23.10.2015 | Bundesarbeitsgericht

Insolvenzanfechtung bei Zahlung über ein Konto des Sohns des Schuldners

In einem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hatte der Insolvenzverwalter Zahlungen des Unternehmers angefochten, weil diese über das Konto seines Sohnes abgewickelt wurden. Allerdings hatte der Sohn das Konto lediglich für den Vater eingerichet und diesem das Online-Banking verfügbar gemacht.

Die Anfechtungstatbestände der Insolvenzordnung geben dem Insolvenzverwalter eine Handhabe, vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene, ungerechtfertigte Schmälerungen der Insolvenzmasse rückgängig zu machen. So kann eine Rechtshandlung, die in den letzten drei Monaten vor dem Eröffnungsantrag und damit in der sog. "kritischen Zeit" erfolgt ist, u.a. dann angefochten werden, wenn damit die Forderung eines Insolvenzgläubigers erfüllt worden ist, ohne dass er dies "in der Art" beanspruchen konnte. Dann liegt eine sog. inkongruente Deckung vor.

Wann sind Zahlungen anfechtbar?

Darum sind Zahlungen, die Arbeitnehmer über das Konto eines Dritten und nicht über das Konto ihres Arbeitgebers erhalten, im Allgemeinen inkongruent. Ob Inkongruenz vorliegt, bestimmt sich jedoch nicht nach dem im Arbeitsleben üblichen Zahlungsweg, vielmehr ist insoweit auf das konkrete Arbeitsverhältnis abzustellen. Eine Entgeltzahlung, die über das Konto des Sohnes des späteren Schuldners erfolgt, kann deshalb ausnahmsweise kongruent und nicht anfechtbar sein, wenn es sich bei diesem Konto um das Geschäftskonto des Arbeitgebers handelt und das Entgelt während des gesamten Arbeitsverhältnisses über dieses Konto gezahlt worden ist.

Zum Sachverhalt im entschiedenen Fall:

Der Beklagte war bei dem Schuldner als Buchhalter beschäftigt. Über das Vermögen des Schuldners wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Schuldner wickelte vom Beginn seiner Geschäftstätigkeit an seinen gesamten geschäftlichen Zahlungsverkehr über ein Konto ab, das von seinem Sohn eröffnet worden war. Dies geschah im Wege des Online-Banking, für das ihm sein Sohn die erforderlichen Daten zur Verfügung gestellt hatte. Der Sohn des Schuldners nutzte dieses Konto selbst nicht. Die Entgeltansprüche des Beklagten wurden seit Beginn des Arbeitsverhältnisses über dieses Konto erfüllt. Dem Beklagten war bekannt, dass es sich dabei um ein Konto des Sohnes handelte. Der Kläger hat schließlich Zahlungen angefochten und geltend gemacht, die Zahlungen hätten eine inkongruente Deckung bewirkt, weil sie über das Konto eines Dritten erfolgt seien.

Entscheidungen der Vorinstanz und Revision:

Die Vorinstanzen haben angenommen, die Zahlungen seien kongruent gewesen, und haben die Klage deshalb abgewiesen. Auch die Revision des Klägers zum Bundesarbeitsgericht hatte keinen Erfolg. Die Entgeltzahlungen erfolgten durch den Schuldner selbst als Arbeitgeber in der für das Arbeitsverhältnis üblichen Weise. Der Sohn war an diesen Zahlungen - über die Einrichtung des Kontos hinaus - nicht beteiligt, so die Richter in ihrem Urteil vom 22. Oktober 2015 (Az. 6 AZR 538/14).

(BAG / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 23.10.2015, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.