer werden durch politische Maßnahmen zum Gründen angeregt, Frauen weniger. "Gründungsförderung kann nicht geschlechterneutral sein", schlussfolgert das Expertenteam daher. Von der Politik fordern sie eine Reihe von Maßnahmen, um das Missverhältnis auszugleichen:

  1. Gründerinnen im Tech-Bereich als Vorbilder prominent inszenieren: Bislang sind die Rollenmodelle meistens männlich.
  2. Frauen weiter speziell fördern: Zum Beispiel auch mit einer früh ansetzenden Förderung von Mädchen in den MINT-Fächern, die die nötigen Kenntnisse für Gründungen vor allem im Technikbereich vermitteln.
  3. Frauen auch bei geschlechterneutralen Förderprogrammen gezielt ansprechen, ohne dabei in Stereotype zu verfallen. Die Ansprache bei der Kommunikation von Fördermaßnahmen sei oft zu maskulin. Einige davon, wie zum Beispiel Hackathons (also ausgedehnte Veranstaltungen zur gemeinsamen Soft- und Hardwareentwicklung), würden oft als reine Männerveranstaltungen wahrgenommen.

Geschlechtergerechtigkeit ist wichtig, reicht aber nicht aus

Überraschenderweise zeigte die Studie auch, dass ein hohes Maß an Gleichstellung in einer Gesellschaft nicht automatisch zu mehr Gründungen durch Frauen führt. "Die USA zum Beispiel schneiden beim Gender Equality Index vergleichsweise schlecht ab. In punkto Gründerinnen liegen aber dennoch amerikanische Städte auf den ersten vier Plätzen, angeführt von Chicago mit einem Gründerinnenanteil von 30 Prozent", berichtet Dr. Berger.

Das Fazit: Generelle Geschlechtergerechtigkeit bildet einen wichtigen Rahmen. Das ist die Pflicht. Um mehr Gründerinnen im Tech-Bereich zu fördern, muss die Gründungsförderung aber über Gleichstellung hinausgehen und spezifischer auf Frauen ausgerichtet sein.

(Uni Hohenheim / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 26.07.2016, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.