20.07.2015 | FG Münster

Außergewöhnliche Belastungen: Auch Prämien- und Bausparverträge des Unterhaltsempfängers zu berücksichtigen

Das Finanzgericht (FG) Münster hat entschieden, dass in die Prüfung, ob ein Unterhaltsempfänger ein nur geringes Vermögen im einkommensteuerrechtlichen Sinn besitzt, auch Verträge mit fester Laufzeit wie Prämien- und Bausparverträge einzubeziehen sind.

Die Kläger machten für das Jahr 2012 Unterhaltszahlungen an ihren Sohn als außergewöhnliche Belastungen geltend. Der Sohn, der zu Beginn des Jahres das 25. Lebensjahr vollendet hatte, beendete im Wintersemester 2012/13 sein Studium. Sein eigenes Vermögen setzte sich zusammen aus einem Bausparvertrag, einen Prämiensparvertrag, mehreren Wachstumssparverträgen mit fester Laufzeit und in geringem Umfang aus Aktien. Es belief sich Anfang 2012 auf ca. 25.000 EUR und erhöhte sich im Laufe des Jahres um weitere 2.000 EUR. Das Finanzamt versagte den Abzug der Unterhaltsaufwendungen, weil das Vermögen des Sohnes zu hoch sei.

Unterhaltszahlungen an studierendes Kind

Demgegenüber machten die Kläger geltend, dass das für den Unterhalt des Sohnes einsetzbare Vermögen lediglich gering sei. Nicht zu berücksichtigen seien der Bausparvertrag, weil dieser noch nicht zuteilungsreif sei, der Prämiensparvertrag, weil eine vorzeitige Kündigung einen erheblichen Teil des Prämiensatzes hätte entfallen lassen und die im Jahr 2012 abgeschlossenen Wachstumssparverträge, die erst im Folgejahr kündbar gewesen seien. Zudem habe das von den Eltern und Großeltern zugewendete Vermögen dem Berufseinstieg des Sohnes dienen sollen.

Vermögen des Unterhaltsempfängers darf Grenze von 15.500 Euro nicht überschreiten

Dem folgte der Senat nicht und wies die Klage mit Urteil vom 10. Juni 2015 (Az. 9 K 3230/14 E) ab. Der Abzug von Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen komme nur dann in Betracht, wenn die unterhaltene Person ein nur geringes Vermögen besitzt. Die hierzu von der Rechtsprechung entwickelte Grenze von 15.500 EUR sei auch für das Jahr 2012 zu Grunde zu legen, da dieser Betrag immer noch deutlich über dem sozialrechtlichen Grundfreibetrag von 10.050 EUR liege. Das Vermögen des Sohnes überschreite diese Grenze deutlich. Dabei seien sämtliche Verträge zugrundezulegen. Sowohl der Bausparvertrag als auch der Prämiensparvertrag hätten vorzeitig gekündigt und die Guthaben ausbezahlt werden können.

Verwertung des Vermögens aus den Verträgen zumutbar

Hinsichtlich der Wachstumssparverträge müssten sich die Kläger entgegen halten lassen, dass diese Anlageform erst im Streitjahr 2012 gewählt worden sei. Im Streitfall sei es zumutbar gewesen, Verträge vorzeitig zu kündigen, auch wenn dies zu wirtschaftlichen Nachteilen geführt hätte. Dies gelte vor allem deshalb, weil der Einsatz des Vermögens auf einen kurzen Zeitraum beschränkt gewesen wäre. Es sei nämlich absehbar gewesen, dass der Sohn sein Studium im Jahr 2012 abschließen und Anfang 2013 eine gut bezahlte Erwerbstätigkeit als Akademiker aufnehmen würde. Dass die Geldmittel für andere Zwecke vorgesehen gewesen seien, führe nicht dazu, dass ein Härtefall vorliege, der eine Verschonung des Vermögens rechtfertigen könnte.

(FG Münster / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 20.07.2015, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.