23.10.2013 | Beratertipp

Umsatzsteuer für Journalisten: Vorteile durch Pauschalierung von Vorsteuern

Von Susanne Christ, Rechtsanwältin/Fachanwältin für Steuerrecht, Köln *

Journalisten haben in der Regel das Recht, beim Vorsteuerabzug statt der tatsächlich gezahlten Vorsteuern eine Pauschale geltend zu machen. Da diese Pauschale in vielen Fällen sehr viel höher ist als die tatsächlichen Vorsteuern, sollte in der Steuerberatung unbedingt auf diese Möglichkeit hingewiesen werden, u.a. auch, um Haftungsrisiken zu vermeiden.

Die Möglichkeit der Vorsteuerpauschalierung ist vielen selbstständigen
Journalisten nicht bekannt. (Foto: © udra11 - Fotolia.com)

Geregelt ist das in § 23 UStG i.V.m. §§ 69 ff UStDV. Danach haben Journalisten grundsätzlich das Recht, pauschal 4,8 % des Nettoumsatzes als Vorsteuern geltend zu machen.

Beispiel: 2012 beträgt der Netto-Umsatz der Journalistin Heike Müller 30.000 EUR. Die ihr in 2012 tatsächlich für Ausgaben entstandenen Vorsteuern belaufen sich auf 520 EUR; statt der tatsächlichen Vorsteuern kann sie pauschal 1.440 EUR (4,8% von 30.000 EUR) geltend machen. Deshalb sollte sie sich- wie die nachfolgende Berechnung zeigt - für die Pauschalierung entscheiden.

Berechnung ohne Pauschalierung  
Nettoumsatz Umsatzsteuer 7%
30.000 EUR 2.100 EUR
abzüglich tatsächliche Vorsteuern 520 EUR
zu zahlen 1.580 EUR
   
Berechnung mit Pauschalierung  
Nettoumsatz Umsatzsteuer 7 %
30.000 EUR 2.100 EUR
abzüglich pauschale Vorsteuer  
4,8% vom Nettoumsatz  
 = 30.000 € x 4,8 % 1.440 EUR
zu zahlen 660 EUR
Ersparnis durch Pauschalierung: 920 EUR

Praxishinweis: Das Finanzamt muss die pauschalierte berechnete Vorsteuer auch dann akzeptieren, wenn sie sehr viel höher ist als die tatsächlichen Vorsteuern. Zwar wird in § 23 Abs. 2 UStG bestimmt, dass die Pauschale nicht erheblich über der tatsächlichen Steuer liegen darf, aber der BFH hat schon im Jahr 1990 entschieden, dass sich diese Regelung nur an den Verordnungsgeber wendet und es sich dabei nicht um ein Tatbestandsmerkmal handele, das in jedem Einzelfall vorliegen müsse. Die Finanzverwaltung ist dieser Auslegung gefolgt und nimmt in ihren Richtlinien Bezug auf diese Entscheidung, vgl. A 260 UStR 2008.

Die Voraussetzungen der Pauschalierung im Einzelnen

Die pauschale Berechnung der Vorsteuern ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft.

1. Journalistische Tätigkeit

Voraussetzung für die Pauschalierung ist, dass die Umsätze mit journalistischer Tätigkeit erzielt werden. Das sind Unternehmen, die in Wort und Bild aktuelle politische, kulturelle und wirtschaftliche Ereignisse darstellen. Wer neben der journalistischen Tätigkeit noch andere Tätigkeiten ausübt, kann die Vorsteuern aus der journalistischen Tätigkeit pauschalieren; für die andere Tätigkeit sind dann die für diese Tätigkeit geltenden Regelungen anzuwenden. Wer also einerseits als Unternehmensberater, andererseits als Journalist tätig ist, muss die Vorsteuern aus der Unternehmensberatung nach den tatsächlichen Ausgaben berechnen, die Vorsteuern aus der journalistischen Tätigkeit dürfen grundsätzlich pauschaliert werden.

Achtung! Von den Journalisten sind die Schriftsteller zu unterscheiden, die lediglich 2,6 % ihres Umsatzes pauschal als Vorsteuern geltend machen dürfen. Zu den Schriftstellern zählen Unternehmen, die geschriebene Werke mit überwiegend wissenschaftlichem, unterhaltendem oder künstlerischem Inhalt schaffen.

