22.07.2015 | Beratertipp

Mehr Erfolg durch Mitarbeiterbeteiligung: Ideen für Startups und KMU

Von RAin Andrea Mehrer, Fachanwältin für Arbeitsrecht *

Mitarbeiterkapitalbeteiligung - das ist doch nur etwas für börsennotierte Gesellschaften! Außerdem ein reines Personalthema. Dies sind Aussagen, die wir als Berater häufig hören. Doch die Praxis zeigt: Natürlich ist das Thema für börsennotierte Unternehmen interessant; doch zunehmend kommen auch Unternehmensgründer auf die Idee, ihre Mitarbeiter zu beteiligen. Ein Personalthema? Sicherlich auch, denn es geht ja um die Mitarbeiter. Hinter der Idee steckt aber vielmehr: nämlich ein strategisches Konzept, das die Ziele der Unternehmer, der Investoren und der Mitarbeiter verbinden kann.

"StartUps und KMU können durch gut konzipierte Modelle der Mitarbeiterbeteiligung die Eigenkapital-Rate stärken und Fachkräfte binden", sagt RAin Andrea Mehrer.

Arbeitnehmer können in vielfältiger Weise beteiligt werden: durch eine transparente Informationspolitik und durch eine offene Kommunikation wird eine emotionale Bindung erzielt. Je nach Branche werden Mitarbeiter naturgemäß auch an Entscheidungen beteiligt. Dies erzeugt Verantwortung: wenn zum Beispiel in einem Ladengeschäft die Verkäuferin einen Verhandlungsspielraum beim Verkauf der Produkte erhält, wird sie damit eigenverantwortlich umgehen. Auch Chancen der Weiterentwicklung stellen durchaus eine immaterielle Bindung der Mitarbeiter dar.

Auf der anderen Seite haben wir die materielle Beteiligung der Mitarbeiter bis hin zu einer Kapitalbeteiligung an der Gesellschaft des Unternehmens. Die Palette reicht von einer innovativen Vergütung in Form einer steuerbegünstigten Sachzuwendung, wie zum Beispiel einem Kindergartenzuschlag oder einem Warengutschein, bis hin zur Übertragung eines Geschäftsanteils. Zwischen diesen beiden Extremen gibt es vielfältige Möglichkeiten, individuelle Lösungen zu finden. Dies müssen nicht gleich Aktien sein, die den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden; mit Darlehen oder mit Genussrechten lassen sich auf das Unternehmen zugeschnittene Modelle finden, die vielleicht sogar zusätzlich noch steuerliche Vorteile realisieren.

Warum ist die Mitarbeiterbeteiligung für Startups so interessant?

Auch junge Unternehmen sind auf qualifizierte Mitarbeiter angewiesen. Der Regelfall ist aber, dass die Kapitaldecke von neu gegründeten Unternehmen eher dünn ist, sodass gut ausgebildeten und engagierten Mitarbeitern nicht das für ihre Leistung adäquate Gehalt gezahlt werden kann. Der gute alte Bonus hat bestimmt nicht ausgedient, doch er hat nicht immer die Wirkung, die sich der Unternehmer wünscht. Engagierte und verantwortungsbewusste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen heute mehr: Sie wollen Wertschätzung und Entwicklungsmöglichkeiten, aber auch Eigenverantwortung. Umfragen in der sogenannten „Generation Y“ haben gezeigt, dass das Gehalt sicherlich eine Bewertungsgröße ist, aber nicht die wesentliche Rolle spielt, um sich für ein Unternehmen zu entscheiden. Ausgebildete Fachkräfte haben heute die Wahl und werden sich an ein Unternehmen binden, in dem sie ihre Zukunftspläne verfolgen und ihre Entwicklungsmöglichkeiten ausschöpfen können. Beider Interessen, die des Unternehmers an der Bindung der von ihm ausgebildeten Fachkräfte und diejenigen des Mitarbeiters an der Wertsteigerung des Unternehmens durch sein persönliches Engagement können mit einer Mitarbeiterbeteiligung in Einklang gebracht werden.

Was hat das Thema mit dem Eigenkapital und Investoren zu tun?

