25.11.2015 | Kanzleimarketing

Wann Kanzleien ihr Marketing im Internet überdenken sollten - und wann besser nicht

Von Martina Schäfer *

Never change a running system. Früher war alles besser. Das haben wir schon immer so gemacht, das kann doch nicht plötzlich falsch sein. So oder ähnlich hört es sich an, wenn Menschen sich erst einmal gegen Veränderungen sträuben. Das gilt in Steuerkanzleien genauso wie in Unternehmen oder im privaten Bereich. Und dennoch muss ein Wechsel manchmal sein – ganz besonders bei Online-Maßnahmen, wenn sich Instrumente und Anforderungen rasant weiterentwickeln. Pro und Contra gilt es hier gut abzuwägen.

Responsive Webdesign ist ein Beispiel für eine technische Entwicklung, die vom Trend zum Standard wurde und daher Veränderung erfordert. Doch man muss nicht auf jeden "neuen Zug" aufspringen. (Foto: © sunt - Fotolia.com)

„Meine Website gefällt mir, so wie sie ist – auch wenn sie schon einige Jahre alt ist.“ „Diese neuen Sozialen Netzwerke – da ist niemand von meinen Mandanten.“ Diese Argumente höre ich auch im Gespräch mit Steuerberaterinnen und Steuerberatern immer wieder, wenn es darum geht, Marketinginstrumente wie zum Beispiel die Website zu überarbeiten oder Neues einzuführen. Der Nachteil einer solchen Abwehrhaltung ist: So können sie auch Chancen übersehen, die in Veränderungen liegen.

Selbstverständlich gibt es gute Gründe, beim Kanzleimarketing an Bewährtem festzuhalten: Es ist bequem, spart erst einmal Zeit und Geld und vermittelt die Sicherheit des Bekannten. Und dennoch kann es gefährlich sein. Denn wenn Steuerberater ihre lange erprobten Marketingstrategien und -maßnahmen stetig beibehalten, ohne sie hin und wieder zu überprüfen, liegt darin auch ein Risiko. Allzu schnell könnten sie dann erleben, dass Wettbewerber an ihnen vorbeiziehen und ihnen interessante Mandate und qualifizierte Fachkräfte wegschnappen – einfach weil sie mehr Aufmerksamkeit bei der Zielgruppe erreichen.

Die entscheidenden Fragen für den Steuerberater lauten also: Wann gilt es, das eigene Kanzleimarketing zu verändern oder genutzte Instrumente auf den neuesten Stand zu bringen? Und welchen Trend kann er beruhigt an sich vorbeiziehen lassen? Immerhin sollte er sich mit seinen Marketingmaßnahmen wohlfühlen, um authentisch zu wirken.

Wann die Website eine Veränderung braucht

Natürlich sollte der Internetauftritt seiner Kanzlei dem Steuerberater gefallen. Dies sollte aber nicht das alleinige Kriterium sein, das über einen möglichen Modernisierungsbedarf entscheidet. Wichtiger sind hier vielmehr die Fragen: Welche Ziele verfolgt die Kanzlei mit ihrer Website? Und erreicht sie diese? Ist dies nicht mehr der Fall, könnte es Zeit sein, nach den Ursachen zu suchen und über Veränderungen nachzudenken.

Inzwischen betrachten die wenigsten Steuerberaterinnen und Steuerberater ihre Internetpräsenz lediglich als Online-Visitenkarte. Nach ihren Zielen befragt, antworten die meisten: „Neue Mandanten gewinnen.“ oder: „Qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden.“ Für diese Kanzleien heißt es dann, auch die Erwartungen der Nutzer und die Anforderungen von Google zu berücksichtigen. Und dies betrifft Technik, Design und Inhalt der Website. Allerdings gilt es dennoch zu unterscheiden, wobei handelt es sich um einen kurzlebigen Trend und was erfordert Veränderungen des eigenen Webauftritts.

Geändertes Nutzerverhalten als Signal für Modernisierungsbedarf

Schon lange relevant und damit ein möglicher Hinweis auf Modernisierungsbedarf ist das veränderte Nutzerverhalten. Denn immer mehr Menschen nutzen Smartphones und Tablets, um sich im Internet zu informieren. Hier ist wichtig zu prüfen, ob sich die eigene Internetpräsenz diesen mobilen Endgeräten anpasst. Ist dies nicht der Fall, sollte der Steuerberater das als Anstoß für eine notwendige Veränderung der Kanzlei-Website ansehen. Dies gilt umso mehr, da auch Google das sogenannte „Responsive Design“ berücksichtigt, wenn es um die Platzierung in den Suchergebnissen geht.

