21.08.2013 | Weinkolumne

Weinkolumne: Der Freistaat Bayern als Winzer

Von Bernhard Ruder, München *

Manchmal kommt mir der Freistaat Bayern wie ein exzentrischer Milliardär mit ausgefallenen Hobbys vor. Unter anderem züchtet er Pferde (Haupt- und Landgestüt Schwaiganger), braut Bier (Hofbräuhaus München; Bayerische Staatsbrauerei Weihenstephan) und betreibt ein Weingut.

Hauptsitz des Hofkellers ist die mondäne Würzburger Residenz.
(Foto: © Firma V - Fotolia.com)

Ein Weingut? Tatsache! Das Weingut „Staatlicher Hofkeller Würzburg“ gehört seit der Revolution von 1918 – und damit dem Ende der Monarchie in Bayern – dem Freistaat. Vorbesitzer in der über 875-jährigen Geschichte waren die Kirche und die Bayerische Krone. Der imposanten Hauptsitz des Weinguts in der Residenz Würzburg, die seit 1981 Weltkulturerbe ist, ist das Rosenbachpalais. Dort befinden sich auch die Weinkeller. Neben modernster Kellertechnik im Südflügel blieben im Nordflügel die historischen Keller, wie der „Beamtenweinkeller“, der drei 1784 erbaute riesige „Beamtenweinfässer“ beherbergt, erhalten. Diese Fässer enthielten den „flüssigen Sold“ der Hofbediensteten, die ihren Salär zu einem Gutteil in Wein bezahlt bekamen.

Moderne Architektur in alten Kellern

Die sanfte Umgestaltung, Restaurierung und Ergänzung der alten Keller durch moderne Architektur im Jahre 2006 brachte den Architekten 2007 sogar einen Architekturpreis ein. Wenn Sie mal in Würzburg sind, sollten Sie unbedingt eine Kellerführung mitmachen. Übrigens eine witzige Idee zum Erhalt des historischen Stückfasskellers, in dem 100 Fässer Platz finden, haben sich die Staatsdiener auch ausgedacht: Vier Personen können die Patenschaft für ein individuell gefertigtes „Stück“ (1.200 Liter Fass) übernehmen. Was drin ist, wird den Paten zwar verraten, bleibt aber bis zum Verkauf Staatseigentum.

Die zum Gut gehörenden Weinberge erstrecken sich faktisch über das ganze fränkische Weinland. Auf insgesamt 120 Hektar (für Nichtlandwirte: Das sind 1,2 Millionen Quadratmeter!) werden 18 Rebsorten angebaut und zu einer Vielzahl von hochwertigen Rot- und Weißweinen ausgebaut. Hauptaugenmerk dabei ist das „Große Gewächs“, die höchste Klassifikationsstufe des VDP (Verbandes Deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter).

Ein besonderer Tipp für Riesling-Freunde

 

Anlässlich einer Weinprobe beim Händler meines Vertrauens konnte ich den 2011 Würzburger Innere Leiste, einen Riesling aus Trauben von 50 Jahre alten Rebstöcken verkosten. Den haben die Staatswinzer richtig gut gemacht. Bei einer Trinktemperatur von 12°C entwickelt sich das fruchtige Aroma nach Pfirsichen, Grapefruit und Aprikosen optimal. Die Säure ist ausgewogen, für Riesling-Freunde eine angenehme Gaumenfreude mit Lust auf mehr. Die 0,7-Liter-Flasche ist für 16 Euro erhältlich.

Bleibt die Frage: Ist Wein Staatsaufgabe? Ich meine in diesem Fall: Ja. Der Staatliche Hofkeller Würzburg erwirtschaftet Gewinne, er arbeitet ökologisch und er bringt durch Führungen den Menschen das Kulturgut Wein und dessen Geschichte, die dort auf das Jahr 1128 zurückreicht, näher.

Gutes, altes Kellerrecht

Ach ja, am offiziellen Eingang zum Weinkeller findet sich – seit dem späten 18. Jahrhundert – das Kellerrecht:

Es ist verboten…
das Zanken, Fluchen, Zoten reißen,
mit großen Worten um sich schmeißen,
das Kratzen, Schreiben an den Wänden,
das Klopfen an die Faß mit Händen,
Fürwitz und ander Ungebier,
geziemet sich durchaus nicht hier!

Ein bisschen umdichten und man kann das so auch heute in jedes Büro hängen.

* Über den Autor:

Nach 15 Jahren Geschäftsführung in einem Elektronik-Fachverlag, ist Bernhard Ruder heute für die J.RUDER Steuerberatungsgesellschaft mbH als Büroleiter und Webmaster tätig. Kochen und Wein zählen zu seinen Leidenschaften. Er twittert unter @JRuderStB

Mehr über die STB-Web-Weinkolumne lesen Sie hier: "Wein und Steuern – eine verheißungsvolle Verbindung"

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