14.07.2015 |

Bundesgerichtshof zur Qualifikation von Zuwendungen bei gleichzeitigem Erbverzicht

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob eine im Zusammenhang mit einem Erbverzicht gewährte Zuwendung als Schenkung oder aber als entgeltlich anzusehen ist. Die Einordnung ist maßgebend für einen möglichen Widerruf der Vereinbarung und Rückforderung der Zuwendung.

Die Parteien hatten eine notarielle Vereinbarung geschlossen, die als "mittelbare Grundbesitzschenkung – Erbvertrag – Erb- und Pflichtteilsverzicht" bezeichnet ist. Darin heißt es u.a., der Kläger verpflichte sich, der Beklagten einen Geldbetrag zu schenken, den sie ausschließlich zum Erwerb einer bestimmten, im Vertrag näher bezeichneten Eigentumswohnung sowie von Miteigentumsanteilen an zwei weiteren Eigentumswohnungen auf demselben Grundstück verwenden dürfe. In den an demselben Tag geschlossenen Kaufverträgen über die Wohnungen wurde festgehalten, dass der Kläger der Beklagten die Grundstücksanteile schenke, indem er den hierauf entfallenden Kaufpreis einschließlich der Grunderwerbssteuer entrichte, und die Schenkung auf die Erb- und Pflichtteilsrechte der Beklagten angerechnet werden solle. Die Beklagte erklärte gegenüber dem Kläger den Verzicht auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht.

Später wolle der Kläger die Schenkung wegen groben Undanks widerrufen. Die hierauf gerichtete Klage hatte jedoch keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass eine Rückforderung wegen Widerrufs der Schenkung nicht in Betracht komme, da der Kläger der Beklagten die Wohnungen nicht unentgeltlich, sondern gegen die Erklärung des Erbverzichts zugewendet habe.

Wille der Parteien muss ermittelt werden

Der BGH hat das Berufungsurteil mit Entscheidung vom 7. Juli 2015 (Az. X ZR 59/13) aufgehoben und den Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Ob eine im Zusammenhang mit einem Erbverzicht gewährte Zuwendung als Schenkung einzuordnen sei, hänge vorrangig vom Willen der Parteien ab. Komme es dem Erblasser in erster Linie darauf an, dass der Empfänger der Zuwendung auf sein Erbrecht verzichtet, spreche dies dafür, eine als Ausgleich hierfür geleistete Zuwendung als entgeltlich anzusehen. Stehe dagegen die Zuwendung als solche im Vordergrund und werde der Erbverzicht lediglich als eine besondere Form der Anrechnung auf das Erbrecht gewählt, sei in der Regel von einem unentgeltlichen Charakter der Zuwendung auszugehen. Das Berufungsgericht habe bei der Beurteilung des Charakters der Zuwendung den Willen der Parteien nicht hinreichend ermittelt und zu Unrecht allein darauf abgestellt, ob der Zuwendungsempfänger auf sein Pflichtteilsrecht oder auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet.

Anhaltspunkte für den maßgeblichen Willen der Vertragsparteien könnten sich insbesondere aus den Umständen des Zustandekommens der Vereinbarung und ihrer Ausgestaltung im Einzelnen ergeben, bei der im Streitfall zu beachten sei, dass die Zuwendung des Klägers in der notariellen Vertragsurkunde als erstes geregelt und ausdrücklich als Schenkung bezeichnet werde.

(BGH / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 14.07.2015, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.