Auch Design kennt Moden

„Responsive Design“ alleine bestimmt jedoch nicht über den Erfolg einer Website. Auch die Gestaltung entscheidet darüber, ob Nutzer sich länger mit einer Internetpräsenz beschäftigen. Modern gestaltete Webauftritte sind hier klar im Vorteil, da sie die aktuellen Gewohnheiten bedienen. Ein regelmäßiger Blick auf den Internetauftritt verschiedener Wettbewerber kann dem Steuerberater Hinweise darauf geben, wie der eigene Internetauftritt im Vergleich zu den übrigen wirkt. Allerdings sollte hier nicht jeder Design-Trend die Kanzlei zu Veränderungen veranlassen. Denn Moden kommen und gehen – auch im Web – und nicht alle punkten bei Google.

Mit entscheidend: Die Anforderungen von Google

Unabhängig davon wie der Steuerberater zu Google steht - will er über das Internet erfolgreich Mandanten und Mitarbeiter ansprechen, sollte sein Webauftritt den Anforderungen der Suchmaschine genügen. Denn nur dann dürfte die Kanzlei die nötige Sichtbarkeit erreichen.

Ein möglicher Bedarf für Veränderungen an der eigenen Internetpräsenz ergibt sich oft schon durch die regelmäßigen Updates, mit denen Google seinen Algorithmus anpasst. Zuletzt rückte dadurch das „Responsive Design“ in den Fokus. Schon länger bezieht die Suchmaschine die Inhalte einer Website in ihre Bewertungen ein. Das mit Blick auf lange Texte oft gehörte Argument „Aber das liest doch keiner“ trifft so meist nicht mehr zu. Stattdessen kommt es auf Inhalte mit Mehrwert für die Nutzer an. Für die Kanzlei bedeutet das, wichtige oder interessante Informationen auf ihrer Website zu bieten.

Social Media – ja oder nein lautet die Frage

Wenig begeistert zeigen sich viele Steuerberaterinnen und Steuerberater oft auch beim Thema Social Media. Zuerst einmal heißt es dann: „Dafür habe ich keine Zeit“, „Das ist mir zu gefährlich“ oder „Mit meinen Themen erreiche ich dort niemanden“. Diese Einstellung kann für die jeweilige Kanzlei die richtige sein. Sie kann aber auch bedeuten, einen wichtigen Schritt im Rahmen der Digitalisierung zu versäumen und den direkten Draht zu Mandanten und Mitarbeitern zu verlieren. Deshalb gilt es, auch hier die Vor- und Nachteile einer Veränderung des bisherigen Marketings abzuwägen.

Aufwand und Nutzen als Entscheidungskriterium

Sicher ist: Aktivitäten in Social Media erfordern zusätzlichen Aufwand. Denn Kanzleien müssen die gewählten Plattformen mit Inhalt füllen und im Auge behalten, wenn ein Engagement dort zum Erfolg beitragen soll. Ziele und Schwerpunkte des Steuerberaters geben daher wichtige Hinweise, ob Aufwand und Nutzen in angemessenem Verhältnis stehen können. Bei der Zielgruppe Start-ups wird dies zum Beispiel eher der Fall sein als bei der Ausrichtung auf traditionell geprägte Mandantinnen und Mandanten.

Eine Frage der Sicherheit

Außerdem stellt sich bei Aktivitäten in den Social Media die Frage nach dem Umgang mit den gesammelten Daten und der Datensicherheit. Gerade in sensiblen Branchen wie der Steuerberatung ist es wichtig, jedes Risiko zu vermeiden. Eine wertvolle Entscheidungshilfe bietet hier die kompetente Beratung und Unterstützung eines IT-Spezialisten. Allerdings kann eigenes Engagement in sozialen Netzwerken eine Kanzlei auch schützen. Immerhin hat heute jeder die Möglichkeit, sich dort oder auf Bewertungsplattformen über andere zu äußern. Wie groß eine solche Gefahr jedoch tatsächlich ist, heißt es zu überlegen. Ist der Steuerberater gut vernetzt, lässt sich Unzutreffendes mit zahlreicher Unterstützung jedenfalls leichter aus der Welt schaffen will.

Dennoch gilt: Dabei sein ist nicht immer alles. Sicherheit und wirklicher Nutzen sollten über das Engagement bestimmen. Wichtig ist vor allem die bewusste Entscheidung. Und diese kann ganz unterschiedlich ausfallen. Ob umfangreiche Veränderung, leichte Anpassung oder absolute Zurückhaltung – passen muss sie zu den Zielen der Kanzlei.


* Hinweise zur Autorin:

Die Diplom-Kauffrau Martina Schäfer ist Inhaberin der Agentur FINIS Kommunikation (www.finis-kommunikation.de) in Berlin und Frechen bei Köln. Hier entwickelt sie Kommunikationsstrategien für Steuerkanzleien und unterstützt ihre Kunden bei deren Umsetzung. Bei Springer Gabler veröffentlichte sie zuletzt mehrere Essentials zum Thema Kanzleimarketing, darunter „Erfolgsfaktor Kanzleikommunikation. Magnet für Mandanten und Mitarbeiter.“.



(STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 25.11.2015, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.