Falls die Eigenkapitalausstattung des Unternehmers und des Unternehmens nicht ausreicht, besteht das Interesse, einen Investor mit ins Boot zu nehmen. Investoren aber legen Wert darauf, dass nicht nur das Produkt des Unternehmens, sondern auch das Management nachhaltig überzeugt. Nur dann werden sie bereit sein, zu finanzieren. So liegt es auf der Hand, warum Finanzinvestoren eine Mitarbeiterkapitalbeteiligung begrüßen. Die fähigen Führungskräfte sollen auch künftig an Bord und motiviert bleiben. Darüber hinaus ist es für das Wachstum des Unternehmens notwendig, weiteres qualifiziertes Personal zu rekrutieren, zu incentivieren und damit zu binden und zu motivieren. All dies kann mit einem Mitarbeiterbeteiligungsprogramm erreicht werden.

Wenn das Unternehmen aber gar keine Investoren im Boot haben will, gibt es auch Modelle wie zum Beispiel Mitarbeiterdarlehen, die eine positive Auswirkung auf die Eigenkapitalrate haben können.

Welche Art der Beteiligung ist für welches Unternehmen geeignet?

Welche Art der Beteiligung vom Unternehmen gewünscht wird, hängt maßgeblich von dessen Zielen ab, die definiert werden. Die Wahl verschiedener Rechtsformen ist möglich, wobei sich Investoren meist nur an Kapitalgesellschaften beteiligen. Ansonsten ist die Konstruktion der Rechtsform von diversen Faktoren abhängig, auch von der steuerlichen Situation. Eine GmbH ist ideal für Gesellschafter, die nicht selbst das Unternehmen führen, trotzdem aber Kontrolle ausüben und im Bedarfsfall ihren Willen unproblematisch durchsetzen wollen. Eine solche Konstellation ist in einer GmbH regelmäßig leichter umzusetzen als in einer Aktiengesellschaft. Der Grund dafür liegt darin, dass das Aktiengesetz wesentlich weniger dispositiv ist. Es sind also relativ enge gesetzliche Vorgaben zu beachten. Bei der GmbH fängt die größere Freiheit der Vertragsgestaltung bei Gewinnausschüttungen an und hört bei Stimmrechten auf. Auf der anderen Seite ist jedoch ins Kalkül zu nehmen, dass eine notarielle Beurkundung von Anteilsübertragungen erfolgen muss.

Dennoch kann eine Aktiengesellschaft aus Sicht eines Unternehmensgründers durchaus vorteilhaft sein, zum Beispiel dann, wenn ein Börsengang geplant ist oder der Gesellschafterkreis schnell wächst.

Wo ist der Haken?

Natürlich fallen Kosten bei der Konzeption eines solchen Modells an. Wichtig ist es, von Anfang an alle Aspekte wie Rechtsform, Steuern, Arbeitsverträge und die Ziele des Unternehmens im Blick zu haben. Neben des Modells ist eine konkrete zeitliche Planung unbedingt erforderlich. Wenn zum Beispiel Steuervorteile gesichert werden sollen, wird in der Regel eine Lohnsteueranrufungauskunft erforderlich sein, bei der man entsprechend eng mit den Steuerberatern zusammenarbeitet. Möglicherweise ist auch zusätzlich noch eine verbindliche Auskunft in Blickrichtung Kapitalertragsteuer notwendig. Parallel dazu sollten natürlich auch das Sozialversicherungsrecht sowie Kapitalanlagengesetz nicht außer Acht gelassen werden.

Fazit:

Eine strukturierte Planung ist notwendig, um Rechtssicherheit zu schaffen. In jüngster Zeit sind Entscheidungen der Finanzgerichte bekannt geworden, in denen Ausschüttungen aus Beteiligungsprogrammen als Arbeitslohn qualifiziert wurden, die aber als Kapitaleinnahmen für den Mitarbeiter gedacht – und auch so versteuert – waren (BFH-Urteil vom 21.10.2014, Az. VIII R 44/11). Rechtliche und steuerliche Fallen dürfen erst gar nicht entstehen, damit das Programm die volle Wirkung entfalten kann, für die es gedacht ist: Mitarbeiterbindung und Mitarbeitermotivation. Mit der entsprechenden Expertise und im gemeinsamen Gespräch mit dem Unternehmer und dem Steuerberater ist es möglich, trotz der Komplexität dieses Themas ein Modell auf die Beine zu stellen, das auch mittelständische Unternehmen überzeugt.


Hinweise zur Autorin:

Rechtsanwältin Andrea Mehrer ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Associate Partnerin bei Rödl & Partner (www.roedl.de), einer der führenden deutschen Wirtschaftskanzleien. Sie berät Unternehmerinnen und Unternehmer in allen individuellen und kollektiven arbeitsrechtlichen Fragen. Sie ist Mitglied im Kompetenzcenter Arbeitsrecht.

E-Mail: andrea.mehrer@roedl.com

 

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 22.07.2015, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.