22.10.2014 | Beratertipp
Von Susanne Christ, Rechtsanwältin/Fachanwältin für Steuerrecht, Köln *
Unterrichtsleistungen sind in vielen Fällen von der Umsatzsteuer befreit. Die entsprechende Regelung im Umsatzsteuergesetz unterscheidet die Befreiung der Schulen und anderer (berufsbildender) Einrichtungen einerseits und den Unterrichtsleistungen der selbständigen Lehrer anderseits. Für zweitere kommt ergänzend der sog. Kleinunternehmensregelung in der Praxis große Bedeutung zu, da oftmals die Honorare lediglich als Bruttohonorare vereinbart werden. Wird ein Referent umsatzsteuerpflichtig, erhält er dann diese nicht zusätzlich ausbezahlt.
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In § 4 Nr. 21 UStG a ist die Umsatzsteuerbefreiung der Leistungen von Schulen oder anderen Einrichtungen geregelt, während nach § 4 Nr. 21 b UStG Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer, die an Schulen/Einrichtungen im Sinne des § 4 Nr. 21 a UStG tätig werden, unter den dort genannten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit sind (sog. abgeleitete Umsatzsteuerbefreiung).
Beispiel: Die als Ersatzschule genehmigte Schule E bietet u.a. Abendlehrgänge zur Abiturvorbereitung an. Die 35jährige M meldet sich für einen Lehrgang an und zahlt dafür eine Lehrgangsgebühr von 2.100 EUR. Die selbständig tätige Lehrerin L unterrichtet dort Physik und erhält dafür ein Honorar von 1.500 EUR.
Die Frage der Steuerbefreiung der Ersatzschule richtet sich nach der Regelung des § 4 Nr. 21 a Doppelbuchst. aa UStG. Würde es sich nicht um eine Privatschule oder Ersatzschule im Sinne des Doppelbuchst. aa UStG handeln, wäre zu prüfen, ob es sich um eine Einrichtung im Sinne des § 4 Nr. 21 a Doppelbuchst. bb UStG handeln. Voraussetzung für eine Umsatzsteuerbefreiung nach dem Doppelbuchst. bb UStG ist, dass die zuständige Landesbehörde Umsatzsteuer als Einrichtung bescheinigt, die auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegenden Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet.
Die jeweiligen Dozenten sind, wenn eine solche Bescheinigung ausgestellt wurde, dann für die bescheinigten Unterrichtsleistungen quasi automatisch von der Umsatzsteuer befreit (vgl. § 4 Nr. 21 b Doppelbuchst. bb UStG). Zum Nachweis sollten sie sich unbedingt eine Kopie der Bescheinigung der Schule aushändigen lassen
Tipp: Weigert sich die Schule oder Einrichtung, das Bescheinigungsverfahren nach § 4 Nr. 21 a, Doppelbuchst. bb UStG durchzuführen, können die dort tätigen Dozenten ihre Umsatzsteuerbefreiung nicht aus der Umsatzsteuerbefreiung der Schule/Einrichtung ableiten. Sie haben dann zwei Möglichkeiten:
Voraussetzung für die Umsatzsteuerbefreiung von Einrichtungen ist, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.
Zuständig für die Erteilung der Bescheinigung ist nicht die Finanzverwaltung, sondern eine dazu bestimmte Verwaltungsbehörde des betreffenden Bundeslandes. Diese Bescheinigung kann auch für rückwirkende Zeiträume erteilt werden. Die meisten Länder erheben für die Erteilung der Bescheinigung keine Gebühr. Das ist aber nicht zwingend, wie das Beispiel Hessen zeigt.
a) Vorbereitung auf einen Beruf
Der Begriff "Beruf" ist weit auszulegen. Er umfasst nicht nur die staatlich anerkannten Berufe, sondern jegliche Formen der Fortbildung, Aus- und Weiterbildung sowie Umschulungsmaßnahmen. Die Vorbereitung kann auch in Teilbereichen erfolgen, d.h. die Einrichtung muss nicht die gesamte Berufsvorbereitung anbieten.
Bietet eine Einrichtung neben Kursen, die auf einen Beruf oder ein Prüfung vorbereiten, auch andere Kurse an, kann die Steuerbefreiung auch nur fachbereichsbezogen gelten. In einem solchen Fall wird die Bescheinigung für bestimmte Teilbereiche der Einrichtung ausgestellt und nicht für die ganze Einrichtung.
Praxistipp: Dozenten, die eine Kopie der Bescheinigung über die Umsatzsteuerbefreiung erhalten, sollten also immer prüfen, ob die von ihnen angebotenen Kurse auch von der Bescheinigung umfasst sind.
b) Vorbereitung auf eine Prüfung
Der Begriff "ordnungsgemäße Vorbereitung auf eine Prüfung" wird enger ausgelegt. Hier muss grundsätzlich umfassend auf die Prüfung vorbereitet werden und die Unterrichtsinhalte müssen fachlich so gut sein, dass mit Hilfe dieser Prüfungsvorbereitung die Prüfung bestanden werden kann.
c) Merkmal der Unmittelbarkeit
Die Steuerbefreiung gilt nur, wenn die erbrachten Leistungen unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienen. Das ist der Fall, wenn die Leistungen direkt das erstrebte Bildungsziel fördert. Ist hingegen eine weitere Leistung zwischengeschaltet, fehlt es – etwa bei der Gestellung von Arbeitnehmern als Dozenten an einer Schule – an der Unmittelbarkeit. Eine nur mittelbare Förderung des Bildungszwecks ist nicht von der Umsatzsteuer befreit.
