25.02.2015 | Wachstumsneutrale Unternehmen

Nicht größer, sondern besser: Unternehmen, die nicht wachsen wollen

Von Viola C. Didier *

Erfolg wird am Wachstum gemessen – und dennoch gibt es sehr erfolgreiche Unternehmen, die nicht wachsen. Wie funktionieren solche wachstumsneutralen Unternehmen? Was sind ihre Erfolgskriterien? Harald Rossol, Gründer der wachstumsneutralen b.r.m. Technologie- und Managementberatung aus Bremen gibt Antworten.

In den meisten Unternehmen ordnet sich alles Tun dem Prinzip Wachstum unter - dass es auch anders geht, zeigen Unternehmer wie Harald Rossol, die ihr Unternehmen wachstumsneutral aufstellen. (Foto: © sebra - Fotolia.com)


STB Web:

Die Wirtschaft beurteilt Unternehmenserfolg am Wachstum – an wachsenden Umsätzen, Mitarbeiterzahlen, Gewinnen. Was macht für Sie ein erfolgreiches Unternehmen aus?

Harald Rossol:
Wir sind keineswegs Wachstumsfeinde. Wir möchten nur nicht so groß werden, dass bewährte Strukturen innerhalb des Unternehmens - die natürlich auch Kundenzufriedenheit zur Folge haben - von unserem möglichen Wachstum gefährdet würden. Wir haben uns als ein kundennahes Team erfolgreich aufgestellt, wir wollen keinen ‚Apparat‘ aufbauen.

STB Web:
Welche Rolle spielt unternehmerisches Wachstum für Sie?

Harald Rossol:
Umsatz, Gewinne und Gehälter steigen auch bei uns. Wir entwickeln nur keine Abteilungen für Personal, brauchen keine eigenen Räume für die Buchhaltung usw. Bei uns gibt es nirgends Teppichetagen, sondern eine konstante Mitarbeiterzahl, die mithilfe neuer Technologien und zusätzlicher Angebote regelhaft Wachstum erzeugt, aber nur dann, wenn der Kunde Bedarf dafür entwickelt hat. Bedrohlich wäre für uns die ‚Emergenz‘, also der plötzliche Umschlag von Wachstum in ganz neue Firmenstrukturen. Ab einer gewissen Unternehmensgröße müssten wir uns grundlegend verändern. Genau das wollen wir aber nicht.

STB Web:
Wie kamen Sie auf die Idee, Ihr Unternehmen von Anfang an wachstumsneutral aufzustellen?

Harald Rossol:
Mir ging es nicht um Verzicht, sondern darum, bestehende Lösungen durch immer bessere, effizientere Alternativen zu ersetzen, also Fortschritt zu erzielen. Das Streben nach Margenwachstum haben wir durch ein qualitatives Wachstum abgelöst. Im Kern ist dies ein unternehmerischer Grundgedanke. Wenn dieser Ansatz zugleich mit der geforderten Nachhaltigkeit harmoniert, umso besser.

STB Web:
Ihr Unternehmen ist allerdings in einer am Wachstum orientierten Gesellschaft tätig und steht im Wettbewerb mit anderen Unternehmen, die an ihren Wachstumsstrategien festhalten. Wie gelingt es Ihnen, Ihr Unternehmen in diesem Umfeld so aufzustellen, dass es dennoch mithalten kann?

Harald Rossol
(Foto: Harald Rossol)

Harald Rossol:
Primär dadurch, dass ja auch unsere Kunden ganz erheblich von unserem Ansatz profitieren. Wir müssen nicht auf Teufel-komm-raus vorgegebene Umsatzziele erreichen. Was anderswo für den Kunden in der Regel heißt, dass ihm mittels einer eigenen Marketing-Abteilung oft neue Produkte oder Dienstleistungen ‚angeschnackt‘ werden, die er am Ende gar nicht wirklich benötigt. Wir haben einen anderen Blick für unsere Kunden, wir halten zwar für jedes Problem eine hocheffiziente Lösung bereit, aber der Kunde muss einen solchen Mangel erst einmal selbst verspüren. Um in den Kategorien der Absatzwirtschaft zu reden: Wir drücken keine Produkte in den Markt, wir liefern lieber zuverlässig jene ‚best practice‘, die dieser Markt von uns verlangt. Eine Pull- statt einer Push-Strategie also.

STB Web:
Wie gestaltet sich Ihre Zusammenarbeit mit der Steuerberatung in Bezug auf die Wachstumsneutralität? Steuerkanzleien bieten meist auch eine Wachstumsberatung an – wie werden Sie denn beraten?

Harald Rossol:
Wir sind nirgends von Krediten und Geldgebern abhängig. Wir schreiben kontinuierlich schwarze Zahlen. Das ist unser großer Vorteil. Eine Wachstumsberatung soll ja in der Regel aus den roten Zahlen mittels Wachstum herausführen. Insofern müssen wir ein solches Angebot auch nicht nutzen. Wir zählen einfach nicht zur Zielgruppe dieser Angebote. Natürlich aber haben wir auch einen Steuerberater. Wir sind ja nicht blöd.

STB Web:
Halten Sie es für wichtig, dass mehr Unternehmen über Wachstumsneutralität nachdenken?

Harald Rossol:
Das kommt auf das jeweilige Unternehmen an. Firmen, die ähnlich aufgestellt sind, wie wir, könnten darüber durchaus nachdenken. Vieles hängt dabei von der Mentalität auf der Ebene der Entscheider ab. Ich wollte immer teamorientiert arbeiten, nie um 11:00 Uhr vormittags auf Wolke Sieben ins Unternehmen einschweben, um nachzuschauen, ob auch alles läuft. Ich mag nun mal Menschen, vor allem die, mit denen ich zusammenarbeite. Und ich kann so mit ihnen direkt und unmittelbar kooperieren. Wem das wichtig ist, der sollte über unser Modell nachdenken. Gesund ist es in jedem Fall. Und Gesundheitsförderprogramme fürs Management sind derzeit ja ein großes Thema.

STB Web:
Glauben Sie, dass Ihre Strategie auf andere Unternehmen übertragbar wäre?

Harald Rossol:
Wir haben keine Mission, wir arbeiten schlicht erfolgreich, so wie wir auf dem Markt arbeiten. Ich rede gern offen darüber, und wer will, darf uns jederzeit besuchen. Wir wollen aber kein Vorbild sein, sondern eher ein Anschauungsobjekt, das zeigt, wie’s auch anders ginge. Seine Schlüsse daraus muss dann jeder selbst ziehen.

Das Interview führte Viola C. Didier.

 

Zur Person: Harald Rossol

Harald Rossol gründete im Oktober 1991 die b.r.m. Technologie- und Managementberatung in Bremen. Aus den Anfängen eines Ein-Mann-Start-Ups wuchs in kurzer Frist ein etablierter IT-Dienstleister für die Region heran. Heute hat Rossol das Unternehmen wachstumsneutral aufgestellt – mit großem wirtschaftlichem Erfolg: Das Wachstum findet nicht quantitativ statt, sondern ausschließlich qualitativ.

 

* Autorin:

viola_didierViola C. Didier arbeitet als freie Journalistin für Printmedien, Fachverlage, Online-Portale und Kanzleien. Ihre Spezialgebiete sind Steuern und Recht. Die Juristin gründete 2003 das spezialisierte Redaktionsbüro RES JURA für Recht, Steuern und Wirtschaft in Stuttgart.

 

 

(STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 25.02.2015, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.