04.02.2014 | Gesundheit

Fast jede zweite neue Frührente psychisch bedingt

Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hat erstmalig die Bedeutung psychischer Erkrankungen für gesundheitsbedingte Frühverrentung, das heißt den Erhalt einer Erwerbsminderungsrente, untersucht.

Rund 75.000 Versicherte bezogen 2012 erstmals eine Rente wegen Erwerbsminderung aufgrund psychischer Erkrankungen, zeigt die BPtK-Studie 2013 zu psychischen Erkrankungen und Frührente. Das Durchschnittalter beträgt dabei 49 Jahre. Fast jede zweite neue Frührente ist psychisch verursacht (42 Prozent). Dabei haben seit 2001 vor allem Depressionen (+96 Prozent), Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen (+74 Prozent) sowie Suchterkrankungen (+49 Prozent) als Grund zugenommen. Psychische Erkrankungen sind seit mehr als zehn Jahren die Hauptursache für gesundheitsbedingte Frührenten – mit großem Abstand vor körperlichen Erkrankungen. Eine Erwerbsminderungsrente beträgt durchschnittlich rund 600 Euro.

Erst arbeitsunfähig dann erwerbsunfähig

Psychische Erkrankungen sind immer häufiger Ursache für Krankschreibungen. Der Anteil der AU-Tage hat sich von 2000 bis 2012 fast verdoppelt (+96 Prozent). Inzwischen gehen knapp 14 Prozent aller betrieblichen Fehltage auf psychische Erkrankungen zurück. Diese Zunahme ist vor allem auf die immer längere Dauer der Krankschreibungen zurückzuführen. 2012 fehlte ein psychisch erkrankter Arbeitnehmer durchschnittlich 34 Tage. Außerdem sind Langzeitarbeitslose überdurchschnittlich häufig psychisch krank. 37 Prozent der Hartz-IV-Empfänger sind betroffen. Zum Vergleich: Bei den Berufstätigen sind es nur 22 Prozent. Damit sind rund 1,6 Millionen Hartz-IV-Empfänger psychisch krank.

Verschiebebahnhof: Sozialversicherung

Psychisch Kranke geraten oftmals in ein Hin-und-Her-Geschiebe zwischen Kranken- und Rentenversicherung. Die Krankenkasse kann Betroffene auffordern, einen Reha-Antrag zu stellen. Wenn aber der Gutachter keine „Erfolgsprognose“ bescheinigt, wird der Reha-Antrag automatisch zu einem Rentenantrag; die Hälfte dieser Anträge wird bewilligt. Werden Krankenversicherte zu Frührentnern, entfällt ihr Anspruch auf Krankengeld. Krankenkassen sparen somit Kosten. „Psychisch bedingte Frührenten könnten häufiger vermieden werden. Es mangelt an Behandlungsplätzen für psychisch kranke Menschen, aber auch an ausreichenden und für sie maßgeschneiderten Rehabilitationsleistungen“, kritisiert BPtK-Präsident Prof. Dr. Rainer Richter.

Die komplette BPtK-Studie finden Sie hier.

(BPtK / STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 04.02.2014, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.