2. Umsatzgrenze von 61.356 EUR beachten

Journalisten, die mit ihrer Tätigkeit Nettoumsätze von mehr als 61.356 EUR erzielen, dürfen die Vorsteuern nicht pauschalieren. Entscheidend ist der Umsatz des Vorjahres. Beträgt beispielsweise für 2012 der Nettoumsatz 50.000 EUR, darf 2013 die Vorsteuer pauschal berechnet werden. Steigt der Nettoumsatz im Jahr 2013 auf 65.000 EUR an, darf im Folgejahr, also 2014, nicht mehr pauschaliert werden.

Hinweis: Werden verschiedene Tätigkeiten ausgeübt, sind für die Umsatzgrenze ausschließlich die Nettoumsätze der journalistischen Tätigkeit entscheidend.

3. Grenzen des Wahlrechtes

Die Pauschalierung der Vorsteuer ist beim Finanzamt zu beantragen und gilt für das gesamte Kalenderjahr. D.h. innerhalb eines Kalenderjahres ist die Vorsteuer einheitlich - entweder pauschal oder nach den tatsächlich entstandenen Aufwendungen – zu berechnen. Der Antrag auf Pauschalierung kann z.B. durch entsprechenden Eintrag in der Umsatzsteuervoranmeldung oder Umsatzsteuerjahreserklärung erfolgen. Möglich ist der Antrag auf Pauschalierung bis zur Unanfechtbarkeit der Umsatzsteuerfestsetzung. Somit kann die Pauschalierung auch noch für vergangene Kalenderjahre gewählt werden, solange die Umsatzsteuerfestsetzung noch nicht unanfechtbar geworden ist. Wer also feststellt, dass er schon längst hätte pauschalieren können, kann diese auch noch ggf. rückwirkend beantragen.

Bitte beachten Sie, dass die Finanzverwaltung mit Unanfechtbarkeit die formelle Unanfechtbarkeit meint, d.h., eine Änderung kann nur beantragt werden, solange die Rechtsbehelfsfrist, also die Einspruchsfrist, noch nicht abgelaufen ist. D.h., auch wenn der Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht, ist der Antrag auf Pauschalierung in der Regel nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist nicht mehr zulässig. Es ist zu befürchten, dass die Finanzgerichte dieser Auslegung der Finanzverwaltung folgen, entsprechend der Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Antragsfrist beim Recht zur Option zur Umsatzsteuer von Kleinunternehmern.

Achtung! Zwar kann der Antrag auf Pauschalierung widerrufen werden; nach einem Widerruf ist die Pauschalierung erst wieder nach Ablauf von fünf Kalenderjahren zulässig.

Vorteile der Pauschalierung

Die Pauschalierung ist für Journalisten mit geringen Ausgaben günstig, weil die Pauschale dann fast immer über den tatsächlich entstandenen Vorsteuern liegt. Geringe Ausgaben haben vor allem Journalisten mit geringem Reiseaufwand und solche, die ihre Tätigkeit vom häuslichen Arbeitszimmer aus ausüben, für das keine Vorsteuer zu zahlen sind. Vorteilhaft ist die Pauschalierung aber auch, weil Rechnungen nicht vorgelegt werden müssen, die die gezahlte Umsatzsteuer ordnungsgemäß belegen. Geht eine Rechnung verloren oder fehlen darin wichtige Angaben, etwa zum Leistungszeitpunkt, wird die pauschal berechnete Vorsteuer gleichwohl gewährt. Bei Ansatz der tatsächlichen Vorsteuern verlangt das Finanzamt stets die Vorlage ordnungsgemäßer Rechnungen.

 

* Über die Autorin:

Susanne Christ ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht. Sie führt eine eigene Steuer- und Wirtschaftskanzlei in Köln und ist die Sprecherin des Erbrechtsausschusses des Kölner Anwaltsvereins. Susanne Christ ist langjährige Fachautorin der Haufe Mediengruppe und Dozentin in den Bereichen Einkommen-, Umsatz- und Erbschaftssteuer. Sie schreibt auch regelmäßig Fachartikel und Kommentare bei STB Web. 

E-Mail: s.christ@netcologne.de

 

(STB Web)

Hinweis: Beachten Sie bitte das Datum dieses Artikels. Er stammt vom 23.10.2013, sodass die Inhalte ggf. nicht mehr dem aktuellsten (Rechts-) Stand entsprechen.