27.07.2015 | Bundesarbeitsgericht

Arztpraxis: Altersdiskriminierende Kündigung im Kleinbetrieb

Ist bei einer Kündigung gegenüber einer Arbeitnehmerin aufgrund von ihr vorgetragener Indizien eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters zu vermuten und gelingt es dem Arbeitgeber nicht, diese Vermutung zu widerlegen, ist die Kündigung auch im Kleinbetrieb unwirksam. Das entschied das Bundesarbeitsgericht im Fall einer Arztpraxis.

Die 1950 geborene Klägerin war bei der beklagten Gemeinschaftspraxis seit 1991 als Arzthelferin beschäftigt. In der Praxis waren im Jahr 2013 noch vier jüngere Arbeitnehmerinnen tätig. Die Klägerin war zuletzt überwiegend im Labor eingesetzt. Zum 31. Dezember 2013 wurde ihr wegen Veränderungen im Laborbereich, welche eine Umstrukturierung der Praxis erforderten, gekündigt. Dabei wurde angeführt, die Klägerin sei "inzwischen pensionsberechtigt". Den anderen Beschäftigten wurde nicht gekündigt.

Die Arzthelferin klagte gegen die Wirksamkeit der Kündigung und verlangte eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung. Das Kündigungsschreiben lasse eine Benachteiligung wegen ihres Alters vermuten. Nach Darstellung der Arztpraxis sollte die Kündigung lediglich freundlich und verbindlich formuliert werden. Die Kündigung sei wegen eines zu erwartenden Entfalls von 70 bis 80 Prozent der abrechenbaren Laborleistungen erfolgt. Die Klägerin sei mit den übrigen Arzthelferinnen nicht vergleichbar, weil sie schlechter qualifiziert sei. Deshalb sei ihr gekündigt worden.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht hat jedoch Erfolg. Die Kündigung verstoße gegen das Benachteiligungsverbot und sei deshalb unwirksam (Urteil vom 23. Juli 2015, Az. 6 AZR 457/14). Die Arztpraxis habe keinen ausreichenden Beweis dafür angeboten, dass die wegen der Erwähnung der "Pensionsberechtigung" zu vermutende Altersdiskriminierung nicht vorliege. Ob und ggf. in welcher Höhe der Klägerin der geltend gemachte Entschädigungsanspruch zustehe, könne noch nicht festgestellt werden. Die Sache wurde insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

(BAG / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 27.07.2015, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.