22.04.2015 | Weinkolumne

Amarone della Valpolicella - wahrlich nobel!

Von Manuel Maurer, München

Alle, die es gerne kräftig und vollmundig mögen - und daher wie ich bei Valpolicella eher abwinken - sollten unbedingt einmal einen Amarone probieren. Dieser kraftvolle, intensive Rotwein wird aus getrockneten, teilweise rosinierten Trauben hergestellt, die ihm eine ungeheure Dichte verleihen. Trotz der süßen Noten, die an Sherry oder Portwein erinnern, ist es ein trockener, wuchtiger Rotwein.

Das Anbaugebiet Valpolicella liegt im Nordosten Italiens zwischen den Regionen Bardolino und Soave. Mit dieser Gegend verbinde ich eher fruchtige, leichte und unkomplizierte Weine, obwohl im Valpolicella auch länger gereifte, kräftigere Rotweine ausgebaut werden ("Superiore"), hauptsächlich aus Corvina Veronese und Rondinella, zwei namhaften italienischen Rotweinsorten.

Eine echte Besonderheit jedoch ist der Amarone, der sich durch seine spezielle Herstellungsweise auszeichnet, die auf die Tradition der so genannten "Strohweine" zurückgeht: Die Trauben werden nach der Lese zunächst über mehrere Monate auf Strohmatten oder Holzgestellen getrocknet, ehe sie gepresst werden. Bei diesem Vorgang ("Appassimento") verlieren sie durch Wasserverdunstung 40 bis 50 Prozent ihrer Substanz, wodurch ein sehr zuckerhaltiges, fast rosinenartiges Konzentrat verbleibt, das im weiteren Ausbau im Holzfass sehr gehaltvolle, langlebige und alkoholreiche Weine mit bis zu 16% vol. hervorbringt.

Ein "Strohwein" der Extraklasse

Ich durfte den Amarone durch ein Weingeschenk von Freunden kennenlernen und nichts freut einen Rotweinliebhaber mehr als eine mit Bedacht ausgewählte Flasche, bei der er Neues entdecken kann. Und so erreichte mich ein Amarone des Jahrgangs 2011 von Corte Giara aus dem Hause Allegrini, einem Spitzenerzeuger für Valpolicella und Amarone.

Dunkelrot im Glas offenbart sich der Geschmack mit intensiven Aromen aus dunklen Beeren, Kirschen, Kräutern und Pflaumen, mit weichen Tanninen und harmonischer Vanillenote. Trotz der enormen Dichte entfaltet er sich samtig und elegant. Aufgrund des hohen Alkoholgehalts von 15 % vol. empfiehlt sich natürlich eine gute Grundlage. Der Amarone ist sicherlich ein guter Begleiter für kräftige Fleischgerichte, ebenso wie zu gut gereiftem Käse. Allegrini empfiehlt ihn außerdem zu asiatischen süß-sauren Gerichten, was ich mir durch die süß-bitteren Noten des Weins sehr gut vorstellen kann.

In einem Atemzug mit Barolo und Brunello 

Durch die Verwendung von hochwertigen, handverlesenen Trauben und die große Sorgfalt bei deren Trocknung über mehrere Monate sowie anschließendem Ausbau in Holzfässern - im Fall des Corte Giara über 15 Monate - kann der Amarone zweifellos in einem Atemzug mit Barolo und Brunello genannt werden.

Eine kleine Anekdote erfuhr ich noch bei der Recherche für diese Kolumne: Der von mir genussvoll verkostete 2011er Amarone von Corte Giara wurde als erster italienischer Wein bei der Friedensnobelpreisverleihung in Stockholm ausgeschenkt. Das nenne ich wahrlich nobel!