28.06.2013 | Krankheitskosten

Aufwendungen für Heileurythmie als außergewöhnliche Belastung

Mit Urteil vom 17. April 2013 hat das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht entschieden, dass Aufwendungen für heileurythmische Behandlungen bei der Einkommensteuer als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können, wenn eine vor den Behandlungen ausgestellte ärztliche Verordnung vorlag.

Im Streitfall machte die Klägerin mit ihrer Einkommensteuererklärung Aufwendungen für heileurythmische Behandlungen als außergewöhnliche Belastungen geltend. Hierzu legte sie ärztliche Verordnungen eines Arztes für Allgemeinmedizin vor, auf denen jeweils "12 x Heileurythmie" verordnet wird und als Diagnose "Z. n. Discusprolaps" sowie chronisch rezidives LWS-Syndrom vermerkt ist. Die Klägerin reichte Rechnungen einer Heileurythmistin über jeweils 12 Behandlungen ein. Das Finanzamt berücksichtigte diese Aufwendungen jedoch nicht und wies den Einspruch zurück. Mit der Klage hat die Klägerin eine ärztliche Stellungnahme des behandelnden Arztes sowie Studien zur Wirksamkeit der anthroposophischen Medizin eingereicht.

Krankheitskosten erwachsen grundsätzlich zwangsläufig

In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten - ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung - dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen. Allerdings muss der Steuerpflichtige die Zwangsläufigkeit in einer Reihe von Fällen formalisiert nachweisen. Bei krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel ist dieser Nachweis durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers zu führen. Bei Aufwendungen für Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu beurteilen ist, ist ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung erforderlich.

Amtlicher Nachweis nur bei wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden

Ein solcher qualifizierter Nachweis ist beispielsweise bei Bade- und Heilkuren sowie bei wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden, wie z.B. Frisch- und Trockenzellenbehandlungen, Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie, erforderlich. Der strenge amtliche Nachweis wird allerdings nur bei wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden, nicht aber bei wissenschaftlich umstrittenen Behandlungsmethoden gefordert. Die Behandlungsmethoden bestimmter Therapierichtungen wie Homöopathie, Anthroposophie und Phytotherapie sind jedoch wissenschaftlich anerkannte Heilmethoden, die nach festgelegten Regeln in der Praxis individuell angewandt und kontinuierlich mit modernen wissenschaftlichen Methoden weiter entwickelt werden.

Heileurythmie ist Heilmittel der anthroposophischen Medizin

Daher waren die im Streitfall vor den Behandlungen ausgestellten ärztlichen Verordnungen zum Nachweis der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen nach Auffasssung des FG Schleswig Holstein ausreichend  (Az. 5 K 71/11). Bei der Heileurythmie handele es sich um ein Heilmittel im Sinne der §§ 2 und 32 SGB-V. Heilmittel seien ärztlich verordnete Dienstleistungen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern sollen und nur von entsprechend ausgebildeten, berufspraktisch erfahrenen Personen erbracht werden dürfen. Dies sei bei der Heileurythmie der Fall. Die Heileurythmie sei eine aktive Bewegungstherapie,
die in Einzelbehandlungen mit einem speziell dazu ausgebildeten Therapeuten ausgeführt werde. Als Heilmittel der anthroposophischen Medizin und damit eine der besonderen Therapierichtungen sei sie nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Vielmehr ermögliche es diese Vorschrift den Krankenkassen, derartige Leistungen zu übernehmen (verpflichte sie aber nicht dazu).

Kein Grund zum Zweifel an ärztlicher Stellungnahme

Da der formalisierte Nachweis von der Klägerin erbracht worden sei, bestehe aus Sicht des Senats kein Anlass, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Denn es bestehe kein Grund, an der Richtigkeit der ärztlichen Stellungnahme des behandelnden Arztes zu zweifeln.

Der Senat hat die Revision gegen das Urteil zugelassen. Das Revisionsverfahren ist bei dem BFH unter dem Aktenzeichen VI R 27/13 anhängig.

(FG Schleswig-Holstein / STB Web)



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