An der Unmittelbarkeit fehlt es ferner bei dem Verkauf von Lehrmaterialien oder der Verpflegung und Unterbringung der Schüler. Diese Leistungen sind nicht nach § 4 Nr. 21 a UStG von der Umsatzsteuer befreit - für die Unterbringung der Schüler kommt aber ggf. eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 23 UStG in Betracht. Aber keine Regel ohne Ausnahme: handelt es sich dabei um eine unselbständige Nebenleistung zur von der Umsatzsteuer befreiten Hauptleistung, können auch diese Leistungen nach dem allgemeinem Grundsatz, wonach die Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung teilt, umsatzsteuerbefreit sein.
Verkauf von Unterrichtsmaterialien - Praxishinweise: Werden im Rahmen von Unterrichtsleistungen auch selbst entworfene Unterrichtsmaterialien gegen Entgelt an die Schüler weitergegeben, ist dieser Verkauf, wenn die Unterrichtsleistung umsatzsteuerbefreit ist, als zur Unterrichtsleistung unselbständige Nebenleistung ebenfalls von der Umsatzsteuer befreit. Vorausgesetzt, diese Materialen sind inhaltlich auf den Unterricht abgestimmt, zum Einsatz im Unterricht bestimmt und können nicht allgemein bei Dritten bezogen werden.
Achtung! Nicht zwingend erforderlich ist, dass der Unternehmer die Erteilung der Bescheinigung beantragt, auch wenn dies in der Praxis das übliche Vorgehen ist. Sie kann auch von Amts wegen erteilt werden (vgl. A 114 Abs. 2 UStR zu § 4 Nr. 21 a UStG). Soll die Bescheinigung ohne Antrag des Unternehmens von Amts wegen erteilt werden, ist das Unternehmen darüber zu unterrichten. Die ist bedeutsam für die Praxis, denn vielfach wird trotz Vorliegens der Voraussetzungen die Bescheinigungen nicht erteilt, weil sich die Einrichtung nicht darum bemüht. Dozenten, die für diese Unternehmen tätig werden, stehen vor der Schwierigkeit, dann nicht nachweisen zu können, dass sie für eine Einrichtung tätig werden, die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dient. Sie können also die zuständige Landesbehörde anregen, eine solche Bescheinigung auszustellen. Einfacher wäre es aber, sich selbst als Einrichtung nach § 4 Nr. 21 a Doppelbuchst. bb UStG anerkennen zu lassen.
Dozenten, Referenten und andere selbständige Lehrer mit einem Jahresumsatz von nicht mehr als 17.500 EUR brauchen keine Umsatzsteuer zu erheben, wenn sie von der Kleinunternehmensregel nach § 19 UStG Gebrauch machen. Entscheidend ist der Gesamtumsatz des Vorjahres.
Bei der Berechnung des Gesamtumsatzes sind die von der Umsatzsteuer befreiten Umsätze nicht zu berücksichtigen (vgl. § 19 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 1 UStG). Ist also ein Teil der von einem Referenten erbrachten Unterrichtsleistung nach § 4 Nr. 21 a oder Nr. 21 b UStG von der Umsatzsteuer befreit, kann auch dann noch von der Kleinunternehmensregelung Gebrauch gemacht werden, wenn der Vorjahresumsatz über 17.500 EUR lag. Denn maßgebend für die Berechnung der Umsatzgrenze sind nur die Umsätze, die nicht von der Umsatzsteuer im Sinne des § 19 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 1 und Ziff. 2 UStG befreit sind. Solange diese nicht über 17.500 EUR steigen, braucht das Unternehmen weiterhin als Kleinunternehmen keine Umsatzsteuer erheben.
Achtung: Wer die selbständige Referententätigkeit nur nebenberuflich erbringt, etwa Ärzte, Rechtsanwälte oder Steuerberater, hat selten die Möglichkeit, von der Kleinunternehmensregelung Gebrauch zu machen, wenn er mit seiner Haupttätigkeit bereits steuerpflichtige Umsätze von mehr als 17.500 EUR erzielt. Denn maßgebend ist stets der Umsatz des gesamten Unternehmens. Es sei denn, die Referententätigkeit wird in ein anderes Unternehmen, etwa eine GbR oder GmbH, ausgelagert.
* Über die Autorin:
Susanne Christ ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht. Sie führt eine eigene Steuer- und Wirtschaftskanzlei in Köln und ist die Sprecherin des Erbrechtsausschusses des Kölner Anwaltsvereins. Susanne Christ ist langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und Dozentin in den Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer. Sie schreibt auch regelmäßig Fachartikel und Kommentare bei STB Web.
E-Mail: s.christ@netcologne.de
Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 22.10.2014, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.