10.08.2015 | Studie

Deutschland hat finanziell stark von der Griechenlandkrise profitiert

Der ausgeglichene Haushalt in Deutschland ist zu einem großen Teil auf Zinseinsparungen aufgrund der Schuldenkrise zurückzuführen. Berechnungen des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) zeigen, dass sich aus der Krise zwischen 2010 und heute Einsparungen für den deutschen Haushalt von rund 100 Mrd. Euro ergaben, die sich zumindest zum Teil direkt auf die Griechenlandkrise zurückführen lassen.

Die vom IWH errechneten Einsparungen entsprechen mehr als 3 Prozent des BIP und übertreffen die Kosten der Krise - selbst dann, wenn Griechenland seine Schulden komplett nicht bedienen würde. "Deutschland hat also in jedem Fall von der Griechenlandkrise profitiert", so die Wirtschaftsforscher. Wenn Investoren sich mit einer Krise konfrontiert sehen, versuchen sie, ihr Geld möglichst sicher anzulegen ("flight to safety"). Während der europäischen Schuldenkrise habe Deutschland überproportional von diesem Effekt profitiert: "Jedes Mal, wenn es für die Finanzmärkte in den letzten Jahren negative Neuigkeiten zum Thema Griechenland gab, fielen die Zinsen auf deutsche Staatsanleihen, und jedes Mal, wenn es gute Neuigkeiten gab, stiegen sie. Zum Beispiel fielen die Zinsen auf Bundesanleihen um rund 30 Basispunkte an einem Tag, als im Januar dieses Jahres ein Sieg von Syriza immer wahrscheinlicher wurde oder als die neue Regierung alle weiteren Verhandlungen mit der Troika ablehnte.", erläutert das IWH in seiner Mitteilung.

Auch im Juni, als sich die griechische Regierung dafür entschied, eine Volksabstimmung über die Reformmaßnahmen durchzuführen und als das (negative) Ergebnis feststand, seien die Zinsen deutscher Bundesanleihen gefallen, und sie seien gestiegen, als sich die griechische Regierung direkt anschließend dann doch verhandlungsbereit zeigte. Kumulativ hätten die positiven Neuigkeiten über Griechenland zwischen Ende 2014 und Mitte 2015 zu einem Zinsanstieg auf deutsche Staatsanleihen von 1,6 Prozent geführt. Auch die Anleihen anderer Länder haben profitiert (z. B. die USA, Frankreich oder die Niederlande), aber in einem deutlich kleineren Ausmaß.

Die nach diesen Berechnungen realisierten Einsparungen übertreffen selbst die potenziellen Kosten, die auf Deutschland zukämen, wenn Griechenland seine Schulden überhaupt nicht zurückbezahlt. Schätzungen zufolge ist der deutsche Anteil an den Rettungspaketen für Griechenland (über den Europäischen Stabilitätsmechanismus – ESM, die EZB und den IWF) auf rund 90 Mrd. Euro zu beziffern. Das gegenwärtig zu verhandelnde Paket ist dabei schon mitberücksichtigt. Selbst wenn Griechenland keinen Cent zurückbezahlt, hätte die deutsche öffentliche Hand also finanziell von der Krise profitiert, so das Ergebnis der Studie.

(IWH / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 10.08.2015, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.