22.07.2015 | Beratertipp

Umsatzsteuerliche Besonderheiten bei der Zusammenarbeit mit ausländischen Unternehmen (Teil 2)

Von Susanne Christ, Rechtsanwältin/Fachanwältin für Steuerrecht, Köln *

In bereits veröffentlichen Teil 1 des Beitrags haben wir die umsatzsteuerlichen Besonderheiten erläutert, die gelten, wenn ein in Deutschland ansässiges Unternehmen ein ausschließlich im Ausland ansässiges Unternehmen mit einer sonstigen Leistung beauftragt. Der 2. Teil widmet sich dem umgekehrten Fall: ein ausschließlich in Deutschland ansässiges Unternehmen wird von einem Unternehmen, das seinen Sitz/Betriebsstätte ausschließlich im Ausland hat, mit einer sog. sonstigen Leistung (Dienstleistung) beauftragt.

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Erbringt ein Unternehmen mit ausschließlichem Sitz/Betriebsstätte in Deutschland ("deutsches Unternehmen") eine sonstige Leistung gegenüber einem Unternehmen, dass sein Unternehmen ausschließlich aus dem Ausland - sei es übriges Gemeinschaftsgebiet oder Drittland - betreibt ("ausländisches Unternehmen"), gelten umsatzsteuerliche Besonderheiten.

Grundsätzlich wird die sonstige Leistung des in Deutschland ansässigen Unternehmens dort erbracht, wo der Leistungsempfänger, also dass ausländische Unternehmen, sein Unternehmen betreibt (vgl. § 3 a Abs. 2 UStG). Nicht entscheidende ist, ob der Leistungsempfänger seinen Sitz in übrigen Gemeinschaftsgebiet oder Drittland hat. § 3 a Abs. 2 UStG erfasst sowohl Unternehmen im Gemeinschaftsgebiet wie im Drittland. Der deutsche Fiskus hat in diesen Fällen in der Regel keinen Anspruch auf deutsche Umsatzsteuer.

Reverse-Charge-Verfahren beim Leistungsempfänger aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet

Aufgrund der Harmonisierung der Umsatzsteuer innerhalb der Europäischen Union findet das Reverse-Charge-Verfahren grundsätzlich Anwendung, wenn der Leistungsempfänger seinen Sitz im übrigen Gemeinschaftsgebiet hat. D.h., die Steuerschuldnerschaft geht von dem leistenden deutschen Unternehmen auf den im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Leistungsempfänger über.

Beispiel: Die ausschließlich in München ansässige „merchandising GmbH“ berät das in Paris ansässige Unternehmen „salut“ im Zusammenhang mit der Einführung eines neuen Produktes. Der Ort der sonstigen Leistung richtet sich nach dem Sitz des Leistungsempfängers „salut“ und befindet sich somit in Frankreich. Die von der mechandising GmbH erbrachte Beratungsleistung löst somit französische Umsatzsteuer aus. Ohne besondere Regelungen müsste die deutsche GmbH dem französischen Geschäftspartner „salut“ französische Umsatzsteuer in Rechnung stellen und an den französischen Fiskus abführen. Aufgrund des auch in Frankreich geltenden Reverse-Charge-Verfahrens geht die Steuerschuldnerschaft von der GmbH auf das französische Unternehmen „salut“ über, die GmbH darf daher nur das Nettohonorar für die Beratungsleistung in Rechnung stellen. „Salut“ wird für diesen Umsatz Steuerschuldner und muss die Umsatzsteuer beim französischen Fiskus anmelden und die entsprechend Umsatzsteuer an die Finanzbehörde abführen. Steht „salut“ der Vorsteuerabzug zu, kann der Vorsteuerabzug - in der Regel in derselben Umsatzsteuer-Voranmeldung - als Vorsteuer geltend gemacht werden.

Risiken im Zusammenhang mit innergemeinschaftlichen sonstigen Leistungen

Der Ort der sonstigen Leistung richtet sich grundsätzlich nur dann nach dem Sitz des Leistungsempfängers, wenn dieser ein Unternehmen betreibt und die Leistung für sein Unternehmen erbracht wird.

Handelt es sich bei dem Leistungsempfänger nicht um ein Unternehmen, hat das zur Folge, dass der Ort der Leistung dort ist, wo das leistende Unternehmen seinen Sitz hat. Dann würde deutsche Umsatzsteuer vom Leistenden dem Leistungsempfänger berechnet werden und an das deutsche Finanzamt abgeführt werden müssen. Das bedeutet, dass eine sonstige Leistung, die ein in Deutschland ansässiges Unternehmen gegenüber einer im Ausland ansässigen Person erbringt, entweder der deutschen oder ausländischen Umsatzsteuer unterliegen kann, je nachdem, ob es sich bei dem Leistungsempfänger um ein Unternehmen handelt und ob die Leistung für das Unternehmen erbracht wird.

