26.02.2014 | Beratertipp

Neues Reisekostenrecht zwingt zum Umdenken

Von Susanne Christ, Rechtsanwältin/Fachanwältin für Steuerrecht, Köln *

Durch das zum 1.1.2014 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Reisekostenrechts versucht der Gesetzgeber, die Abrechnung von Reisekosten und Entfernungspauschalen einfacher zu gestalten. Wesentliches Instrument der Vereinfachung ist dabei die Einführung des Begriffs der "ersten Tätigkeitsstätte". Diese ersetzt den vor allem durch die Rechtsprechung des BFH geprägten Begriff der "regelmäßigen Arbeitsstätte/Betriebsstätte" und knüpft an quantitative statt an - wie bislang geschehen - eher qualitative Merkmale an. Merkmal der "ersten Tätigkeitstätte" ist, dass es für ein Dienstverhältnis nur eine "erste Tätigkeitsstätte" gibt.

Seit 2014 statt "regelmäßige Arbeitsstätte/Betriebsstätte" nur noch "erste Tätigkeitsstelle" maßgebend (Foto: © DOC RABE Media - Fotolia.com)

Die Neureglungen sind im Wesentlichen in § 9 EStG enthalten, also bei der Bestimmung des Begriffs der Werbungskosten. Für die Gewinneinkünfte wird über die Regelungen in § 4 EStG auf die Regelungen in § 9 EStG Bezug genommen, so dass die für Arbeitnehmende geltenden Regelungen für Selbständige/Gewerbetreibende und die Land- und Forstwirtschaft entsprechend gelten. Nach § 9 Abs. 4 EStG ist erste Tätigkeitsstätte die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers (oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten oder eines mit dem Arbeitgeber verbundenen Unternehmens) der der Arbeitnehmende dauerhaft zugeordnet wird.

Prüfung der Zuordnung

Die Zuordnung erfolgt zunächst nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Regelungen sowie diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen des Arbeitgebers. Damit haben es die Beteiligten weitestgehend in der Hand, die erste Tätigkeitsstätte selbst festzulegen, vor allem, wenn der Arbeitnehmende an mehreren Stellen eingesetzt wird.

Wird der Arbeitnehmer an der zugeordneten Tätigkeitsstätte allerdings überhaupt nicht tätig, ist eine Zuordnung dorthin nicht wirksam. Bedeutsam ist das vor allem dann, wenn die Zuordnung allein aufgrund von tarifrechtlichen, mitbestimmungsrechtlichen oder organisatorischen Gründen erfolgt, ohne dass dort tatsächlich eine Arbeit vom Arbeitnehmenden erledigt wird. Ausreichend ist es aber, wenn der Einsatz von dort aus in geringem Umfang, etwa zur Erledigung von Hilfs- und Nebentätigkeiten, erfolgt. In diesem Fall kann der Arbeitgeber diesen Arbeitsort dem Mitarbeitenden als erste Tätigkeitsstätte zuordnen, vgl. Rdz. 6 des BMF Schreibens zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts ab 1.1.2014, IV c 5 – S 2353/13/10004.

Fehlt es bei an einer Festlegungen, ist die erste Tätigkeitsstätte dort, wo der Arbeitnehmende

  • typischerweise oder
  • je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mind. 1/3 seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.

Erfüllen mehrere Tätigkeitsstätten die Voraussetzungen, bestimmt der Arbeitgeber die erste Tätigkeitsstätte. Legt sich der Arbeitgeber nicht fest, fehlt es also an der Bestimmung durch den Arbeitgeber, ist erste Tätigkeitsstätte die der Wohnung am nächsten liegende Tätigkeitsstätte.

Prüfungsreihenfolge zur Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte:

  1. ortsfeste betriebliche Einrichtung, der der Arbeitnehmende dauerhaft zugeordnet wird (maßgebend arbeitsrechtliche Regelungen, Weisungen)
  2. fehlt es an einer solchen Regelung,
    • erste Tätigkeitsstätte dort, wo Arbeitnehmende typischerweise tätig wird oder
    • wo er überwiegend tätig wird.
  3. Kann dadurch keine Zuordnung vorgenommen werden, weil mehrere Tätigkeitsstätten in Frage kommen, entscheidet der Arbeitgeber.
  4. Trifft der Arbeitgeber keine Entscheidung, ist die Tätigkeitsstätte erste Tätigkeitsstätte, die der Wohnung des Arbeitnehmenden am nächsten liegt.

Mit der Neuregelung hat der Gesetzgeber eine Regelung getroffen, die sicherstellt, dass pro Arbeitsverhältnis nur eine erste Tätigkeitsstätte begründet werden kann. Dazu wird dem Arbeitgeber ein weitgehendes Bestimmungsrecht eingeräumt. Werden Arbeitsverträge neu verhandelt, sollten daher auch dazu Regelungen getroffen werden, die auch die Interessen des Arbeitnehmenden berücksichtigen.

Der Begriff der ersten Tätigkeitsstätte ist deshalb so bedeutsam, weil für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte lediglich die Entfernungspauschalen (0,30 EUR je Entfernungskm) steuerlich abgezogen werden können, während bei Fahrten zu anderen Zielen die Kosten dafür als Reisekosten (tatsächliche Kosten oder bei Kfz-Nutzung pauschal 0,30 EUR je gefahrenen km) abgesetzt werden können. Gerade bei Arbeitnehmern, die an verschiedenen Stellen tätig werden, kann die Zuordnung entscheidend die Höhe der Werbungskosten beeinflussen.

Zur Neuregelung zu Verpflegungsmehraufwendungen

Ebenfalls neu geregelt wurden die Verpflegungsmehraufwendungen. Ab 2014 können bei einer Abwesenheit von mehr als 8 Stunden 12 EUR, und bei einer 24-stündigen Abwesenheit 24 EUR pauschal als Verpflegungsmehraufwand geltend gemacht werden. Neu ist, dass bei einer auswärtigen Übernachtung für den An- und Abreisetag jeweils pauschal 12 EUR abgezogen werden können und zwar unabhängig von der Dauer der Abwesenheit am An- und Abreisetag.

 

* Über die Autorin:

Susanne Christ ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht. Sie führt eine eigene Steuer- und Wirtschaftskanzlei in Köln und ist die Sprecherin des Erbrechtsausschusses des Kölner Anwaltsvereins. Susanne Christ ist langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und Dozentin in den Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer. Sie schreibt auch regelmäßig Fachartikel und Kommentare bei STB Web. 

E-Mail: s.christ@netcologne.de

 

(STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 26.02.2014, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.