Die Folge ist misslich: Deutsche Unternehmen, die sich auf den Standpunkt stellen, dass sich der Ort der Leistung im Ausland befindet, sind daher gezwungen,

  1. Nachweise dafür vorzuhalten, dass es sich bei dem Geschäftspartner tatsächlich um ein Unternehmen handelt und
  1. dass die Leistung für dessen Unternehmen erbracht wurden.

Bei Unternehmen aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet werden diese Nachweise in der Regel durch Vorlage der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des ausländischen Geschäftspartners geführt. Zwar ist es auch möglich, den Nachweis auf andere Weise zu führen, aber das kann sehr teuer werden, etwa wenn dazu aufwendige Recherchemaßnahmen im Ausland vorgenommen werden müssen.

Bestätigungsverfahren gibt Sicherheit

Um sicherzustellen, dass die vom Leistungsempfänger erhaltene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer tatsächlich echt ist, sollte beim Bundeszentralamt für Steuern das Bestätigungsverfahren durchgeführt werden. Das Bundeszentralamt für Steuern gibt allerdings nur Unternehmen, denen eine deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt wurde, Auskunft; Unternehmen aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet müssen sich zur Kontrolle der ihnen vom deutschen Unternehmen genannten Umsatzsteueridentifikationsnummer an die jeweilige Heimatbehörde wenden. Die Durchführung des Verfahrens ist kostenlos.

Achtung! Für zurückliegende Zeiträume kann das Bestätigungsverfahren nicht durchgeführt werden!

Wird die genannte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als richtig bestätigt, darf das deutsche Unternehmen grundsätzlich auf ihre Richtigkeit vertrauen.

Tipp: Leistende sollten sich stets vor Ausführung der Leistung die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer aushändigen und das Bestätigungsverfahren durchführen lassen. Die vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Bestätigung sollte unbedingt zu den Unterlagen genommen werden.

Zusammenfassende Meldungen

Geht die Steuerschuldnerschaft vom deutschen Unternehmen auf ein ausländisches, im Gemeinschaftsgebiet ansässiges Unternehmen über, muss das deutsche Unternehmen dies im Rahmen von zusammenfassenden Meldungen beim deutschen Fiskus anzeigen (vgl. § 18 a UStG). Diese ist bis zum 25. Tag nach Ablauf des Meldezeitraums beim Finanzamt via Elster einzureichen; Meldezeitraum ist bei sonstigen Leistungen grundsätzlich das Kalendervierteljahr (vgl. § 18 a Abs. 2 UStG). Der Meldezeitraum kann sich in bestimmten Fällen, vor allem, wenn das Unternehmen wegen innergemeinschaftlichen Lieferungen ohnehin monatlich zur Abgabe von zusammenfassenden Meldung verpflichtet ist, auf einen Monat verkürzen.

Besonderheiten bei einem im Drittland ansässigen Leistungsempfänger

Aufgrund der Harmonisierung der Umsatzsteuer innerhalb der Europäischen Union gilt das Reverse-Charge-Verfahren innerhalb des Gemeinschaftsgebietes. Ob entsprechende Regelungen im Drittland gelten, hängt davon ab, welche Regelungen dafür in den dortigen Gesetzen getroffen wurden. Nach deutschem Recht unterliegt eine sonstige Leistung, die für ein im Drittland ansässiges Unternehmen erbracht wird, grundsätzlich nicht der deutschen Umsatzsteuer, wenn es sich beim Leistungsempfänger um ein Unternehmen handelt und die Leistung für sein Unternehmen erbracht wurde. Da für Unternehmen aus dem Drittland keine Umsatzsteuer-Indentifikationsnummern ausgestellt werden, muss der Nachweis in anderer Weise geführt werden, etwa durch eine Bescheinigung einer Behörde des Drittlandes, die die Anforderungen nach § 61 a Abs. 4 UStDV erfüllt.

Liegen die Voraussetzungen vor, darf das deutsche Unternehmen keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Eine Zusammenfassende Meldung ist nicht abzugeben. Allerdings sind diese Umsätze in der Umsatzsteuervoranmeldung unter Ziff. 45 anzumelden.

 

* Über die Autorin:

Susanne Christ ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht. Sie führt eine eigene Steuer- und Wirtschaftskanzlei in Köln und ist die Sprecherin des Erbrechtsausschusses des Kölner Anwaltsvereins. Susanne Christ ist langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und Dozentin in den Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer. Sie schreibt auch regelmäßig Fachartikel und Kommentare bei STB Web. 

E-Mail: s.christ@netcologne.de

 

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 22.07.2015, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.